Neustart für die Kresslesmühle!
Warum die Mühle neu gedacht werden muss
Kommentar von Siegfried Zagler
In Sachen Kresslesmühle müsste man weit ausholen, um die Verwandlung eines ehemaligen in der Unterstadt fest verankerten Bürgerhauses in ein „abgehobenes Kulturhaus“ zu verstehen. Man müsste über den Wandel der Altstadt nachdenken, über die Versäumnisse der Bildungs- und Kulturpolitikpolitik im Allgemeinen und natürlich über den Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse der Bundesrepublik insgesamt. Nicht mehr und nicht weniger reflektiert die Geschichte des Hauses in der Barfüßerstraße am Rande der Altstadt. Man müsste über den mächtigen Beirat und seine wechselvolle Geschichte nachdenken, man müsste über die Wirkungsbiografien der ehemaligen Geschäftsführer Hansi Ruile und Bert Schindelmayr sehr kritisch berichten, man müsste über’s Altwerden nachdenken und darüber, dass in der Barfüßerstraße ein Bürgerhaus verschwunden ist, ohne dass jemals öffentlich darüber nachgedacht wurde, weshalb die Kresslesmühle weiterhin mit jährlich 190.000 Euro städtischen Geldern gefördert wurde und wird. Womit wir bereits beim Kern der Geschichte sind.
Die Kresslesmühle war zuletzt ein geschlossenes Haus, ein Veranstaltungsort für eine Kunstform, die keine Fördermittel nötig hat. Dazu nur soviel: Die Grünen hätten die Verträge mit der Mühle nicht verlängert, wären sie mehrheitlich dazu in der Lage gewesen. Im Wahlprogramm der SPD kann man mühelos die Zerschlagung der Kresslesmühlen-Konzeption herauslesen. In der politischen Stadt war und ist die Kresslesmühle längst hoch umstritten. Der Daumen geht bei jenen nach unten, die früher die politische Unterstützung der Mühle gewährleisteten: bei den Grünen und bei der SPD. In der Szene der Kulturschaffenden hat der Schreiber dieser Zeilen unlängst recherchiert, um eine qualifizierte Unterstützer-Stimme für die „Muile“ zu finden, wie die Kresslesmühle nicht selten bezeichnet wurde: vergeblich.
Gabrielle Spiller wollte sukzessive eine Neukonzeption für das Haus entwickeln und ist daran offenbar gescheitert. Am 19. November gab es ein langes und intensives Hintergrundgespräch der DAZ mit Frau Spiller, die sich der Problemstellung sehr bewusst war und sich kämpferisch und reformorientiert zeigte. Dass Frau Spiller hinwirft, ist für die DAZ eine schlechte Nachricht und zugleich eine gute: Die daraus resultierende Situation sollte als eine Chance für einen radikalen Neustart begriffen werden. Der Beirat der Mühle ist dazu nicht in der Lage. Kulturreferent Peter Grab, der sich gerne die Fortführung des interkulturellen Dialogs auf die Fahnen schreibt, hat die vor sich hin kränkelnde Kresslesmühle als Bürgerhaus sterben lassen. Frau Spiller ist mit ihrem Weg der kleinen Schritte gescheitert. Nun ist die Politik gefragt. Die Kresslesmühle muss neu gedacht werden.