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Freitag, 11.04.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Mach et Jupp!

Die Fußballbundesliga und ihre Trainer

Von Siegfried Zagler

Volle Stadien, sportliche Erfolge: Die Bundesliga boomt

Volle Stadien, sportliche Erfolge: Die Bundesliga boomt


Als die Bundestrainer Jürgen Klinsmann und Joachim Löw den deutschen Nationalspielern zusätzliche Trainingsaufgaben verordneten, weil sie die Auffassung vertraten, dass in den meisten Vereinen der Fußballbundesliga nicht zeitgemäß an der Fitness und an der Handlungsgeschwindigkeit der Nationalspieler gearbeitet werden würde, befand sich der deutsche Fußball nach Auffassung der Teamleiter-Revolutionäre in einer tiefen Krise. In gewisser Weise hatten die beiden schwäbischen Scharlatane damit nicht Unrecht. Die Krise des deutschen Fußballs bestand nämlich darin, dass zwei Schaumschläger für das sportliche Fortkommen der Nationalmannschaft verantwortlich waren.

Die Geschichte ist bekannt: Das predigende Trainerduo ist mit seiner Rückständigkeitsthese und mit seinen Modernisierungsambitionen gescheitert, und zwar deshalb, weil die Grundannahme falsch war. Die Bundesliga, das Füllhorn der Nationalmannschaft, befand sich nur einmal in einer tiefen Krise, das war 1971 – während und nach dem Bestechungsskandal. Unabhängig davon erreichte die deutsche Nationalmannschaft vor und nach der  Europameisterschaft 1972  ihren bisher unerreichten Höhepunkt in Sachen Modernität und Erfolg.

Die Liga lebt

Heute ist die Bundesliga anerkanntermaßen die erfolgreichste Fußball-Liga der Welt. Sie zieht die meisten Zuschauer an, ihre Stadien sind durchgängig modern und sicher, ihre Vereine sind wirtschaftlich gesund und auch sportlich hat man in diesem Jahr die verschuldeten Ligen der Spanier und Engländer hinter sich gelassen. Zwei deutsche Vereine im Finale der Königsklasse hat es noch nie gegeben. Auch die Souveränität, mit der die Bayern im Halbfinale Barcelona deklassierten, stellte eine einzigartige Demonstration der Dominanz in der Geschichte des europäischen Fußballs dar. Die Liga lebt, besser: sie ist lebendiger als je zuvor und fördert Trainer zutage, deren Glut und Sachverstand auf verschiedene Weisen erfahrbar sind. Die Vereine, zuvorderst Bayern München und Borussia Dortmund mit ihren Jugendzentren und ihren hervorragenden Jugendtrainern, sind die Architekten dieser Erfolge, an deren Spitze die beiden Trainer Jupp Heynckes und Jürgen Klopp stehen. Einer von beiden wäre möglicherweise für das Amt des Bundestrainers zu haben: „Mach et Jupp!“, möchte man an dieser Stelle sagen. Wer die Glut in den Augen des Bayern-Trainers in den letzten Wochen gesehen hat, weiß, dass in Heynckes mit seinen 68 Jahren ein „Fußball-Feuer“ brennt, das Herr Löw bestenfalls vom Hörensagen kennt. Jogi Löw, das weiß in Deutschland spätestens nach der Europameisterschaft im vergangenen Jahr jedes Kind, ist kein Trainer von Format.

Markus Weinzierl ähnelt ein wenig Jogi Löw

Fachverstand und Leidenschaft sind Voraussetzungen dafür, dass ein Trainer seine Mannschaft richtig „lesen“ kann. Intuition ist Notwendigkeit dafür, dass sich ein Trainer bei engen Spielen zum Matchwinner  entwickeln kann. Jogi Löw hat von allem zu wenig, was an dieser Stelle nicht weiter der Rede wert wäre, würde der jüngste Trainer der Bundesliga den Schreiber dieser Zeilen nicht hin und wieder an Jögi Löw erinnern, gemeint ist Markus Weinzierl, Cheftrainer des FC Augsburg. Markus Weinzierl scheint nach einem Jahr und drei Managern beim FCA langsam anzukommen. Zuletzt gab es weder an der Leistung der Mannschaft noch am Coaching viel auszusetzen. Sollte der FCA nach einer katastrophalen Hinrunde tatsächlich mit Trainer Weinzierl die Liga halten, gilt in Augsburg die Sprache des Films: „Alles auf Anfang. Weinzierl, die zweite.“

Noch vier Mal schlafen, dann steht in der Bundesliga der letzte Spieltag mit einer Reihe von Finalspielen auf dem Programm. Der SC Freiburg hat sich zu sensationellen Leistungen und Erfolgen emporgeschwungen. Verantwortlich dafür ist in erster Linie ein Trainer mit großer Erfahrung im Nachwuchsbereich: Christian Streich. Gewinnt der SC Freiburg am Samstag sein Heimspiel gegen Schalke, stehen die Breisgauer vor den Toren der Champions League. Wer vor der Saison dies zu prognostizieren gewagt hätte, hätte damit rechnen müssen als „armer Irrer“ belächelt zu werden. Das Gleiche hätte ein „Seher“ erdulden müssen, der die TSG 1899 Hoffenheim als möglichen Absteiger „gesehen“ hätte.

Oliver Pocher vs. Campino Henry Kissinger hat keinen Gegenspieler

Tabelle vor dem letzten Spieltag

Tabelle vor dem letzten Spieltag


Nach den Fürthern sind die Hoffenheimer wohl der zweite Absteiger. Es sei denn, den Kraichgauern würde in Dortmund das Gleiche wie dem Hamburger SV gelingen: ein Sieg. Zwischen Düsseldorf und Augsburg findet ein aufregendes Duell um den direkten Nichtabstieg statt. Verliert Düsseldorf in Hannover, würde dem FCA bereits ein Unentschieden im Heimspiel gegen Greuther Fürth reichen. Hannover konnte die letzten vier Heimspiele nicht siegreich gestalten, aber immerhin standen drei Unentschieden zu Buche. In Augsburg haben die Niedersachsen zwar gewonnen, zählten aber zu den schwächeren Teams, die in der SGL-Arena in dieser Saison gastierten. Schwächer als Hannover spielte in Augsburg eigentlich nur eine Mannschaft: Fortuna Düsseldorf. Mit Norbert Meier steht bei Düsseldorf ein Trainer unter Vertrag, der am vergangenen Samstag im ZDF Sportstudio einen nervösen und ratlosen Eindruck hinterließ, während bei Hannover 96 mit Mirko Slomka ein in sich ruhender wie wortgewandter Stoiker das Zepter schwingt. Slomka sitzt in Hannover auch dann noch fest im Sattel, wenn sich seine Mannschaft „auf einem Niveau stabilisiert, wo sie gar nicht hingehört.“ Würde die Coolness der Trainer ein Spiel entscheiden können, wäre Hannover gegen Düsseldorf haushoher Favorit – und der FCA natürlich längst abgestiegen. Bei den prominenten Edelfans beider Klubs steht es Unentschieden. Sowohl Oliver Pocher als auch Campino sind auf gleicher Höhe unerträglich. Prominentester Fan der Fürther ist der ehemalige Außenminister der USA, Henry Kissinger, der aus Fürth stammt. Für den Friedensnobelpreisträger Kissinger gibt es (wen wunderts?) auf der Augsburger Seite keinen adäquaten Gegenspieler. Kissinger tippt auf einen 2:1 Sieg der Kleeblätter und unterstrich somit, was hierzulande mindestens so bekannt ist wie die mangelnde Kompetenz des Bundestrainers, aber niemand zu sagen wagt: „Die spinnen, die Amis.“