DAZ - Unabhängige Internetzeitung für Politik und Kultur
Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Rendezvous der Künstler: Meisterwerke der Moderne im Schaezlerpalais

Augsburg hat viele Kunstschätze aus allen Epochen. Besonders die Glanzzeit der Renaissance und des Barock sind in den  Augsburger Kunstsammlungen gut vertreten. Was schmerzhaft fehlt: die klassische Moderne. Werke dieser Epoche mussten über Leihgaben und Sponsoren und ganz verlässlich über die Vermittlung von Sammlern und Mäzenen ins Haus gelangen. Nun hat sich wieder jemand gefunden, der Werke aus seiner Sammlung öffentlich ausstellt, der österreichische Sammler Helmut Klewan.

Von Halrun Reinholz

Helmut Klewan im Schaezlerpalais Foto: Lina Mann

Helmut Klewan im Schaezlerpalais (Foto: Lina Mann)


Es handelt sich um die Ausstellung des Jahres, die im Schaezlerpalais seit dem 9. Juli zugänglich ist. Ein „Rendezvous der Künstler“ ohne jede thematische Einengung. Helmut Klewan sammelte große Namen, aber die Auswahl für die Schau erfolgte nach sehr individuellen Kriterien. Giorgio de Chirico neben Francis Bacon, Jean Dubuffet oder Giacometti. Klewans Leihgaben sind zwar Kleinodien, er selbst betrachtet sie aber unter dem Gesichtspunkt des praktischen Lebens. Zum Entsetzen aller Konservatoren sind seine Bilder Teil seiner Wohnungseinrichtung; auch der Küche. – Zum ersten Mal präsentiert der Sammler überhaupt so viele Werke der Öffentlichkeit. Es sind auch viele unbekannte Namen dabei, vor allem aus Klewans österreichischer Heimat. Die Förderung der zeitgenössischen österreichischen Kunst (vor allem seit den 60er Jahren) war ihm ein ernstes Anliegen. Vertreten sind unter vielen anderen die Künstler Maria Lassnig  und Christian Ludwig Attersee, letzterer ein persönlicher Freund von Helmut Klewan.

Der Ausstellungsbesucher  stößt auf Themenschwerpunkte. Einer davon ist Alberto Giacometti, einer der persönlichen Favoriten des Sammlers, dem ein eigener Raum gewidmet ist. Daneben gehören Künstler wie Francis Bacon, Bernard Buffet, Fritz Wotruba und Joannis Avramidis zum künstlerischen Ambiente. Ein weiterer Schwerpunkt gilt der Art brut, die die Darstellung gesellschaftlicher Außenseiter im Visier hat. Der Name stammt von Frankreichs wichtigstem Nachkriegskünstler Jean Dubuffet. Klewan war auch dem Surrealismus sehr verbunden. Neben André Masson und Salvador Dalí ist hier vor allem Giorgio de Chirico präsent mit seinen bühnenartigen Raumgefügen und menschenleeren Platzansichten. An die Surrealisten schließt gedanklich die Aktionskunst des 20. Jahrhunderts an. In ihrer Wendung gegen bürgerliche Normen und die Moral der 1960er Jahre ist sie dem Surrealismus seelenverwandt. Besonders drastisch in ihrer Ausdrucksweise und der Überschreitung von Tabus sind die Künstler des Wiener Aktionismus, wie Günter Brus und Hermann Nitsch, die in der Ausstellung tatsächlich eine „Tabuzone“ für über 18-Jährige haben.

Eher in der traditionellen Schiene liegen die Exponate des 18. bis 20. Jahrhunderts, von einer Voltaire-Bronze über die Balzac-Büste von Auguste Rodin bis hin zu Werken von George Grosz oder Alfred Kubin. Einen Schwerpunkt der Ausstellung bilden auch Vertreter der österreichischen und deutschen Pop-Art. Mit Christian Ludwig Attersee ist Klewan schon seit 1970 befreundet, daneben befinden sich zwei der prominentesten österreichischen Gegenwartskünstler – Arnulf Rainer und Maria Lassnig – in der Sammlung. Da die Kunst der Moderne in Augsburg nicht von Haus aus in den Kunstsammlungen vertreten ist, wird auch diese Ausstellung  dem Publikum einen willkommenen Anlass bieten, klassische Moderne im Original zu sehen. Möglich ist das bis zum 9. November 2016 im Schaezlerpalais. Die Kuratorin Julia Quandt hat zudem zusammen mit dem Leiter der Kunstsammlungen Christof Trepesch einen Katalog zur Ausstellung herausgegeben. Und als Hommage an die Vorlieben des Sammlers ist im Schaezlerpalais für die Dauer der Ausstellung ein Tischkicker aufgestellt.