Robert Conns letzte Ballettgala: Was für ein Fest!
Vor zehn Jahren hat der damals neue Ballettdirektor Robert Conn die Ballettgala eingeführt. Unter dem Motto „Dance among friends“ zeigten Ensemblemitglieder und Tänzer von nah und fern Kostproben ihrer Programme. Mit seiner letzten Ballettgala, einem fulminanten Fest der Superlative, verabschiedete sich Robert Conn in der Schwabenhalle vom Augsburger Publikum.
Von Halrun Reinholz
Ballett–Rumgehopse für Freaks? Auch in Augsburg fristete die Ballett-Sparte lange Zeit ein Nischendasein. Mit Robert Conn als Ballettdirektor kam ein Bewusstseinswandel. Nicht sofort, aber nach und nach gelang es ihm, dem Publikum Lust auf getanzte Botschaften und Geschichten zu vermitteln. Sehr viel Lust: Ballettproduktionen wurden zum Geheimtipp und waren frühzeitig ausverkauft. Und dann hatte dieser Amerikaner auch noch die Idee, Freunde einzuladen und dem Publikum viele verschiedene Facetten dessen zu zeigen, was Ballett sein kann. Von hoch klassisch bis modern und unkonventionell – aber in jedem Fall auf hohem Niveau. Die Ballett-Gala wurde schnell zum Höhepunkt der Theatersaison. Nach dem Vorkaufstermin für Abonnenten, die auch schon früh aufstehen mussten, um zum Zug zu kommen, gab es praktisch keinen freien Verkauf mehr. Seit dem letzten Jahr war es Conn gelungen, die Ballettgala an zwei Tagen aufführen zu lassen. Das brachte Linderung. Durch die überraschend frühzeitige Schließung des Großen Hauses stand, wie so vieles, auch die Ballettgala auf der Kippe. Sie nun doch stattfinden zu lassen, war ein logistischer Kraftaufwand und eine Referenz an das treue Ballettpublikum.
Die Schwabenhalle hatte sich schon beim „Nußknacker“ als passable Heimat für das Ballett erwiesen. Zumal die Ballettgala ohne Orchestergraben auskommt. Nach bewährtem Konzept präsentierte sich auch diesmal das Augsburger Haus-Ensemble mit Ausschnitten aus aktuellen Produktionen sozusagen als „Rahmen“. Start war mit Liedern von Jacques Brel, ein Ausschnitt aus dem Ballettabend (R)evolutions. Beim nächsten Punkt musste schon improvisiert werden: Der aus Berlin vom Staatsballett angereiste Dan Tamazlacaru hatte nicht die Partnerin dabei, die vorgesehen war. Elisa Carillo Cabrera hat sich leider verletzt, für sie war Ksenia Ovsyanick eingesprungen. Statt einem Duett aus „Esmeralda“ gab es deshalb ein solches aus La Sylphide zu sehen, im zweiten Teil dafür zwei Soli der beiden Gäste aus Berlin.
Das bewährte Prinzip der Ballettgala gab den Gästen auch diesmal wieder Gelegenheit, sich jeweils zweimal zu präsentieren. In diesem Jahr war es Robert Conn gelungen, Gäste vom Kanadischen Staatsballett Toronto (Elena Lobsanova, Naoye Ebe), vom Ukrainischen Staatsballett Kiew (Kateryna Kukhar, Alexandr Stoianov), vom Spanischen Staatsballett Madrid (Kayoko Everhart, Alessandro Riga), vom Joffrey Ballet Chicago ( Victoria Jaiani, Temur Suluashvili) und zur Freude des Publikums auch gleich vier Tänzer von der Gauthier Dance Company Stuttgart für die Gala zu gewinnen. Der Überraschungseffekt: Neben den beiden Witzbolden mit lila Socken (Réginald Lefebvre, Alessio Marchini) war zusammen mit Barbara Melo Freire auch Theophilus Vesely, vor kurzem noch Publikumsliebling im Augsburger Ballett-Ensemble, zurück an seine frühere Wirkungsstätte gekommen.
Wie deutlich zu sehen war, kann er sein komisches Talent bei Gauthier voll zur Geltung bringen. Das Augsburger Ensemble ergänzte die Show auch mit Ausschnitten aus den aktuellen Produktionen Carmen und Nußknacker. Und die Moderation? Routiniert und mit Charme führte wie immer Solotänzer a.D. Erich Payer durch das Programm, assistiert von dem stellvertretenden Ballettdirektor Armin Frauenschuh.
Der enorme logistische Aufwand lässt sich nur mit einem Netzwerk an Helfern und Sponsoren realisieren. Das hat sich Robert Conn im Lauf der Zeit aufgebaut und nur dadurch war die diesmal sehr kurzfristige Durchführung der Ballettgala überhaupt möglich. Dem Publikum war nicht zu viel versprochen: Die Gäste zeigten auf hohem professionellen Niveau alle Facetten des Tanzens und das Augsburger Ensemble brauchte sich davor nicht zu verstecken.
Doch selbstverständlich sollte die zehnte und zugleich letzte Ballettgala des Ballettdirektors zu dessen Abschied noch einen Überraschungseffekt bringen. Der entstand bei einem finalen Medley mit Live-Musik. Musical-Sängerin Peti van der Velde sang mit Begleitung der Tim Allhoff Band und das Augsburger Ballettensemble tanzte dazu die Produktionen von sieben Choreografen. Nach der Gala kam die Show als Performance. Aber was für ein Fest! Was für ein Abschied!
Im Programmheft zur Ballettgala werden alle aufgelistet, die Robert Conn in den zehn Jahren begleitet haben: Tänzer, Choreografen, Wegbegleiter. Eine Geste die bewusst macht, wie viele Helfer im Hintergrund arbeiten. Nur dadurch konnte sich das Ballett aus seiner Nische so prächtig heraus entwickeln.
Der neue Ballettdirektor will die Tradition der Ballettgala fortführen. Nicht nur dafür, sondern generell: Die Latte für Conns Nachfolger liegt hoch.