Liebesleben mit Puppe
“Die Puppe” von Miro Gavran als hintergründige Komödie im sensemble Theater
Von Halrun Reinholz
Welch ein Glück für einen Mann: Marko hat eine weibliche Puppe gewonnen. Eine „hochmoderne Puppe, konstruiert aus erneuerbaren organischen Stoffen, ökologisch perfekt“. Sie riecht „wie eine junge, 30-jährige Frau, die vor etwa fünfzehn Minuten aus der Dusche gestiegen ist, sich abgetrocknet und ein Deo benutzt hat.“ Und sie hat nur eine Aufgabe: Männer glücklich zu machen. Mit Sex, aber auch, indem sie sich um den Haushalt kümmert und auf alle Wünsche des Mannes eingeht. Dabei ist sie immer zugewandt, ausgeglichen und verständnisvoll und hat so gut wie keine eigenen Bedürfnisse. Marko kann sein Glück kaum fassen, als er das Paket öffnet und Stella zum Vorschein kommt.
Doch bald schon merkt er, dass die Zweisamkeit ohne emotionale Turbulenzen auch nicht die Lösung seiner Probleme darstellt. Diese wurzeln in seiner früheren Beziehung zu Maria und werden ihm durch die stets logischen Folgerungen von Stella bei der Analyse seines Gemütszustands erst so richtig bewusst. Hintergründig und humorvoll beschreibt Miro Gavran in dem Stück „Die Puppe“ etwas, was digital heute möglich scheint; und er denkt diesen Gedanken konsequent weiter.
Die „Überzeugungslast“ tragen die beiden Darsteller: Heiko Dietz als schusselig-verplanter und zutiefst unglücklicher Marko und Kerstin Becke im Barbie-Look als ständig lächelnde Stella führen mit großem Können die beiden Charaktere vor. Regisseur Sebastian Seidel präsentiert den Alltag des ungleichen Paares in der Form einer „Fernsehstaffel“, auf der Leinwand wird vor jeder Szene die Intro eingeblendet. Die vermeintliche Harmonie („Ich bin darauf programmiert, dich glücklich zu machen.“), stößt immer da an ihre Grenzen, wo es um die Frage geht, warum Marko „nicht glücklich“ ist. Dennoch entscheidet er sich nach der „Probezeit“ dafür, Stella weiter zu behalten. Zu seiner Überraschung teilt ihm Stella jedoch mit, dass von ihrer Seite die Probezeit als nicht bestanden gilt, denn ihre Programmierung beinhaltet auch die Rückkoppelung auf die Eigenschaften des Partners.
Das versöhnliche Ende des Stückes stellt demnach eine „echte“ Beziehung immer noch höher als die „künstliche“. Das Zwei-Personen-Stück lebt von seinem flotten Tempo (Countdown vor jeder Szene, wie bei einem Dreh) und vor allem von der Leistung der beiden Darsteller. Das fabelhaft maskenhafte Dauerlächeln und die bestechend emotionsfreie Logik von Kerstin Becke kontrastieren mit dem etwas machohaften, leicht beleidigten, emotional schwankenden Gehabe von Heiko Dietz. Darin liegt die Spannung, aber auch die Komik als wesentlicher Bestandteil des Stückes. Ein durch und durch heiteres Theatererlebnis auf hohem Niveau.