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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Panther im Aufwind

Es hat schon lange nicht mehr so viel Spaß gemacht, den Panthern zuzuschauen. Woran das liegt? Jedenfalls nicht an den Torhütern.

Von Peter Hummel



Als die Augsburger Panther am Freitag Abend vor rund 4150 Zuschauern im Curt-Frenzel-Stadion einen 5:4-Sieg feierten, kamen am Ende nur noch zwölf Spieler zurück aufs Eis, um sich von den Fans feiern zu lassen. Gehen wir mal davon aus, dass sich die anderen zu diesem Zeitpunkt bereits auf das Auswärtsspiel am Sonntag in Mannheim vorbereitet haben. Drei Recken fehlten ohnehin, weil sie sich während der Begegnung gegen die Iserlohn Roosters verletzt hatten. Besonders bitter ist dabei der Ausfall von Arvids Rekis, dem Letten, der mit seiner Familie in Diedorf wohnt und darauf hofft, mit 37 Jahren auch noch im nächsten Jahr einen Vertrag bei den Panthern zu bekommen. Zumindest spielt der Verteidiger, den viele Fans vor Beginn der Saison eher als Ergänzungsspieler sahen, eine grandiose Serie und alles andere, als ihn nicht in Pension zu schicken, wäre geradezu töricht. Bleibt also zu hoffen, dass ihn die Gehirnerschütterung, die er sich nach einem rüden Foul eines Iserlohnes beim Aufprall gegen die Bande zugezogen hat, nicht über Wochen hinweg aus dem Tritt bringt oder gar ausfallen lässt. Rekis spielt, wie gesagt, Zungenschnalz-Hockey.

Überhaupt reiben sich die Fans in dieser Spielzeit regelmäßig die Augen, wenn die Jungs um Trainer Maik Stewart auf dem Eis zu zaubern beginnen. Fünf Siege in Folge haben die Augsburger aktuell auf Rang fünf der Tabelle emporgehoben, eine Region, die in den letzten Jahren unerreichbar schien. Und schon fangen manche an, von jenen Zeiten zu schwärmen, als die Russen Vostrikov und Maslennikov übers Eis wirbelten und das komplette Budgetgefüge der Liga, das sich in aller Regel in der Tabelle widerspiegelt, auf den Kopf stellten. Dass die Augsburger, wie derzeit das beste Powerplay in ganz Deutschland spielen und in Überzahl eine sensationelle Erfolgsquote von 25 Prozent erreichen, stellt sogar die kundigsten Statistiker vor größte Herausforderungen. „Gab es das schon mal bei uns?”, fragen sie sich in der Drittelpause. „Nicht dass ich wüsste”, heißt es dann – und diese Herren pilgern seit über 30 Jahren an den Schießgraben.

Dass es am Freitag gegen Iserlohn überhaupt am Ende noch so knapp wurde, lag an Torhüter Ben Meisner, der wahrlich nicht den besten Tag seiner Karriere erwischte. Allein drei Tore – ein haltbarer Fernschuss gleich zu Beginn und zwei Pucks, die er selber über die Torraumlinie ins Netz beförderte – gingen auf seine Kappe. Dabei hatte der 26-Jährige in den letzten Spielen durchaus respektable Leistungen gezeigt.

Aber was den Panthern, wenn man denn etwas kritisieren möchte, seit nunmehr vier oder fünf Spielzeiten fehlt, ist ein Torhüter, der auch mal ein paar unhaltbare Schüsse hält. Einer, der so stark ist, dass er nach der Saison von anderen Clubs umworben wird, wozu in den vergangen Spielzeiten nie ein Anlass bestand. Wobei dies eher ein Luxusproblem ist, denn sowohl im Sturm als auch in der Verteidigung brillieren die Augsburger im Moment derart, dass man sich als Fan eigentlich keine großen Sorgen machen muss. Selbst jene Sorge nicht, dass, wie eigentlich üblich, um Weihnachten herum der große Einbruch kommt und das Team dann auf die zweistelligen Tabellenplätze durchgereicht wird, auf denen Ende Februar der Sommer beginnt. Nein, der Anhang ist sogar so entspannt, dass er Zeit hat, alberne Nebenkriegsschauplätze aufzumachen. Etwa den, dass die Fangruppierung „Augsburg 98″ beschlossen hat, bei den Gesängen im Stadion fortan die Lippen zusammenzupressen. Angeblich deshalb, weil neuerdings das Maskottchen „Datschi” winkend durch die Arena schlurft und die vielen bunten Lichter am Hallendach ein Ausdruck zunehmender Kommerzialisierung seien. Billige Ausreden. Tatsächlich nämlich wurden einige 98er mit einem Stadionverbot belegt, weil sie sich bei einem Freundschaftsspiel in Kaufbeuren mit anderen Fans zu einer Schlägerei verabredet hatten. Unabhängig davon, dass es einigermaßen kindisch ist, sich via Whats-App zum Prügeln zu treffen, gab es bei dieser Gelegenheit nicht wenige Körperverletzungen und in Folge dessen Hausdurchsuchungen. Wer nun denkt, dass die Betroffenen Pubertierende seien, weit gefehlt, das sind gestandene Mannsbilder, die leider mit dem wahren Eishockeysport so viel gemein haben wie RB Leipzig im Fußball mit der Idee eines Traditionsclubs.

Der Stimmung an sich tun diese Vorfälle im Curt-Frenzel-Stadion keinen Abbruch, ganz im Gegenteil, inzwischen werden auch mal aus anderen Ecken der Fankurve lautstarke Hymnen angestimmt. Zu erleben gibt es dies beim nächsten Heimspiel am kommenden Freitag um 19.30 Uhr gegen die Eisbären Berlin, von denen ein Offizieller neulich im Fernsehen sagte, dass er derzeit geradezu suizidal sei, gegen die Augsburger Panther in Unterzahl zu geraten. Wohl wahr. Davor steht das Auswärtsspiel am Sonntag um 16.30 Uhr in Mannheim an, das von Telekom Eishockey live übertragen wird. Deren Moderatoren reißen sich übrigens gerade um die Augsburg-Spiele, weil nirgendwo sonst ein derartiges Spektakel aufs Eis gezaubert wird.