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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Mainz vs. FCA 0:1

Vor 30.195 Zuschauern gelang dem FC Augsburg am 9. Spieltag der Fußballbundesliga in Mainz der erste Sieg in einem Spiel, in dem Mainz klar Favorit war und das dennoch mit einem Augsburger Sieg endete. Nach einem dramatischen Verlauf feierten die Augsburger erleichtert ihren historischen Sieg, während beim „Karnevalverein“ nach der siebten Partie in Folge ohne Sieg das Abstiegsgespenst immer bedrohlicher an die Tür klopft.

Von Kurt Idrizovic



Beide Mannschaften beginnen verhalten, ja nervös und fahrig. Nicht nur die Zuschauer, auch die Spieler beider Teams versuchen Ruhe in ihr Spiel zu bringen. Erst in der 22. Minute sehen wir die erste wirkliche Torchance des Spiels, als Bellinghausen nach einer Kopfballablage von Baier den Ball volley aufs Mainzer Tor drischt. Torwart Müller kann parieren. Dann die 26. Minute. Mainz erste gute Torchance. Aus einem Getümmel am Augsburger Strafraum tickt Langkamp den Ball nach rechts zu Pospech, der die Kugel aus knapp zehn Meter an die Latte hämmert. Dusel für Augsburg. – Geplänkel, keine Mannschaft schafft es, sich zu organisieren, die Mainzer kommen mit ihrer Nervosität nicht zurecht – die Augsburger kämpfen mit einem Phänomen: Offensiv-Angst. Heißt „Wir erobern uns immer wieder den Ball, erschrecken darüber aber so, dass wir damit nichts anfangen können und recht zufrieden sind, wenn wir wieder in die Defensive geraten.“ Seltsam, aber so wars. – Dann die entscheidende 42. Minute: Plötzlich eine schneller Angriff der Mainzer: Risses flacher Pass gerät zwar in den Rücken von Choupo-Moting, aber am linken Fünfereck kommt Müller und schießt den Ball ins Augsburger Tor. Unhaltbar.

Die bessere Mannschaft war Mainz

Doch der Treffer zählt nicht. Angeblich war Choupo-Moting im (passiven oder aktiven?) Abseits. Die Fernsehbilder werden später bestätigen: Eine glatte Fehlentscheidung von Schiedsrichter Marco Fritz und seines Assistenten Volker Wezel. Bitter für Mainz: Wieder ein Tor, das zu Unrecht aberkannt wurde.

Pause, 0:0, Fazit: Die bessere Mannschaft war Mainz, konnte aber das von ihr erwartete Selbstvertrauen (Heimspiel!) nicht herstellen – der FCA nicht schlecht in der Defensive, aber die Umschaltung wie erwähnt mangelhaft bis nicht vorhanden.

Start der zweiten Halbzeit. Beide Teams unverändert auf dem Platz. In der 46. Minute wechselt Tuchel Svensson für Bungert ein. Jetzt die Mainzer druckvoller mit eindeutig mehr Zug zum Tor und guten Kombinationen. Augsburg fügt sich in sein Schicksal: Defensiv-Arbeit. In weiter Ferne bereits wieder ein Unentschieden in Sicht. Gleich mehrere Chancen für Mainz in der 50. Minute (Kopfball Ivanschitz), 52. Minute (scharfer Schuss von Risse) und der 53. Minute: Choupo-Moting rauscht am linken Pfosten heran, verzieht. In der 57. Minute erhält Möhrle die erste gelbe Karte des Spiels wegen eines Fouls gegen Kirchhoff, gleich darauf der Mainzer Kapitän Noveski wegen Ellbogen-Checks.

Noch ist für Mainz nichts verloren

Mainz übernimmt jetzt die Initiative und drängt den FCA immer mehr in die Defensive, die Augsburger verlieren immer mehr die Kontrolle, Bälle werden nur noch herausgeschlagen. Tapfer wehren sich die Schwaben, die Mainzer agieren druckvoll, schnüren die Augsburger in ihrer Hälfte mehr und mehr ein. 64. Minute: Der FCA bringt Brinkmann für Davids. Mainz erarbeitet sich die achte Ecke. Aber wieder kein Erfolg. In der 65. Minute Ausfallangriff des FCA. Jentzsch schlägt lang auf Gogia ab, der läuft auf das Mainzer Tor zu: Torwart Müller ist draußen und klärt. Tuchel bringt einen zweiten Stürmer für Risse (66.): Anthony Ujah. Wird er es richten?

Die letzten zwanzig Minuten. Augsburg steht tief, hat sich in der Defensive eingerichtet. Abwarten und rausschießen heißt es bei den Luhukays. Mainz braucht und will den Sieg. Unbedingt! 74. Minute: Freistoßknaller von Ivanschitz, Häuptling Jentzsch klärt, seine Indianer beobachten staunend seine guten Reflexe. 75. Minute: Tobias Werner kommt für Akaki Gogia. – Was ist das? Der Ball mal wieder im Mainzer Strafraum? Tatsächlich in der 79. Minute. Zuspiel von Bellinghausen auf Mölders, der trifft den Ball nicht voll. Müller ist da. – Letzter Wechsel für Mainz: Allagui kommt für Ivanschitz. Noch ist für Mainz nichts verloren.

„Wir gehen ums Dorf in die Kirche“

Luhukay wechselt auch noch mal in der 81. Minute: Abwehrspieler de Roeck für Mittelfeldmann Baier: Klare Ansage des Trainers: Nullnull halten! 83. Minute: Ujah bekommt die gelbe Karte. – Die Mainzer bauen noch mehr Druck auf, es könnte noch klappen. Dann plötzlich ein Konter aus dem Nichts: Mölders trifft freistehend vor Torwart Müller nur den Pfosten, die Situation scheint bereinigt, die Mainzer Zuschauer atmen durch, da saust der Mainzer Svensson daher und senst ohne Not Bellinghausen im Strafraum voll um. Was für ein unglaublicher Aussetzer von Svensson. Gelb gibt’s auch für ihn. – Dann läuft Callsen-Bracker an und haut den Ball links unten ins Tor. Schock für die Mainzer. Die 88. Minute – das wars. SCHLUSS! – Für die DAZ gab Thomas Tuchel nach dem Spiel noch ein Exklusiv-Statement.

DAZ: Herr Tuchel, wenn Sie so freundlich wären, folgenden Satz zu komplettieren: Mich hatte geärgert, dass …

Tuchel: …dass wir uns zum wiederholten Male für einen enormen Aufwand nicht belohnt haben. Es passt momentan ins Bild, dass unser reguläres Führungstor aberkannt wird, wir zahlreiche Großchancen nicht verwerten, um am Ende tatsächlich ohne Punkte aus dem Spiel zu gehen. Anscheinend gehen wir diese Saison den weiten Weg ums Dorf in die Kirche, aber wir werden ihn weitergehen! Mit Vertrauen und Überzeugung.“

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FCA: Jentzsch, Reinhardt, Möhrle, Langkamp, Hosogai, Callsen-Bracker, Davids (64. Brinkmann, Gogia (75. Werner), Baier (81. de Roeck), Bellinghausen, Mölders.



Zum Autor:



Auf die Frage, ob er denn über den FCA in Mainz berichten wolle, kam von Kurt Idrizovic ein zögerliches Ja. – „Freundschaften werden selten auf eine so harte Probe gestellt wie am vergangenen Samstag, als Aufsteiger Augsburg auf Mainz 05 in der coface-Arena traf. Bereits auf dem Weg nach Mainz taucht die bange Frage auf: Wofür schlägt das Herz?“, so Kurt Idrizovic in seinem (der Zensur zum Opfer gefallenen) Vorspann zur DAZ-Reportage im Hemingway-Stil. Idrizovic ist Organisator und Mannschaftskapitän der Augsburger Hobbykicker “Brecht-Boys” und im Besitz einer Jahresdauerkarte für die erste Bundesligasaison in der SGL-Arena. Die langjährige Freundschaft mit Chef-Trainer Thomas Tuchel wurde natürlich nicht ernsthaft auf die Probe gestellt. Aber „es kam, wie es kommen musste: Gefühlschaos in Mainz.“