Mozart gegen Brecht und Neue Musik?
Ein Kommentar von Frank Heindl
Die Deutsche Mozartgesellschaft ist sicherlich für die Entscheidung zu beglückwünschen, den dynamischen und ideenreichen Augsburger Kulturamtsleiter Thomas Weitzel zu ihrem neuen Präsidenten gewählt zu haben. In den vergangenen Jahren hatten ihre Aktivitäten zu sehr „Hinterzimmercharakter“ angenommen – die Öffentlichkeit ahnte kaum, was im Mozarthaus an der Frauentorstraße eigentlich vor sich geht. Thomas Weitzel wird das ändern, und es wird kein Schaden für die Stadt und keiner für die Mozartgesellschaft sein.
Beflügelnd für die Stadt könnte auch ein anderer Aspekt der Präsidiumswahl werden: Weitzel ist bekannt als Kämpfer für Mozart. Er will eine deutliche Positionierung Augsburgs als Mozartstadt, hat Ideen und Konzepte dafür parat, will den Musikpädagogen Leopold Mozart stärker ins Rampenlicht stellen. Und er hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass eine aktive Mozartpolitik Geld kostet und Verlässlichkeit braucht. Gute Orchester zum Beispiel muss man frühzeitig buchen – da kann man nicht auf die aktuelle Etatdebatte warten.
Deshalb wird es in der nächsten Zeit und in den nächsten Jahren, sollte Augsburgs Kulturetat nicht durch irgendein Wunder deutlich wachsen, unvermeidbar auch unter den „Dachmarken“ zu Verteilungskämpfen kommen. Die Wettbewerber haben sich längst in Stellung gebracht: Weitzel leitet geschickt vom Kulturamt aus seine Mozart-Aktivitäten; Timo Köster vertritt aktiv und sehr erfolgreich die Dachmarke Friedensstadt; Richard Goerlich kann mit seinem Büro für Popkultur Imagegewinne verbuchen und hat sich erst kürzlich erfolgreich in die programmatische Gestaltung des zukünftigen „Modularge“-Festivals eingeklinkt; Ute Legners „Mehr Musik“-Projekt hat mehr Publikum gewonnen, als man zu träumen wagte, und verfügt über eine starke Bastion in der engen Zusammenarbeit mit dem Stadttheater; Joachim Lang schließlich bereitet mit Verve das nächste Brechtfestival vor, nachdem schon sein erstes mit gutem Publikumserfolg über die Bühne ging.
Ob Augsburg sich so viele „Dachmarken“ leisten und diese erfolgreich vermarkten kann, ob der Kulturetat das auf Dauer hergibt und ob das Publikum mitzieht, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Thomas Weitzel hat sich im Wettbewerb der Dachmarken erneut deutlich ins Gespräch gebracht – und dieser Wettbewerb dürfte für Augsburg kein Schaden sein. Mozart, Brecht, Neue Musik, Pop und Frieden werden hoffentlich nicht gegeneinander, sondern für ihre Adressaten ins Feld ziehen. Dann werden sich diejenigen Programme durchsetzen, die mit den besseren Konzepten die besseren künstlerischen Leistungen erbringen und die größere Außenwirkung erzielen. Der Wettbewerb sollte also nicht nur ums Budget gehen, sondern auch um uns, das Publikum.
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