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Freitag, 22.03.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Kommentar zum Modular

Modular 2018: Leise Töne mit Dissonanzen

Das Modular-Festival 2018 im Wittelsbacher Park überrascht vor allem mit einer neuen Lärmschutz-Politik und ist damit so leise wie nie zuvor. Die Anwohner freut das. Doch es gibt auch Kritik von Künstlern und Besuchern. Was bedeutet das für die Zukunft des Festivals?

Kommentar von Johannes Meyer 

Das Modular-Festival des Stadtjugendrings Augsburg (sjr) findet in diesem Jahr vom 31. Mai bis 02. Juni satt, also an diesem Wochenende. Vielleicht haben Sie es noch nicht bemerkt, aber es läuft in vollen Zügen: Alle Karten sind verkauft, knapp 30.000 Besucher werden kommen, um an den drei Tagen unter anderem 76 Musik-Acts zu sehen. Was aber in diesem Jahr anders ist, ist die geringe Lautstärke. Das freut vor allem die Nichtbesucher und Anwohner. Denn während sich in den vergangenen Jahren Protest gegen die alljährliche Lärmbelästigung formierte, zeigen sich die Betroffenen auf Nachfrage in diesem Jahr beruhigt. Man sei positiv überrascht und freue sich, dass es auch so leise gehen kann.

Die neue Wahrnehmung der Lautstärke in der Umgebung des Festivals kommt nicht von ungefähr. Sie liegt vor allem an zwei Veränderungen gegenüber den Vorjahren: Auf Nachfrage gibt Barbara Wengenmeir vom Vorstand des Stadtjugendrings unumwunden zu, dass beim Modular in den vergangenen Jahren die Grenzwerte für Lärmemission regelmäßig überschritten wurden. In diesem Jahr wird hingegen, so scheint es, zum ersten Mal ernsthaft darauf geachtet, den Lärmpegel gemäß der Bundesimmissionsschutzverordnung einzuhalten. Dies wird durch den konsequenten Einsatz einer technischen Begrenzung der Bühnenlautsprecher bewerkstelligt, samt unabhängigen Messungen an den umliegenden Wohnhäusern. Zum anderen sind die Veranstalter des sjr dazu übergegangen, die Bands auf den zwei großen Bühnen immer nur abwechselnd spielen zu lassen. Die besonders beklagten Überlagerungen verschiedener Lieder, Bässe und gar Musikrichtungen wie in den vergangenen Jahren sind damit kein Problem mehr für die Nachbarschaft und weiter entfernte Stadtviertel. 

Allerdings gibt es jetzt auf der anderen Seite des Festivalzauns nicht unwichtige Beteiligte, denen die angepasste Lärmregulierung des Festivals missfällt: Viele Festivalbesucher sind ob der leisen Töne enttäuscht. Wenn sich selbst in der ersten Reihe vor der Bühne die Leute miteinander problemlos unterhalten können, dann – so sagen viele – geht der Charakter eines Festivals verloren. Und in der Tat ist zu beobachten, dass vor den Bühnen weniger Leute tanzen, sich dafür mehr unterhalten, als in den Vorjahren. Auch vielen Künstlern stößt dieser Umstand negativ auf. Barbara Wengenmeir vom sjr sagt über das Feedback der Musiker: Wenn ein DJ „während er spielt die Gespräche vor der Bühne lauter hört als seine eigene Musik, dann wird es für ihn schwierig seine Kunst auszudrücken“. So oder so ähnlich haben sich wohl mehrere Künstler negativ über den dünnen Sound des Festivals beschwert. Was von den Anwohnern als wohltuende Entlastung empfunden wird, stellt die Veranstalter hingegen vor ein neues Problem: Die Besucher und Künstler müssen bei Laune gehalten werden, wenn das Modular auch zukünftig angesagte Bands vor ausverkauftem Haus bieten will. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich der sjr in diesen Tagen auch Gedanken über einen möglichen Imageverlust des Festivals aufgrund der neuen Regelungen macht, wie Franz Schenk vom Vorstand des sjr zu bedenken gibt. 

Es kristallisiert sich also beim diesjährigen Modular-Festival mehr als je zuvor heraus, dass der künstlerische Anspruch der Musiker und der Anspruch des Publikums unvereinbar sind mit der Erfüllung der Auflagen der Stadt im Rahmen dieser Veranstaltung. Es gibt keine Lautstärke, die zugleich leise genug für die Anwohner und laut genug für ein Festival ist. Die Bestimmungen der Stadt sind sehr umfangreich und gerade im Bereich Lärmschutz sehr detailliert und deshalb aufwendig einzuhalten.

Dennoch sind sie keineswegs zu hoch gegriffen. Es handelt sich beim Gelände des Wittelsbacher Parks um eine Grünfläche, umringt von Wohnhäusern. Beinahe vergessen scheint in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass das Festival auch Auswirkungen auf die Natur im Wittelsbacher Park hat. Brütende Vögel, Fledermäuse und unzählige Insektenarten werden durch die Veranstaltung sowie in der Zeit des Auf- und Abbaus von Lärm und Licht beeinträchtigt. 

Wenn man für das Modular-Festival also grundsätzlich Natur- und Lärmschutz gegen das Bedürfnis nach einer guten Atmosphäre und guter Kunst aufrechnen muss, dann zeigt das vor allem eines: Ein Park ist kein geeignetes Festivalgelände.

Aus dieser Unvereinbarkeit heraus folgt der Umzug des Modulars in das Areal des alten Gaswerks ab 2019. Das Modular-Team hat in den letzten Jahren immer wieder bewiesen, dass es in der Lage ist, großartige Festivals zu organisieren. Nur waren sie lange Zeit einfach am falschen Ort. In der ehemaligen Industriebrache hat der sjr langfristig die Chance, weiterhin künstlerisch erfolgreich zu arbeiten. Und zugleich ist das Modular verträglicher für die Stadtgesellschaft und die Natur in der Stadt.