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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Plädoyer für Vielfalt

Premiere von „Mein Deudshland“ auf den Augsburger Filmtagen

Von Dominik Sandler

Am Samstagabend hatte der Augsburger Spielfilm „Mein Deudshland“ im Mephisto Premiere. Anwesend war fast die ganze Filmcrew.

Regisseur Martin Pfeil (hier mit Filmfest-Mitarbeiter Wolfgang Schick) sieht das anders als Horst Seehofer: „Multikulti ist kein Teil von Deutschland, Deutschland ist multikulti.“

Regisseur Martin Pfeil (hier mit Filmfest-Mitarbeiter Wolfgang Schick) sieht das anders als Horst Seehofer: „Multikulti ist kein Teil von Deutschland, Deutschland ist multikulti.“


Im Vorfeld des Filmfestes hatten die Organisatoren dem Produzenten und Regisseur Martin Pfeil gedroht, ihm die Ohren langzuziehen, sollte die Uraufführung von „Mein Deudshland“ nicht ausverkauft sein. Falls der sich darüber Sorgen gemacht hat, sie waren unbegründet. Das Mephisto war voll, Hauptdarsteller Njamy Sitson gab mit zwei weiteren Musikern vor Vorstellungsbeginn schöne, bisweilen nachdenkliche afrikanische Musik zum Besten und sorgte so für gute Stimmung. Doch nun: Film ab!

Fesal, ein junger, lebensfroher Kameruner kommt nach Deutschland und beginnt sofort mit Elan, an seiner Zukunft zu arbeiten. Er lernt schnell Deutsch und trifft Jack, eine Tochter türkischer Einwanderer, die ihm eine Arbeitsstelle vermittelt. Doch bald kommen auch die Probleme. Fesal sieht sich konfrontiert mit Ausländerfeindlichkeit, unfreundlichen Beamten und unverständlichen Gesetzen. Sein Asylantrag scheitert, er steht vor der Abschiebung und wird des Diebstahls beschuldigt.

Der Film ist nah dran an der Realität, das bestätigt auch ein ehemaliger Asylbewerber. Erfundene Elemente kommen nicht vor. Vielmehr hat Martin Pfeil im Drehbuch authentische Erlebnisse vieler Migranten zu einem Stoff verwoben, Erlebnisse, von denen er durch den persönlichen Kontakt erfahren hat, den er zu Asylanten und Flüchtlingsorganisationen pflegt.

Mit Themen überfrachtet

Doch wegen dieser Fülle an Themen, die er verarbeiten will, gerät der Film zu einer Art Rundumschlag gegen das Schlechte in der Welt. Denn es wird zu vieles angeknabbert. Nicht genug, dass Fesal mit deutschem Ordnungssinn, Behördendeutsch, Rassismus und seiner Vergangenheit zu kämpfen hat. Nicht genug, dass die Frau, die er kennenlernt, aus der Türkei stammt und gegen Zwangsheirat und Kopftuchpflicht ins Feld ziehen muss. Nebenbei informiert der Film über die weitreichenden Folgen der EU-Agrarsubventionspolitik, lässt einen Asylberater mit seinen Anliegen zu Wort kommen und zeigt Zeitungsartikel zum Thema Ausländerfeindlichkeit.

All diese Punkte sind für die Thematik wichtig und es wird klar, dass sich Martin Pfeil mit der Materie befasst hat. Doch was der Film dadurch an Breite gewinnt, das verliert er an Tiefe. So viele harte Fakten wären in einer Dokumentation besser aufgehoben. Der Spielfilm aber, mit seiner durchaus erzählenswerten Geschichte, mit seinen schön arrangierten Szenen und dem starken Hauptdarsteller Njamy Sitson, der mit viel Ausstrahlung eine große Leichtigkeit und Lebenslust verkörpert, gerät so in die Nähe einer Pseudo-Doku, zu einem Spielfilm, der Dokumentation sein will.

Dies nimmt das Publikum jedoch nicht übel, sondern leidet mit Fesal und freut sich, dass der Regisseur Augsburg zum Schauplatz seiner Geschichte gemacht hat. Und wenn nur eine Handvoll davon jetzt beginnen, sich mit der Realität von Asylanten auseinanderzusetzen, ist ja schon viel gewonnen.

Zum Filmfestival: www.filmtage-augsburg.de