DAZ - Unabhängige Internetzeitung für Politik und Kultur
Dienstag, 30.05.2023 - Jahrgang 15 - www.daz-augsburg.de

Regisseur Verhoeven zeigt zwei seiner Filme

„Menschliches Versagen“ und „Die zweite Hinrichtung“ – zwei seiner aufrüttelnden Dokumentarfilme zeigt der Regisseur Michael Verhoeven am Mittwoch, 20. März persönlich im Augsburger „Kinodreieck“.

20.3., 10.00 Uhr, Mephisto: „Menschliches Versagen“

Screenshot ARTHAUS: Trailer zum Film "Menschliches Versagen"

Screenshot ARTHAUS: Trailer zum Film "Menschliches Versagen"


Jemals alles über die Schrecken und Verbrechen der Zeit des Nationalsozialismus ans Licht zu bringen, wird letztlich nicht möglich sein, doch es gibt immer noch Bereiche, die auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts dringend aufgedeckt werden müssen. Die so genannte „Arisierung“ zählt zu den kaum aufgearbeiteten Feldern, da zahlreiche der entsprechenden Akten erst seit ein paar Jahren überhaupt einsehbar sind – sofern sie noch existieren. Eine treibende Kraft hinter der späten Enttabuisierung war der Historiker Wolfgang Dreßen, der eine Wanderausstellung zu diesem Thema organisierte und in der Dokumentation „Menschliches Versagen“ von Michael Verhoeven darüber berichtet, wie es zur Öffnung der Aktenbestände kam. Die so genannte „Arisierung“ im faschistischen Deutschland zählt unbestritten zu den größten Raubzügen des 20. Jahrhunderts. Trotzdem wird das Thema bisher nahezu totgeschwiegen. Denn es waren nicht Gestapoleute, die in jüdische Häuser und Wohnungen einbrachen, um den gesamten Besitz zu beschlagnahmen, sondern deutsche Finanzbeamte und „ganz normale Leute.“ Größere Wertgegenstände gingen an die Behörden, der Rest wurde in „Versteigerungen aus nichtarischem Besitz“ an die Nachbarn verteilt. Andreas Heusler, Historiker am Stadtarchiv München, beurteilt diesen Vorgang als „eine der gnadenlostesten und unverschämtesten Raubaktionen, die an einem Teil der eigenen Bevölkerung vollzogen wurde.“ „Menschliches Versagen“ wird am Mittwoch, 20. März um 10.00 Uhr in Anwesenheit des Regisseurs im Mephisto-Kino gezeigt. Den Trailer zum Film gibt’s schon mal hier:

» Trailer „Menschliches Versagen“

20.3., 19.30 Uhr, Thalia: „Die zweite Hinrichtung – Amerika und die Todesstrafe“

Romell Broom wurde in den USA zum Tode verurteilt. Seit seine Hinrichtung scheiterte, ist die Urteilsvollstreckung aufgeschoben.

Romell Broom wurde in den USA zum Tode verurteilt. Seit seine Hinrichtung scheiterte, ist die Urteilsvollstreckung aufgeschoben.


Doch Verhoeven bleibt bis zum Abend: Denn ebenfalls am 20. März um 19.30 wird auch noch sein Film „Die zweite Hinrichtung – Amerika und die Todesstrafe“ gezeigt – und zwar im Thalia: Am 16. September 2009 sollte der zum Tode verurteilte Romell Broom hingerichtet werden. Doch die Hinrichtung des 53-Jährigen mit der Giftspritze musste nach qualvollen zwei Stunden und 18 schmerzhaften Tötungsversuchen abgebrochen werden. Nach der gescheiterten Hinrichtung setzt ein juristisches Tauziehen ein, das um die Frage kreiste, ob jemand zweimal hingerichtet werden darf.

Zu diesem Zeitpunkt beginnt Michael Verhoeven sich in dem beispiellosen Fall zu engagieren und die Vorgänge filmisch zu dokumentieren. Bald wird jedoch offensichtlich, dass Romell Broom bereits in seinem ersten Prozess keine Chance auf Gerechtigkeit erhalten hatte. Alle Zeugenaussagen und Indizien, die ihn entlastet hätten, wurden unterdrückt – möglicherweise, weil das Opfer die Tochter einer FBI-Agentin war und der Fall schnellstmöglich aufgeklärt werden sollte. Vor dem Hintergrund dieser Fakten hätte Broom gar nicht zum Tode verurteilt werden dürfen. Auch die Mutter eines anderen ermordeten Mädchens hatte damals die Täterschaft von Broom in Frage gestellt – und wurde daraufhin als „kooperationsunwillig“ vom Verfahren ausgeschlossen.

In Verhoevens Film kommen die Menschen zu Wort, die am ersten und zweiten Verfahren gegen Romell Broom beteiligt waren. Akribisch rekonstruiert die BR-Koproduktion Brooms mutmaßliche Tat, die Ermittlungen und den Prozess. Verhoeven geht der Frage nach, wie dieser einzigartige Fall die Angehörigen des Opfers, den angeblichen Täter und seine Angehörigen, aber auch die Ermittler, die Verteidiger und den Ankläger verändert hat – und nicht zuletzt, was dies alles über die soziale Wirklichkeit in den USA aussagt. Der Film ist ein eindringliches Plädoyer gegen die Todesstrafe.