Parteien und Corona
Reaktion auf Kritik: CSU München sagt ihre Parteiversammlung ab – In Augsburg soll getagt werden
Die CSU München hat ihren für Donnerstagabend terminierten Präsenzparteitag am späten Donnerstagnachmittag drei Stunden vor Beginn abgesagt. Die Begründung: Das Treffen der zirka 80 Delegierten wäre zwar rechtens gewesen, aber zu dieser Pandemie bestimmten Zeit dürfe kein missverständlicher Eindruck entstehen.
Von Siegfried Zagler
In der Landeshauptstadt sollte ein neuer Bezirkschef gewählt werden. Die Veranstaltung wurde erst nach anschwellender Kritik seitens der Süddeutschen Zeitung und anderer Medien verschoben. In Augsburg stehen (wie in ganz Bayern) ebenfalls CSU-Vorstandswahlen und die Wahlen der Delegierten zur Aufstellung des Bundestagskandidaten für die Direktwahl an.
Nominiert werden soll erneut Dr. Volker Ullrich, der wohl keinen Gegenkandidaten zu fürchten hat.
Die Augsburger SPD hat ihre Delegierten im Sommer gewählt und ihre Bundestagsdirektkandidatin Ulrike Bahr kürzlich in einer Präsenzveranstaltung nominiert. 60 Delegierte waren anwesend. In einer Zeit, in der sich in Bayern nicht viel mehr als zwei Personen treffen dürfen, Kulturveranstaltungen verboten sind, die Gastronomie und der Einzelhandel geschlossen sind. Es regte sich deshalb vielfach Unmut, sodass einige Delegierte nicht erschienen.
Die Augsburger Grünen nominierten Claudia Roth – ebenfalls in einer Präsenzveranstaltung bereits Mitte Oktober, als sich die zweite Welle gerade ankündigte, aber in Deutschland noch immer vieles erlaubt und geöffnet war.
Doch alles topt aktuell die Augsburger CSU, die ihre zirka 1600 Mitglieder gebündelt zu Ortsversammlungen an verschiedenen Orten einlädt, um ihre Vorstände und eben die Delegierten für die Nominierung des Bundestagskandidaten zu wählen. Die Bundestagswahl ist eine schwer verschiebbare Wahl, die am 26. September dieses Jahres stattfindet.
Alle Augsburger CSU-Veranstaltungen sind im Präsenzmodus geplant und am vergangenen Samstag sollte die erste Mehrfachversammlung im Haus St. Ulrich geräuschlos über die Bühne gehen. Fünf Ortsverbände sollten in zwei Sälen hintereinander tagen. Ein Saal war für 50 Personen gemäß Hygienevorschriften zugelassen, der andere für 25 Personen. CSU-Chef Volker Ullrich rechnete pro Veranstaltung mit 15-40 Personen, doch beim größten Ortsverband “Innenstadt” kamen über sechzig Personen. Nach heftigen Streiteren sagte Volker Ullrich vor Ort die Veranstaltung ab.
Bereits Freitagnachmittag war diese Veranstaltung seitens der Kirche vorübergehend abgesagt, weil das Kirchen-Management auf ein Telefonat aus der Bauverwaltung reagierte. Die Veranstaltung könne nicht stattfinden, da sie aufgrund der zu erwartenden Teilnehmerzahl nicht zulassungsfähig sei.
CSU-Chef Volker Ullrich und die Stadt, genauer: CSU-Ordnungsreferent Frank Pintsch, korrigierten diese Information und die Kirche nahm von ihrer Absage Abstand. “Die Zulässigkeit, die sich ausschließlich nach Infektionsschutzrecht beziehungsweise nach Ordnungsrecht richtet, wurde durch das zuständige Ordnungsreferat gegenüber Haus St. Ulrich bestätigt”, so Ordnungsreferent Pintsch auf Anfrage. Die CSU habe ordnungsgemäß im Vorfeld bei der Stadt Augsburg eine Ausnahmegenehmigung nach 11. BaylfSMV beantragt, die – wie bei allen Parteien mit Bezug auf demokratisch notwendige Wahlen und Kandidatenaufstellungen für die Bundestagswahl – erteilt worden sei, heißt es dazu seitens der Stadt.
Am morgigen Samstag sollen nun in der Haunstetter Disco “Cube” weitere CSU-Präsenzveranstaltungen der Ortsverbände stattfinden. Es gebe reichlich Platz und die Lüftung sei hervorragend, weshalb alles gefahrlos und gemäß Ausnahmegenehmigung nach 11. BaylfSMV durchgeführt werde, so der Fraktionsvorsitzende der Augsburger CSU, Leo Dietz gegenüber der DAZ. Dietz kennt sich bezüglich des Versammlungsorts aus wie kein Zweiter, denn er ist Betreiber des Etablissements.
Es ist aber auch denkbar, dass die Veranstaltungen im Lauf des heutigen Freitag abgesagt werden. Die Inzidenzwerte in Augsburg sind wieder ansteigend und die Gesamtsituation ist nach einem erneuten Corona-Ausbruch in der Augsburger Uniklinik und der Feststellungen von Mutationen der britischen und südafrikanischen Variante mehr als angespannt.