Neujahrskonzert in der Kongresshalle: Alles Walzer
Das Konzert zum Jahresbeginn 2017 widmete Generalmusikdirektor Domonkos Héja dem Walzer und moderierte das Programm selbst mit charmantem Augenzwinkern.
Von Halrun Reinholz
Das große Vorbild aller Neujahrskonzerte in Wien zu kopieren, empfiehlt sich nicht bei all den Konzertveranstaltungen, die es landauf landab zum Neujahrstag gibt. Doch selbstverständlich ist es eine schöne Tradition, das neue Jahr musikalisch zu begrüßen. Leicht und unterhaltsam, aber doch mit dem künstlerischen Anspruch eines seriösen professionellen Orchesters – das wird zu diesem Anlass erwartet und die Augsburger Philharmoniker werden dieser Vorgabe auch schon seit einigen Jahren vorzüglich gerecht. Unter Dirk Kaftan hatte es sich eingebürgert, eine Art „Wunschkonzert“ des Publikums zusammenzustellen.
Domonkos Héja wählte nun für den Auftakt 2017 den Walzer als Thema. Wobei die Überschrift „Geschichte des Walzers“ eher Akademisches als Unterhaltsames versprach. Doch mittlerweile weiß das Augsburger Publikum, dass die Programmzusammenstellung des GMD immer eine Mischung aus Bewährtem und Überraschendem ist. Und auch, dass von ihm keine langatmigen akademischen Vorträge zu erwarten sind, selbst wenn er in Personalunion als Dirigent und Moderator auftritt. Mit dem ihm eigenen ungarischen Charme verkündete er, dass es nun auch seine Frau nach gut einem Jahr endlich geschafft habe, eines seiner Konzerte zu besuchen – das Neujahrskonzert nämlich. Und in zwanglosem Plauderton erläuterte er dann die Zusammenstellung des Programms. Um eine „Geschichte“ des Walzers im eigentlichen Sinn handelte es sich freilich nicht. Vielmehr ging es Héja darum, verschiedene Erscheinungsformen des Dreivierteltaktes im Laufe der Musikgeschichte aufzuzeigen.
Bekanntes am Anfang: Mit Bedacht wählte der Dirigent die „musikalische Schlittenfahrt“ des Augsburgers Leopold Mozart („Des Balles Anfang“) als Einstieg. Es folgte eine Menuett („Kontretanz“) von Wolfgang Amadeus Mozart, sozusagen der Vorläufer des getanzten Walzers. Die bekanntesten Walzer verbindet man mit Wien im 19. Jahrhundert. Die drei Stücke von Johann Strauß Vater (Das Leben ein Tanz), Joseph Lanner (Die Schönbrunner) und Johann Strauß Sohn (Morgenblätter) zeigten deutlich die Entwicklung und Verfeinerung dieses Musikgenres, das bei Johann Strauß Sohn bereits eine hohe musikalische Virtuosität jenseits seines Zweckes als Gebrauchsmusik für Tanzveranstaltungen erreicht hatte.
Konsequenterweise waren die Walzer im zweiten Teil des Programms allesamt Teile kompositorischer Werke. Tonal markante Walzer aus dem Rosenkavalier von Richard Strauss als Suite zusammengefasst machten den Anfang. Die folgenden beiden Komponisten bedurften einer ausführlicheren Vorstellung: Der Franzose Jean Francaix, 1912 geboren, trat unter anderem auch als Komponist für Filmmusik in Erscheinung und war stets bestrebt, mit seiner Musik („musique pour faire plaisir”) die Menschen zu unterhalten. Aus seinem Orchesterwerk „Les bosquets de Kythere“ spielten die Augsburger Philharmoniker vier schwungvolle und witzreiche Walzer. Auch der 1877 geborene Ungar Ernö Dohnányi, ein erklärter Lieblingskomponist von Héja und dem Augsburger Konzertpublikum, deshalb mittlerweile ein Begriff, blieb Zeit seines Lebens der romantischen Tradition in der Nachfolge von Johannes Brahms verhaftet. Aus seiner Ballettmusik „Der Schleier der Pierrette“ gab es im Neujahrskonzert den Hochzeitswalzer. Mit Maurice Ravels „La Valse“ schloss sich der Reigen der Walzer-Geschichte. Ursprünglich als Ballettmusik im Auftrag des Choreographen Sergej Djagilew zum Thema „Wien und der Walzer“ komponiert, wurde es seiner Bestimmung zunächst nicht gerecht, da Ravel in seinem Orchesterwerk den Walzer schlechthin in all seinen Facetten porträtiert hatte. Erst durch spätere Bearbeitungen wurde das Werk tatsächlich „tanzbar“, wie es sich für Walzer letztlich gehört.
Die mögliche Erwartung des Publikums, ein walzerseliges Schunkel-Konzert als Neujahrsgeschenk zu bekommen, hatte sich so nicht erfüllt, es wurde stattdessen ein lehrreicher und dennoch kurzweiliger Streifzug durch zweihundert Jahre Walzer-Geschichte. Dazu trug nicht nur die geistreich humorvolle Moderation des GMD bei, sondern vor allem die gewohnt hohe Professionalität der Orchestermusiker, die zu dem Anlass gut gelaunt zelebriert wurde. Und das bei immerhin vier Aufführungen – zwei in Augsburg, eine in Gersthofen und ein Gastspiel in Traunreut. Ja, und als Zugabe kam natürlich noch der Neujahrswalzer schlechthin – die schöne blaue Donau. Mit einem Augenzwinkern nach Wien wünschte der GMD mit seinen Augsburger Philharmonikern ein „glückliches neues Jahr“. Die beschwingte Einstimmung war der Auftakt zu einem hoffentlich fordernden und spannenden musikalischen Jahr der Philharmoniker, trotz aller Widrigkeiten und Umbrüche im Theater.