Radlnacht: Provinzmerkmal erster Güte
Die Radlnacht ist eine Verschwendung von Ressourcen und ein Provinzmerkmal erster Güte
Kommentar von Siegfried Zagler
Die Augsburger Radlnacht ist umstritten: Diverse Geschäfte in der Innenstadt rechnen mit hohen Umsatzeinbußen, manche schließen einfach, der motorisierte Straßenverkehr wird über viele Stunden lahmgelegt, Straßenbahnen und Busse müssen umgeleitet werden, die Maximilianstraße soll von den Mittagsstunden an bis nachts um zwei Uhr gesperrt werden. Parken an der Strecke wird kaum möglich sein. 120 Streckenposten sind nötig, um das großräumige Rad-Tam-Tam abzuwickeln. Viel Holz für ein kurzes Feuer.
Zwischendrin gab es sogar von der Heimatzeitung, die Massenveranstaltungen gern positiv bewertet, einen kritischen Zwischenruf. Von den Rad-Aktivisten wird die Nachtradelei als politisches Statement verstanden, das das Selbstbewusstsein und die Sensibilität der leidgeprüften Fahrradfahrer in Augsburg schärfen soll.
Früher gab es Wandertage, heute gibt es Radlnächte. Das Volk will auch in der fußballfreien Zeit bespaßt werden. Natürlich werden an der Strecke Musiker für Stimmung sorgen etc. Natürlich wird sich auch wieder die Politprominenz einreihen und klingeln, wenn der Startschuss fällt oder es durch einen Tunnel geht. Mit “Großstadtfeeling” hat das nichts zu tun. “Radlnacht” ist ein Provinzmerkmal erster Güte, das gilt natürlich auch für München. Bike-first-Aktionismus für zwei Stunden hat selbstverständlich nichts mit einer modernen Verkehrspolitik zu tun. In Augsburg sagt man übrigens nicht “Sterndl”, “Brezl” oder “Radl”, doch dies nur nebenbei.
Zirka 100.000 Euro kostet die Tretesel-Sause. Somit sind ab gestern 400.000 Euro den Lech hinunter geradelt. Mit dieser Summe, könnte man bereits deutliche Verbesserungen im Augsburger Radwege-System finanzieren.
Zum Schluss noch ein gutgemeinter Ratschlag: Pullover und Regenjacken könnten nützlich sein. Der Wetterdienst sagt Temperaturen zwischen 11 und 14 Grad voraus. Die Regenwahrscheinlichkeit liegt bei 24 Prozent.