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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Neujahrsempfang der Augsburger SPD: Wind von links

Der bayerische IG-Metall Chef Jürgen Wechsler zeichnete im Augsburger Rathaus auf dem Neujahrsempfang der SPD den Genossen den Weg zurück zu ihren sozialdemokratischen Wurzeln vor und bekam dafür von zirka 500 Gästen zustimmenden Applaus.

Von Siegfried Zagler

Neujahrsempfang der SPD: Dr. Stefan Kiefer, Jürgen Wechsler, Ulrike Bahr, Karl-Heinz Schneider (v.l.n.r.).

Neujahrsempfang der SPD: Dr. Stefan Kiefer, Jürgen Wechsler, Ulrike Bahr, Karl-Heinz Schneider (v.l.n.r.).


Vor Wechslers Festrede appellierte der Fraktionschef der Augsburger SPD, Stefan Kiefer an das Verantwortungsbewusstsein der politischen Kaste. Das verlorene Vertrauen der „Wutbürger“ in die Politik könne nur dann wieder wachsen, wenn sich die Politiker auch verantwortungsbewusst verhielten, was, so Kiefer, nichts anderes als „transparentes und nachvollziehbares Handeln“ bedeute. Nach Kiefers Auffassung sei das intransparente und nicht nachvollziehbare Handeln auch eine Schwäche der derzeitigen Augsburger Regierung, deren Phrasen zur Linie 6 (Vierspurigkeit der Friedberger Straße) und zum Königsplatzumbau („Tunnel statt Chaos“, „Bäume statt Pflaster“) sich nach der erfolgreichen Kommunalwahl eben als solche herausgestellt haben. Auch der „Pfusch am Curt-Frenzel-Stadion“ sorge dafür, dass die Stadtgesellschaft das Vertrauen in die Politik verliere. Man habe keine „einschlägig erfahrenen Planer“ beauftragt, man habe den Stadtrat außen vor gelassen und die Hauptnutzer, den Augsburger Eissportverein mit samt seiner Profi-Abteilung nicht konsequent in die Planungen mit einbezogen. Und nun kümmere sich Stadtregierung nicht darum, politische Verantwortlichkeit aufzudecken und die nötigen Konsequenzen aus dem Debakel zu ziehen, so Kiefer, der sich neben dem geplanten Verkauf des Alten Stadtbades („Verkennung der emotionalen Bindung“) natürlich auch Kulturreferent Peter Grab zur Brust nahm. Man müsse sich fragen, so Kiefer, „wie man als zuständiger Referent einen Mietvertrag mit der Komödie kündigen kann, ohne vorher die Folgen vollständig abzuprüfen. Ohne die angekündigte Ersatzspielstätte planerisch und finanziell abgesichert zu haben“.

Umverteilung von oben nach unten

Im Publikum: Alt-OB Paul Wengert mit Frau Bärbel sowie Alt-OB Hans Breuer. Links: Finanzreferent und 2. Bürgermeister Hermann Weber (CSU).

Im Publikum: Alt-OB Paul Wengert mit Frau Bärbel sowie Alt-OB Hans Breuer. Links: Finanzreferent und 2. Bürgermeister Hermann Weber (CSU).


In seiner Festrede beschrieb der Bezirksvorsitzende der Bayerischen IG Metall, Jürgen Wechsler, die immer weiter auseinander driftende bundesdeutsche Gesellschaft. Auf der einen Seite steige das Bruttogeldvermögen der Privathaushalte stetig und habe inzwischen einen Stand von 4,88 Billionen Euro erreicht, während auf der anderen Seite die Armut stetig zunehme. Es gebe Millionen Kinder in Deutschland, die von Hartz 4 lebten und 21 Prozent der Beschäftigten seien im Niedriglohnbereich tätig, der Anteil der Arbeiternehmer-Kinder mit Hochschulabschluss sei, so Wechsler, auf den Stand vor der Ära Brandt gefallen. Für SPD-Mitglied Jürgen Wechsler könnten diese Missstände durch eine andere Steuerpolitik, beziehungsweise durch eine kämpferische linke Politik der Umverteilung von oben nach unten beseitigt werden. Dass für die beschriebenen Missstände auch die SPD, die im Bund von 1998 bis 2009 die Regierung stellte, mit verantwortlich ist, verschwieg Wechsler nicht. Am Ende der Veranstaltung gab es neben der Geburtstagstorte für Stefan Kiefer, der gestern seinen 42. Geburtstag feierte, ein Ständchen, das Alt-OB Wengert anstimmte. Von der DAZ zum Stand der Dinge in Sachen Heimatpfleger befragt, kam Kiefer bezüglich des Kommunikationsverhaltens der Stadtregierung in Fahrt.

Es sei immer das Gleiche, egal ob es um den Heimatpfleger oder um den Verkauf von Anteilen der Bayerngas GmbH gehe, „wir erfahren im Vorfeld nichts, sondern werden vor vollendete Tatsachen gestellt“, so Kiefer, dem in den zurückliegenden Monaten eine sehr konstruktive Oppositionspolitik nachgesagt wurde. Es scheint den Fraktionschef der SPD ein wenig zu ärgern, dass die Augsburger SPD von der Stadtregierung dennoch weiterhin ausgegrenzt wird: „Je weniger die Opposition Opposition sein muss, desto leichter kann man die Aufgaben gemeinsam bewältigen“.