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Donnerstag, 21.03.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Politikum Filmtage

Kommentar von Siegfried Zagler

Seine Verdienste für die Stadt Augsburg sind unbestritten. Die Rede ist von Franz Fischer, der die Stadt Augsburg in Sachen Kinokultur fortgeführt hat, nachhaltig fortgeführt hat. Auch wenn die kulturelle, also die cineastische Relevanz der Augsburger Filmtage in den letzten Jahren abgenommen hat, ist festzuhalten, dass Franz Fischer mit seinem Kaffeehaus und dem Kinokomplex „Thalia“ am Obstmarkt nach wie vor als Kulturschaffender schwergewichtige Akzente setzt.

Unabhängig davon hat Franz Fischer zusammen mit dem ersten Vorstand des Vereins „Filmbüro Augsburg“ Harald Munding in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Kulturreferenten Peter Grab dafür gesorgt, dass die zweimal verschobenen 2012er Filmtage zu einem Politikum erster Güte geworden sind. Die letzten Filmtage fanden vor zwei Jahren im März 2011 statt. Die Filmtage 2012 fielen ins Wasser. Wie die Augsburger Allgemeine berichtete, habe das damit zu tun, dass der größte Teil der städtischen Zuschüsse für die Begleichung einer Steuerforderung des Augsburger Finanzamtes verwendet wurde. Dabei handelt es sich um 64.000 Euro, wie auf der Homepage der Filmtage-Macher nachzulesen ist: „Für die Filmtage 2007 – 2011 entstanden insgesamt nachträglich zusätzliche Kosten in Höhe von Euro 64.000.“

Wenn man vom Stadtrat bewilligte zweckgebundene Fördermittel quasi am Stadtrat und am Bürger vorbei in Abstimmung mit „dem zuständigen Referat“ zweckfremd verwendet, um „nachträglich zusätzlich entstandene Kosten“ zurück liegender Filmtage zu begleichen, dann führt das normalerweise zu schweren Verstimmungen zwischen der Stadt und „ihrem Dienstleister“. Dass das offensichtlich nicht der Fall ist, sollte der Stadtrat nicht einfach hinnehmen, sondern der Anlass zu einigen Anfragen und Untersuchungen sein. Eine Frage ergibt sich bereits aus der Lektüre der Filmtage-Homepage: Darf ein Finanzamt „nachträglich“ Umsatzsteuer berechnen und „nachträglich“ die Höhe des Vorsteuerabzugs reduzieren? Einfach so, quasi aus heiterem Himmel – oder liegen sowohl bei der Stadt als auch bei den Veranstaltern schlicht Zahlungsversäumnisse fußend auf Kenntnisdefiziten vor?

Mit der komplexen deutschen Steuergesetzgebung kann man schnell im Clinch liegen. Das kann passieren. Skandalös ist es aber, wenn es mit öffentlichen Geldern passiert und die Stadt den Steuerzahler nicht zeitnah darüber informiert, wie es um die von ihm erwartete Dienstleistung bestellt ist. Still und unauffällig sind die Filmtage 2012 (offensichtlich mit Einverständnis der Stadt) vom Veranstalter zweimal verschoben worden, bis das Filmbüro und die Stadt aufgrund der Recherche der Augsburger Allgemeinen die Karten auf den Tisch legten – nach einem Jahr. Hier gilt das Gleiche wie bei SJR-Desaster: Das ist das Gegenteil von Bürgernähe, nämlich Bürgerveräppelung. Die Filmtage 2012 sind ausgefallen, obwohl sie die Stadt mit 70.000 Euro bezuschusst hat. An diesem Skandal sollen nun weder die Stadt noch das Filmbüro Schuld haben, sondern das böse Finanzamt. „Morgen Augsburg“, möchte man mit Thomas Bernhard sagen und von der „Lechkloake“ sprechen, doch diese Form des literarischen Redens würde das „System Bananenrepublik“ mitten in der Stadt auf ungeheuerliche Weise verharmlosen.