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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Mal witzig, mal platt und wenig Oper

„Hexen 1×1“ im Textilmuseum

Von Frank Heindl

Der eigentliche Coup ist, dass Franz Hummel zusagte. Dass Ursula Galli das Libretto für eine Kinderoper geschrieben hatte, hätte nicht ausgereicht, um das Projekt auf den Weg zu bringen. Doch als der europaweit bekannte Komponist einstieg, war der Durchbruch geschafft. Am frühen Samstagabend wurde Hummel-Gallis „Hexen 1×1“ im Augsburger Textilmuseum (tim) uraufgeführt.

Auf dem Besen kamen Ursula Gallis Hexen nicht geritten – aber die Kostüme wussten zu überzeugen.

Auf dem Besen kamen Ursula Gallis Hexen nicht geritten – aber die Kostüme wussten zu überzeugen.


Drei Kinder finden eine abgewrackte Lagerhalle und erträumen sich dort ein Refugium ganz nach ihrem Geschmack – zum Alleinsein, Ungestörtsein, Träumen. Auch drei Hexen finden sich wenig später ein – sie könnten die Halle ebenfalls brauchen. Zunächst versuchen sie die Kinder zu vertreiben, indem sie ihnen eine Falle stellen: Sie zaubern fleischfressende Pflanzen in die Halle, die sich prompt zwei der Kinder schnappen. Doch wenig später werden Kinder und Hexen ein Team, als sich herausstellt, dass ihr Zufluchtsort vom Abriss bedroht ist – er soll einem Einkaufszentrum weichen. Gemeinsam überreden nun Kinder und Hexen den zuständigen Ingenieur, von seinen Plänen abzulassen. Der willigt ein – und alles wird gut.

Der Plot hört sich ein wenig platt an und ist es auch. Dass Kinder trotzdem Spaß an Gallis Geschichte haben, liegt zum Einen an Hummels Musik, zum anderen an der Inszenierung – vor allem Kostümbildnerin Uschi Haug hat hier Tolles geleistet: Die drei Hexen sind bunt, schrill, sexy, die Kinder identifikationsfördernd eindeutig, und was an Elfen, Pflanzen und Mäusen hinzukommt, ist phantasiereich, lustig und beeindruckend.

Keine Gage und finanzielle Vorleistungen

Entstanden ist die „Hexen“-Produktion vor allem durch das Engagement von Ursula Galli (in Augsburg vor allem als langjährige Leiterin der „Brechtfreunde“ bekannt), dem musikalischen Leiter Ulrich Graba (Musiklehrer und Orchesterleiter am St.-Stephan-Gymnasium) und Erich Payer (Leiter der gleichnamigen Ballettschule). Gemeinsam hat das Team die Veranstaltung unter erheblichen Risiken gestemmt: „So, wie man sich das als guter Haushälter vorstellt“, erzählt Galli, „– erst das Geld zusammenhaben, dann anfangen – das ging nicht.“ Der zugesagte Zuschuss der Stadt Augsburg etwa kann erst fließen, wenn der städtische Etat genehmigt ist – und das kann dauern. Auch der Freistaat hat Unterstützung zugesagt – aber noch nicht gewährt. Nur die Sponsoren waren zuverlässig, doch deren Engagement reicht nicht aus – „da mussten wir in Vorleistung gehen“, sagt Galli. Und außerdem muss ein Großteil der Beteiligten ohne Gage auskommen: Weder Payers Ballettschülerinnen, noch die Musiker der Opern- und Orchesterakademie „Juventhusias“ können bezahlt werden.

Franz Hummels Musik orientiert sich sehr an kindlicher Auffassungsfähigkeit – die Stücke sind meist songartig-poppig, gelegentlich mit Schlagzeug und Saxophon-Solo orchestriert, immer eingängig – aber selten mitreißend oder gar ohrwurmverdächtig. Auch Gallis Texte lassen die packend-bewegende Botschaft vermissen: Zu einfach spult sich die Geschichte ab, die Zeit reicht nicht für richtige Spannung, die schnelle Konfliktlösung nicht für eine Vertiefung des Inhalts. Ein Ingenieur, der sich mit nicht einmal logischen Argumenten innerhalb von Minuten ein Bauprojekt ausreden lässt, ein nicht zu klärender Titel – von einem „Hexen 1×1“ ist im ganzen Stück nicht die Rede – gab ebenso Rätsel auf wie die Frage, woher die Kinder den Zauberspruch kennen, den die Hexen vergessen haben – das alles schien schon dem achtjährigen Sohn des DAZ-Redakteurs wenig plausibel.

Ein wenig schade für die vielen engagierten Teilnehmer. Susanne Rieger und Vanessa Fasoli Hexen wussten schauspielerisch durchaus zu überzeugen, wenngleich die Stimmen gelegentlich hinter den Erwartungen – und vor allem hinter der Lautstärke des Orchesters – zurückblieben. Von den Musikern von Juventhusias und Payers Ballettschülerinnen lässt sich immerhin sagen, dass sie, gemessen an Alter und Ausbildungsstand, angemessen agierten. Alles zusammengenommen 90 für Kinder durchaus unterhaltsame, manchmal auch witzige Musical-Minuten und ein Abend, der wohl vor allem wegen der Kostüme im Gedächtnis bleiben wird. Eine Oper – auch eine für Kinder – müsste dann doch ein bisschen anders aussehen.

Weitere Aufführungen am Samstag, 26.März um 18 Uhr, Sonntag, 27. März um 16 Uhr, sowie Freitag 1. Und Samstag 2. April jeweils um 18 Uhr. Karten an der Kasse des Stadttheaters zu 13,50 Euro (Erwachsene) und 8,50 Euro (Kinder und Schüler).