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Mittwoch, 15.01.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Ratsbegehren ohne Rat

Das von der Regierung geplante Ratsbegehren kann als gescheitert bezeichnet werden. Eine Woche vor der dafür notwendigen Bewilligung auf der kommenden Stadtratssitzung am Donnerstag, 26. Januar steht beinahe sicher fest, dass es dafür keine Mehrheit geben wird.

Der Augsburger Hochablass vom westlichen Lechufer aus gesehen: In die beiden linken Abstürze soll das Kraftwerk eingebaut werden.



Die Opposition (SPD, Grüne, Linke), die Freien Wähler sowie drei Mitglieder der Pro Augsburg Fraktion und Karl Heinz Englet werden der Absicht der Stadtregierung nicht folgen, mittels eines Ratsbegehrens einen Bürgerentscheid darüber herbeizuführen, ob am Hochablass ein Kraftwerk gebaut werden soll oder nicht. Auf ihrer Fraktionssitzung am Dienstagabend beschloss die SPD einstimmig, das geplante Ratsbegehren zum Wasserkraftwerk am Hochablass nicht zu unterstützen. „Vorausgegangen war ein intensiver Erörterungstermin mit den Stadtwerken Augsburg, bei dem viele offene Fragen beantwortet wurden und immer wieder geäußerte Zweifel an der Wirtschaftlichkeit und der ökologischen Verträglichkeit des Kraftwerkes größtenteils ausgeräumt werden konnten“, so die Augsburger SPD gestern per Pressemitteilung. Die SPD-Fraktion habe den Stadtwerken in dieser Unterredung mit auf den Weg gegeben, ihr nun überarbeitetes Konzept für das Unterströmungskraftwerk breit mit allen Interessierten zu diskutieren und dabei auch den Fragen und Ängsten der Bürgerinitiative und der Naturschutzverbände Rechnung zu tragen, so wird Fraktionschef Stefan Kiefer zitiert. Dies sei der SPD mit dem Hinweis, dass erste Gesprächstermine im Rahmen eines „Runden Tisches“ schon vereinbart worden seien, zugesichert worden.

„Ein Ratsbegehren ist weder notwendig noch zielführend“

Damit ist das nun für den 15. Februar anvisierte Hearing der Bürgerinitiative „Rettet den Hochablass“ gemeint. Stadtwerke-Geschäftsführer Dr. Claus Gebhardt habe bei der Initiative sein Kommen angekündigt. Die SPD zeigt sich in diesem Zusammenhang davon überzeugt, dass die Bereitschaft der Stadtwerke, Veränderungen an ihren Planungen vorzunehmen, um diese zusammen mit den sachverständigen Bürgerinnen und Bürgern weiter zu optimieren, hoch einzuschätzen sei. „Ein Ratsbegehren ist somit weder notwendig noch zielführend und wird von der SPD nicht unterstützt werden.“

„Stadtregierung hat Widerstände durch miserable Öffentlichkeitsarbeit provoziert“

Die Augsburger Grünen werden sich ebenfalls geschlossen gegen das Ratsbegehren aussprechen. Gestern zeigte sich nach Anfrage die Grüne Stadtratsfraktion darüber einig, dass ein Ratsbegehren nicht zu goutieren sei. „Nachdem die Stadtregierung durch eine miserable Öffentlichkeitsarbeit viele Widerstände erst provoziert hat und intern zerstritten ist, will sie die Entscheidung an die Augsburgerinnen und Augsburger weitergeben. Wir plädieren für eine ergebnisoffene und konstruktive Auseinandersetzung und Abwägung aller Fakten und unter Einbeziehung aller Interessengruppen. Danach kann eine vernünftige Entscheidung erfolgen und bei den Bürgerinnen und Bürgern dafür geworben werden.“

Pro Augsburg gibt Abstimmung frei

Beate Schabert-Zeidler, Fraktionschefin von Pro Augsburg, hat die Abstimmung bezüglich des Ratsbegehrens freigegeben, nachdem sich drei Fraktionsmitglieder auf der Sitzung am Dienstagabend nicht davon überzeugen ließen, auf Regierungskurs einzuschwenken. Der fraktionslose Stadtrat Karl Heinz Englet ist ebenfalls zu einem unwiderruflichen „No-Go“ entschlossen. „Dafür bin ich auf keinen Fall zu haben“, so Englet zur DAZ.

„Mit direkter Demokratie hat das Ratsbegehren nur in homöopathischer Dosierung zu tun. Wenn die gewählten Repräsentanten zu diesem kostspieligen Mittel greifen, dann nur deshalb, weil sie selbst zu einer Mehrheitsentscheidung nicht mehr fähig sind. Um Aufklärung und Bürgerbeteiligung geht es ihnen nicht. Das Gegenteil ist zu befürchten. Die Bürger werden mit teuren Schaukämpfen konfrontiert und emotionalisiert. Aufklärung geht anders. Direkte Demokratie ist anders. Anders als dieses Stadttheater“, so Wolfgang Walter für die Linken auf deren Homepage. Erhitzt gab bereits am vergangenen Sonntag Rainer Schönberg für die Freien Wähler ein Statement ab. „Das geplante Ratsbegehren ist ein Beweis für die Unfähigkeit der Stadtregierung, dem Bürger die Schlussfolgerung einer politischen Entscheidung verständlich zu machen“, so Schönberg.

Mit der Stimme des Oberbürgermeisters sind 61 Ratsmitglieder stimmberechtigt. Karin Egetemeier (SPD) ist krank. Rose-Marie Kranzfelder-Poth (FW) dürfte wohl bis zum Donnerstag noch nicht von ihrem Südafrika-Trip zurückgekehrt sein. Trotz dieser Ausfälle im Lager der Gegner kündigt sich derzeit (32 Gegenstimmen) ein Scheitern des Ratsbegehrens an.