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Donnerstag, 18.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

„Man hätte es gut finden können“

Siegfried Zagler über das Biennale-Konzept

Glücklicherweise fallen die Dinge nach unten, das – und vieles mehr – haben wir der Schwerkraft zu verdanken. Nur wenige Menschen haben die Begabung, den Gesetzen der Schwerkraft zu trotzen. Die Dinge, die aus Peter Grabs Feder gleiten, fliegen nicht selten nach oben und verlieren zusehends ihre Bedeutung in der Schwerelosigkeit. Grabs Biennale-Konzept ist nicht in die Schublade gewandert, aus der man es im Bedarfsfall unversehrt zurückholen könnte, sondern unkontrolliert in den Weiten der unbelebten Welten verschwunden. Dabei hätte man es tatsächlich gut finden können, wenn es mehr als nur einen Gedanken verfolgt hätte, wenn es also mehr als nur eine Spar-Idee gewesen wäre.

Festivals sollen eine bestimmte Atmosphäre generieren

Der Kulturreferent hätte nicht sehr viel mehr machen müssen, als zum Beispiel darauf hinzuweisen, dass er mit dem zweijährigen Turnus bei bestimmten Festivals dem allgemeinen Bedürfnis der Entschleunigung nachkommen wolle. „Weniger ist mehr“, dies wäre – hätte man es qualitativ und nicht quantitativ erklärt – kein schlechter Ansatz gewesen, quasi fast eine Theorie, die vor allem für Festivals gilt. Dieses Argument hätte nach innen gezielt, also in Richtung Rezeptionstiefe und Akzeptanz, die sich nicht nur über Besucherzahlen definieren lässt. Festivals sollen eine bestimmte Atmosphäre, bestimmte Stimmungen generieren und der Stadt Augsburg bei der Profilbildung behilflich sein. Profilschärfung ist allerdings nur dann mit Nachdruck gegeben, wenn Inhalte, die das Profil bilden sollen, von der Stadtgesellschaft angenommen und gelebt werden. „Atmosphäre“ kann nur so entstehen. Grab hätte zum Beispiel angesichts der fehlenden Atmosphäre bei den Brechtfestivals nur die Frage verfolgen müssen, ob es auf Dauer tatsächlich für die Stadt und ihre Bürger zielführend ist, Bert Brecht mit einem jährlichen Festivalturnus hoch zu halten, oder ob das „Vermächtnis Brecht“ nicht besser bei anderen Formaten aufgehoben wäre.

Konzeptarbeit muss nicht nur für die Festivals geleistet werden

Das Gleiche gilt für Mozart. Hier muss auch die Frage erlaubt sein, ob ein Festivalleiter (Mozart) und Kulturamtsleiter in Personalunion, also Thomas Weitzel, nicht zu sehr in seinen Präferenzen gefangen ist, um die „Zukunft der Festivals aktiv in einer Arbeitsgruppe mit zu gestalten“, wie es die CSU gestern in einer merkwürdigen Pressemitteilung formuliert hat. Weitzel müsste sich als schwergewichtiger Denker in dieser Gruppe nämlich zuvorderst mit der Frage auseinandersetzen, ob sich die Stadt Augsburg bei ihren Bürgern nicht eher lächerlich macht, wenn sie sich von Jahr zu Jahr mit einem Festival als „Leopold-Mozartstadt“ darstellen will. Eine Konzeption einer städtischen Festivalkultur wird derzeit von der Opposition eingefordert. Abgesehen davon, dass es diese längst geben sollte (und man somit der jetzigen Opposition gewisse Versäumnisse attestieren muss), muss diese bitter notwendige Konzeptarbeit nicht nur für die städtischen Veranstaltungsreihen geleistet werden.