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Donnerstag, 21.03.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

„Mein Grün, dein Grün“

Der Stadtrat zeigt großen Willen, die Umsetzung der Ergebnisse des Ideenwettbewerbs Innenstadt auf den Weg zu bringen. Einstimmig wurde in der gestrigen Sitzung ein entsprechender Antrag der SPD angenommen.

Was noch vor wenigen Monaten undenkbar gewesen wäre, schafften die Stadträte gestern nach dreistündiger Debatte: eine interfraktionelle Formulierung zur Umsetzung der künftigen Augsburger Stadt- und Verkehrsentwicklung.

Rolf Rieblinger (CSU) hatte das muntere Reüssieren mit einem Satz eröffnet, der den Kern des politischen Zwists herausschälte und die Opposition in Rage brachte: „Die Ergebnisse des Ideenwettbewerbs haben nichts damit zu tun, was der Regenbogen wollte“. „Jetzt haben wir, was wir immer wollten“, schwärmte er vom Siegerentwurf.

Eva Leipprand (Die Grünen) schien auf diesen Fehdehandschuh nur gewartet zu haben: „Dass ich das noch erleben darf. Was haben wir dafür gekämpft und uns für Verkehrsberuhigung in der Innenstadt eingesetzt. Was Herr Rieblinger jetzt gesagt hat, hätte ich früher nie sagen dürfen. Warum haben wir damals nicht damit angefangen? Ihr Erkenntnisprozess hat uns viel Zeit gekostet!“ Frau Leipprand betonte, dass die von der ehemaligen Regenbogenregierung geplante Mobilitätsdrehscheibe von allen Siegerentwürfen anerkannt worden sei. Nicht städtebauliche Neuschöpfung sei die damalige Intention gewesen, sondern verkehrliche Neuordnung. „Was hätte es damals für ein Geschrei gegeben, wenn wir die Unterbrechung der Konrad-Adenauer-Allee gewollt hätten?“

Die Grünen, so Eva Leipprand werden sich darauf konzentrieren, dass die Bürgerschaft die Mobilitätsdrehscheibe bekomme. Es wäre auch falsch, Stadtwerke-Chef Norbert Walter aus seinem Amt zu kegeln. „Das würde der Umsetzung des Projekts nur schaden.“

Norbert Walter in der Kritik

Oberbürgermeister Kurt Gribl konterte sofort und resolut. Er wies darauf hin, dass es eine klare Vorgabe gebe, wie dieser Ideenwettbewerb umzusetzen sei. Die Mobilitätsdrehscheibe sei zwar die zu erweiternde Basis der Siegerentwürfe, aber Herr Walter wolle zuerst die Mobilitätsdrehscheibe umsetzen und danach erweitern. Das werde er nicht zulassen, so Gribl.

Finanzreferent Hermann Weber nutzte die Absenz von Bernd Kränzle, um den Bürgern die Verkehrspolitik der CSU zu erklären: „Die Bürger wollten kein Gestöpsel am KÖ.“ Der Regenbogen sei genau darüber gestolpert. „Für uns war ein Tunnel logisch, weil wir uns die Brechung der Konrad-Adenauer-Allee nicht vorstellen konnten“. Und an die Opposition gewandt: „Sie konnten uns nicht mit dem KÖ-Realisierungswettbewerb überzeugen, später konnten Sie damit die Bürger nicht mitnehmen.“ Außerdem sei das Ergebnis des Ideenwettbewerbs Bestandteil des Wahlprogramms der CSU, so Weber, deshalb werde die CSU die Ergebnisse umsetzen.

Baureferent Merkle unterstrich die Notwendigkeit des Bürgerentscheids: „Der Ideenwettbewerb hat uns einen Korridor gezeigt. Ohne die Notbremse Bürgerentscheid hätten wir heute eine unveränderliche Situation.“

„Es war ein politischer Wettbewerb“

Stefan Quarg, SPD-Stadtrat und Architekt, versuchte mit einem bemerkenswerten Vortrag das parteipolitische Ränkespiel, wer wann was gewollt habe, als schädliches Polittheater zu entlarven. „Mein Grün, dein Grün“ sei nicht im Sinne der Stadt. Man müsse endlich davon absehen, aufeinander einzuhacken. Die CSU habe zwar einen Paradigmenwechsel vollzogen. „Aber auch wir müssen lernen, zugeben zu können, dass wir geirrt haben.“

Gegenüber der DAZ relativierte Quarg die Ergebnisse des Ideenwettbewerbs: „Insgesamt sind die Entwürfe überzeugend, aber es war ein politischer Wettbewerb“. Völlig neu sei nur die Brechung der Konrad-Adenauer-Allee, damit bekomme man für den Theodor-Heuss-Platz wichtige zusätzliche Möglichkeiten. Diesen Wettbewerb konnten nur Augsburger Architekten gewinnen, da sie den politischen Kontext kannten. Man müsste nur einen Parameter verändern, so Quarg zur DAZ, dann bekäme man 25 andere preiswürdige Entwürfe.

Stefan Quarg bestätigte auf Nachfrage, dass er das parteipolitische Gezänk schwer ertrage. „Das hat nichts mit Augsburg zu tun, aber viel mit der Scheinheiligkeit der Parteien.“ Für Querdenker Quarg hätte sich der Regenbogen mehr Zeit für die Mobilitätsdrehscheibe nehmen müssen: „Wir haben die Verkehrsthematik unterschätzt. Komplexe Dinge brauchen eben Zeit.“

Der Antrag der SPD-Fraktion im Wortlaut



Die Verwaltung der Stadt Augsburg wird beauftragt, auf der Grundlage der Empfehlungen des Preisgerichts des Ideenwettbewerbs Innenstadt folgende Schritte in die Wege zu leiten:

  1. Zum Zweck der schnellstmöglichen Umsetzung der Ergebnisse des Ideenwettbewerbs für die vertieften Untersuchungsgebiete – Hauptbahnhof und Königsplatz – zeigt die Verwaltung die notwendigen Einzelmaßnahmen auf.
  2. Die Verwaltung zeigt dabei die zeitlichen Abläufe der notwendigen Einzelschritte im Hinblick auf die bekannte Zuschussproblematik sowie den dringend anstehenden Bahnhofsumbau auf.
  3. Die Verwaltung führt umgehend die notwendigen Einzelmaßnahmen wie etwa Verkehrszählungen durch (so weit dies noch nicht geschehen ist), um die schnellstmögliche Umsetzbarkeit eines autofreien Königsplatzes (Konrad-Adenauer-Allee/ Fuggerstraße) zu überprüfen.
  4. Die Ergebnisse des Ideenwettbewerbs und das weitere Vorgehen werden neben den Beratungen im Stadtrat auch mit der Bürgerschaft im Rahmen geeigneter Veranstaltungen diskutiert.
  5. Im Zuge einer größtmöglichen Bürgerbeteiligung ist ein begleitendes Beratungsgremium einzurichten, welches die vorgeschlagenen Einzelmaßnahmen hinsichtlich ihrer Sinnhaftigkeit und Realisierbarkeit überprüft.
  6. Auf dieser Grundlage möge der Stadtrat schnellstmöglich die konkrete Planung für die Neuordnung der innerstädtischen Verkehrsbeziehungen beschließen und das Planfeststellungsverfahren für die vertieften Untersuchungsgebiete einleiten bzw. abschließen.