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Montag, 20.01.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Maxfeste: Ein schlechteres Zeugnis kann man der politischen Kaste kaum ausstellen

Warum die Massenaufmärsche auf der Maximilianstraße für die Stadt schädlich sind

Kommentar von Siegfried Zagler

Jeder Pfannenverkäufer auf der Dult würde über die geringe öffentliche Aufmerksamkeit, die Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl bei der Eröffnung des letzten Maxfestes zuteil wurde, bittere Tränen vergießen. Als Augsburgs Stadtoberhaupt zur Eröffnung des Maxnullsoundso den Grußonkel gab, nahm im Sommer 2010 kaum jemand Notiz von den Herrschaften auf dem Podium am Herkulesbrunnen. Das Publikum warf im Vorbeigehen einen kurzen und fragenden Blick auf den hochgewachsenen Mann hinter dem Mikrofon und eilte weiter. Gribl sprach tapfer seinen Text herunter und am Ende applaudierten ein paar Leute, die auf die anschließende Modenschau warteten.

Massenaufmarsch: 55.000 Menschen in der Partyzone

Am darauffolgenden Samstag waren zwischen 21 Uhr und Mitternacht in der Spitze 55.000 Menschen in der Partyzone Maxstraße. Diese Zahl kommt von der Augsburger „Ordnungsbehörde“, genauer: von Klaus Sulzberger, dessen Amt die Zählungen durchführte. Die CIA ging an diesem Abend in dieser Hochphase des Festes von weitaus weniger Besuchern aus. Daraufhin erarbeitete die Behörde zusammen mit der Polizei und der Feuerwehr einen verschärften Sicherheitskatalog, obwohl, wie Sulzberger der DAZ versicherte, zu keinem Zeitpunkt an diesem Abend eine ernstzunehmende Gefahr für Leib und Leben bestand.

Es handelt sich um ein inkompatibles Sauf- und Fressfest

Am Dienstagabend ist nun Stinglwagners dreister Versuch gescheitert, das Maxfest in das Rahmenprogramm der Frauen-WM einzubauen, um die teueren Sicherheitsauflagen bei der Stadt zu lassen. „Die Publikumsstruktur sowie das notwendige und bisher hervorragend angenommene kulturelle Angebot eines Maxfestes haben mit City of Peace zu wenige Schnittmengen“, so wird Stinglwagner in der städtischen Pressemitteilung zitiert.

Partyzone: In Scharen gelockte Umlandbewohner

Erstaunlich, dass zu dieser schlichten Einsicht zwei Verhandlungsrunden notwendig waren. Noch erstaunlicher ist allerdings der Umstand, dass zum ersten Mal – wenn auch indirekt – von städtischer Seite zum Ausdruck gebracht wurde, dass es sich bei dem Massenfest auf der Maxstraße um ein inkompatibles Sauf- und Fressfest handelt. Das Maxfest verweist bisher auf nichts anderes als auf sich selbst, und das ist entschieden zu wenig. Richard Goerlich, der Zeitgeistbeauftragte der in Trend- und Jugendkulturangelegenheiten halbblinden Stadtregierung, hat das längst erkannt, und man kann es Goerlich gar nicht hoch genug anrechnen, dass er – wenn auch mit Diplomatenhandschuhen und Engelszungen – eine schwer zu lösende Hausaufgabe bei der CIA gelassen hat.

Welche negativen Effekte werden dabei für die Stadt evoziert?

Die Max-Macher haben das Straßenfest aus kommerziellen Überlegungen heraus auf eine einfache Formel reduziert: „Drei Tage saufen unter freiem Himmel, so viel wie möglich“. Damit kann man die Umlandbewohner in Scharen locken, aber innerhalb der Augsburger Stadtgesellschaft lässt sich damit kein Staat machen. Und vor allem: Mit diesem durch und durch kommerziellen Konzept sollte man auch in der Lage sein, die Kosten für die notwendige Sicherheitsaufwendungen selbst zu tragen. Die Augsburger Allgemeine findet das Fest großartig und fungiert für die CIA als „Medienpartner“. Könnte das ein Grund dafür sein, weshalb innerhalb der Rathausfraktionen niemand die Stirn hat, das geistlose Party-Klimbim anzugreifen? In seiner derzeitigen Konzeption und dem damit verbundenen Gesamteinfluss bezüglich des kulturellen Niedergangs der Maxstraße wäre es an der Zeit, dass sich gegen die Party-Umtriebe auf der Maxstraße eine intellektuelle Gegenöffentlichkeit bildet, und zwar auch deshalb, weil es mehr als notwendig ist herauszuarbeiten, welche negativen Image-Effekte in den drei Tagen des organisierten Massensuffs nicht nur für die ehemalige Prachtstraße, sondern auch für die Stadt Augsburg evoziert werden.

Trägheit im Denken bezüglich der eigenen Identitätsbildung

Die Grünen haben für Max09 inhaltlich einige Nachbesserungen gefordert und diese auch bekommen. Seither sind sie ruhiggestellt. Die SPD lässt über den ewig juvenilen Landtagsabgeordneten Linus Förster ausrichten, dass die Maxfeste weitergehen sollen. Die CSU – in dieser Angelegenheit bar jeder Ahnung – fordert in einem Brief an Gribl die Fortführung des Maxfestes, von den Linken ist nichts zu hören und von der neuen dreiköpfigen Fraktion der Freien Wähler auch nichts. Über Pro Augsburg braucht man gar nicht nachdenken: Kulturreferent Peter Grab ist einer der Gründerväter der sinnlosen Massenaufmärsche im historischen Kontext der Maximilianstraße. Für den Niedergang der Maximilianstraße sind alle politischen Parteien mitverantwortlich. Falls die Maxfeste an sich selbst zugrunde gehen sollten, also an der Hybris und Einfallslosigkeit des Veranstalters scheitern sollten, wäre das ein Glücksfall für die Stadt und eine positive Entwicklung im Sinne der anstehenden Sanierung der Maxstraße. Das Partymeilen-Image der Maxstraße verstellt nicht nur den Blick auf die ungeheure historische Dimension der Stadt, sondern reflektiert auch die Versäumnisse und Trägheit im Denken bezüglich der eigenen Identitätsbildung. Die Maxfeste und das Party-Image der Maxstraße sind nicht vom Himmel gefallen, sondern politisch entwickelt worden. Ein schlechteres kulturpolitisches Zeugnis kann man der politischen Kaste dieser Stadt kaum ausstellen.