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Sonntag, 24.03.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Nicht nur Brecht im Brechthaus

Einen vergnüglichen Liederabend boten Karin Kurzendörfer und ihr hervorragender Pianist Stephan Kaller, auch als „Kapelle Kurzendörfer“ bekannt, in der heimeligen Wohnzimmeratmosphäre des Brechthauses, das dabei durchaus an die Grenzen seiner Kapazitäten gelangte. 

Von Halrun Reinholz

Kapelle Kurzendoerfer © Franz Hottenroth

„Nicht nur Brecht“ war versprochen. Karin Kurzendörfer hatte sich die Mühe gemacht, nach Zeitgenossen Brechts zu recherchieren, die ähnliche Schicksale erleiden mussten wie der Augsburger Dichter. Das Regime des Nationalsozialismus wirkte sich verheerend auf den Kulturbetrieb aus und die betroffenen Dichter, Musiker oder einfach nur Freigeister entwickelten Strategien, damit umzugehen. Viele waren dann nach dem Krieg erst einmal vergessen. Manche kehrten, wie Brecht, zurück nach Deutschland, andere nie wieder. Die Sängerin Karin Kurzendörfer, im Osten sozialisiert und mit Brecht groß geworden, „kann“ Brecht – von Surabaya Johnny über die Whisky Bar in Mahagonny bis zur Seeräuber-Jenny. 

Dazwischen zeigte sie sich wandelbar und setzte Akzente ganz anderer Art mit den sehr österreichischen Liedern von Hugo Wiener („Ich kann den Nowotny nicht leiden“) oder dessen (vom Publikum vergnügt goutierten) Zungenbrecher von der verzwickten Verwandtschaft. Oder sie erinnerte an Erich Kästner, der beim Verbrennen seiner eigenen Bücher zugesehen hatte, aber als Zeitzeuge in Deutschland blieb. Friedrich Holländer und Georg Kreisler trugen ebenso zum Programm bei wie Karl Valentin, aus dessen „Orchesterprobe“ sie einen kurzen Ausschnitt zitierte. Das Publikum erlebte eine wohl durchdachte Zeitreise, durch die mit Zwischentexten ein roter Faden führte. Am Schluss wieder Brecht mit weniger Bekanntem: „Die Häuser sollen nicht brennen“ – eine Botschaft des Dichters nach den Erfahrungen von Un-Zeiten. Das Publikum erklatschte sich noch eine Zugabe, daher ging der Abend mit Kreislers Taubenvergiftern im Park zu Ende.