Modular startet mit dem Pop-Preis “Roy” und ehrt Peter Bommas
Das Augsburger Modular Festival ist mit der Vergabe des Pop-Preises “Roy” in fünf Kategorien am vergangenen Donnerstag gestartet.
Künstler des Jahres: Das Rap-Duo “Blindspot” erhielt den mit 1000 Euro dotierten Hauptpreis. „Intelligenz und präzise Technik treffen bei Blindspot auf eine unglaubliche Spielfreude“, hieß es in der Begründung der Jury.
Newcomer des Jahres: Die Band “Das Hobos” – Leo Hopfinger, Tom Simonetti und Frank Nägele – erhielt den mit 500 Euro dotierten Roy als Newcomer des Jahres. Ihr erstes Album „This is the place“ wurde “Album der Woche” beim Zündfunk.
Programm-Macher des Jahres: Das Grandhotel ist wohl das spannenste und erregenste Live-Theater, das es in Augsburg jemals gab. Für ihr künstlerisches Programm erhielten die Macher des Grandhotels einen Roy verliehen und und somit ein Preisgeld von 500 Euro.
Club des Jahres: Für sein Programm wurde der City-Club geehrt. „Egal ob Szene-DJs, (noch) unbekannte Bands, Lesungen, Theater oder Kreativmarkt, der Club schafft es immer wieder, scheinbar Abseitiges einem größeren Publikum zugänglich zu machen und leistet so einen enormen Beitrag zur musikalischen Szene Augsburgs“, so das Jury-Urteil.
Ehrenpreis für Peter Bommas: Für seine Leistungen im Bereich der Augsburger Popkultur erhielt Peter Bommas den Roy-Ehrenpreis. Seit 30 Jahren ist der Manager des Kulturparks West, Leiter des Jungen Theaters, Mitbegründer des Elektronik-Festivals Lab30, Lehrbeauftragter an der Universität und DJ in verschiedenen kulturellen Bereichen und Funktionen tätig. Die Laudatio hielt der Schriftsteller Franz Dobler, der kürzlich selbst mit dem “Deutschen Krimi-Preis” geehrt wurde. Dobler wies in seiner Rede darauf hin, dass die Popkultur, nicht von der Spaß- und Unterhaltungsindustrie herkomme, sondern vom Genre der Gesellschaftskritik. Die DAZ veröffentlicht Doblers Laudatio im Wortlaut:
“Man muss Pop mit einer kriminellen Asylpolitik in Verbindung setzen”
Von Franz Dobler
Peter Bommas, der mit dem Augsburger Pop-Preis “Roy” für ein Lebenswerk ausgezeichnet wird, ist seit dreißig Jahren in den unterschiedlichsten popkulturellen Bereichen und Funktionen tätig, und ich bin mir nicht sicher, ob es diese Veranstaltung mit diesem Stellenwert ohne seine vielen Vorarbeiten gäbe.
Hier nur ein unvollständiger Überblick: Verdorben von den Umwälzungen der Punk & New Wave-Ära hat er Mitte der 1980er-Jahre seinen Lehrerberuf aufgegeben, wurde Journalist und Mitbetreiber des heute legendären Club Bootleg, der vom damals führenden Pop-Magazin Spex zum besten Club Süddeutschlands erklärt wurde. Bei den Madcaps spielte er Schlagzeug, mit dem Verein Kulturschock veranstaltete er Konzerte, unter anderem im damals völlig vergessenen Textilviertel. Zur selben Zeit gründete er sein eigenes Magazin Trash, in dem Pop nicht als Ansammlung von Plattenbesprechungen, sondern im gesamten ästethisch-gesellschaftlichen Kontext diskutiert wurde, und produzierte bis Mitte der 90er elf Nummern mit 700 Seiten. 1990 wurde er Geschäftsführer des Kinder- und Jugendtheaters Spielküche, erweiterte das Programm um Konzerte, Literatur, Film, ermöglichte Projekte wie “Brecht goes Hiphop” und gab Raum für die Techno-Abende des Blauen Salons. Sein Kleinverlag ging nicht pleite, sondern er musste nach der Geburt von drei Kindern sein Zeitfenster etwas umbauen.
Seit Ende der 90er ist er Leiter des Jungen Theaters im Abraxas, war Mitgründer des Elektronik-Festivals Lab30, Mitkurator von großen Ausstellungen wie “Rampe 3” (zur Punkgeschichte Augsburgs) und “Amerika in Augsburg”. Er ist seit über zehn Jahren Lehrbeauftragter an der Uni am Fachbereich Europäische Ethnologie, spezialisiert auf “Pop- und Alltagskultur”, die er auch mit der neueren Reihe “Just Kids: Pop, Poetry & Palaver” mit Schülern thematisiert. Er ist weiterhin DJ und Co-Manager des Kulturpark West, zu dem auch die Ballonfabrik gehört.
Um dieses ziemlich homogene Lebenswerk zu charakterisieren, passt eine Weisheit bzw. Richtlinie des Brecht-Genossen und Komponisten Hanns Eisler: “Wer nur von Musik etwas versteht, versteht auch davon nichts.”
In diversen Aufsätzen, zum Teil über 20 Jahre alt, kann man die gleichbleibende Aktualität der Haltung des Preisträgers nachlesen: Popkultur ist von ihren Produktionsbedingungen nur mit bösen Absichten zu trennen, und wer nicht bei den bloßen Spaß-Aspekten stehen geblieben ist, muss Pop mit Problemzonen wie z.B. einer kriminellen Asylpolitik oder der offensichtlich immer noch nicht möglichen Gleichstellung von Homo- und Heterosexuellen jederzeit in Verbindung setzen; und mit Diskussionen innerhalb städtischer Kulturpolitik sowieso.
Die Stadt Augsburg kann auf diesen bewährten Do-it-yourself-und-von-unten-Kämpfer stolz sein. Von dem nicht mal ich als alter Freund immer weiß, wo er sich morgen austoben oder einmischen wird. Nur diese Hoffnung sollte sich niemand machen: dass er sich jetzt mit 65 auf Gartenarbeit konzentrieren wird.