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Dienstag, 10.09.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Mobilitätsdrehscheibe Augsburg: Standardisierte Bewertung wackelt

Aufgrund massiver Verteuerungen beim geplanten Umbau des Hauptbahnhofs, Bestandteil der Mobilitätsdrehscheibe Augsburg, droht die im Jahr 2006 erstellte Standardisierte Bewertung zur Makulatur zu werden.

Die Standardisierte Bewertung ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren zur gesamtwirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Untersuchung von ÖPNV-Projekten. Auch zum Verkehrsprojekt Mobilitätsdrehscheibe wurde eine solche Bewertung erstellt. Nach aktuellen Angaben der Stadtwerke sollen nun die Baukosten für den Umbau des Augsburger Hauptbahnhofes – zentraler Teil des Projekts – von ursprünglich 63 auf 82 Millionen Euro steigen. Die Kostenexplosion basiert teilweise auf allgemeinen Preissteigerungen im Baugewerbe. Der Löwenanteil resultiert jedoch aus Änderungen im Bauentwurf und bisher unberücksichtigten Kosten. Genau das könnte nach Informationen unserer Zeitung in Bezug auf die Standardisierte Bewertung zum Problem werden.

Wie von der Ingenieurgesellschaft SPIEKERMANN AG aus Düsseldorf, der Erstellerin der Standardisierten Bewertung, zu erfahren war, haben reine Baupreissteigerungen keinen Einfluss auf das Ergebnis der Berechnung. Jede Standardisierte Bewertung hat einen einheitlichen Preisstand, im Fall der MDS gilt das Bezugsjahr 2006. Über Indexreihen werden steigende Baupreise an den Preisstand des Bezugsjahrs angeglichen; sie sind für die Richtigkeit des sich ergebenden Nutzen-Kosten-Indikators unschädlich.

Neuberechnung unvermeidbar

Ganz anders verhält es sich mit Kostensteigerungen, die aus Änderungen des Bauentwurfs oder bisher unberücksichtigten Investitionen resultieren. Diese berühren das Rechenverfahren in seinen Grundannahmen, ändern den Kapitaldienst für die Gesamtinvestition und führen im Endeffekt dazu, dass der bisherige Nutzen-Kosten-Indikator, das Ergebnis der Standardisierten Bewertung, falsch ist. Eine Neuberechnung wird unvermeidbar.

Die bisherige Bewertung weist einen Indikator von 1,4 aus. Würde nach der jetzt bekannt gewordenen Kostenexplosion beim Hauptbahnhof der Kapitaldienst noch weiter ansteigen, zum Beispiel durch Kostensteigerungen bei den anderen Bestandteilen der MDS (Straßenbahnlinien 1, 5 und 6, Königsplatz-Umbau), könnte sich die Waagschale sogar von der Nutzen- auf die Kostenseite neigen. Die gesamte Mobilitätsdrehscheibe wäre dann nicht mehr förderfähig.

Grundlegende Methodik der Standardisierten Bewertung



Die Standardisierte Bewertung beruht auf dem Mitfall-Ohnefall-Prinzip. Einer hypothetischen zukünftigen Welt ohne Realisierung des Vorhabens wird die zukünftige Situation mit Realisierung des Vorhabens gegenübergestellt. Bewertet werden beispielsweise die Unterschiede zwischen Mit- und Ohnefall im Hinblick auf



– Gesamtkosten und Reisezeitgewinne im öffentlichen Verkehr

– Betriebskosten, Unfallschäden und Emissionen im Individualverkehr



Den auf der Nutzenseite erfassten Komponenten wird auf der Kostenseite der Kapitaldienst für das realisierte Vorhaben gegenübergestellt.