Licht, Witz und Körpersprache
Das Augsburger Ballettensemble in Itzak Galilis „Schattenspiel“
Von Halrun Reinholz
Die Sparte Tanz fristet – von vielen unbeachtet – vermeintlich ein Schattendasein am Rande der Opern- und Schauspielproduktionen. Aber es gibt viele Fans, wie die alljährlich in Windeseile ausverkaufte Ballettgala eindrucksvoll beweist. Grund dafür ist nicht zuletzt der ruhige, freundliche und künstlerisch hochkarätige Ballettdirektor Robert Conn, ein ruhender Pol im Wechselkarussell der Namen und Köpfe beim Augsburger Theater. Er hat nicht nur ein Spitzenensemble aufgebaut, sondern bringt seine Erfahrungen und hervorragenden internationalen Kontakte geschickt in den Augsburger Bühnenalltag ein.
Nun hatte die zweite Produktion dieser Spielzeit Premiere: Nach dem „Bildnis des Dorian Gray“, nach literarischer Vorlage von Oscar Wilde in Zusammenarbeit mit dem Schauspiel realisiert, kam nun ein „Choreografenabend“ des international renommierten Künstlers Itzik Galili. Dank Ballettgala ist dieser dem Augsburger Publikum nicht unbekannt, einige der Nummern sind auch bei anderen Anlässen auf der Bühne des Großen Hauses bereits gezeigt worden. Zum Beispiel die mit dem Sofa, die zu Musik von Tom Waits eine Dreiecksgeschichte erzählt („The Sofa“). Oder die tänzerische Umsetzung des Klapperns einer Schreibmaschine („Mono Lisa“) – im Übrigen bereits ein historisches Geräusch, das der jungen Generation wohl kaum noch geläufig ist. Diese und die anderen der insgesamt fünf Choreografien zeigen den israelischen Choreografen Itzik Galili als präzisen Beobachter, der durch die Körpersprache der Tänzer wie im Stummfilm witzige bis abgründige Geschichten erzählt. Geschont werden die Akteure nicht, akrobatische Elemente und enorme Biegsamkeit der Gelenke kennzeichnen die Nummern, die die Tänzerinnen und Tänzer des Ensembles mit Bravour bewältigen. Oder die nicht minder anspruchsvolle clowneske Komik, die Riccardo de Nigris eindrucksvoll unter Beweis stellt. Requisiten und Bühnenbild sind bei Galili jedoch weitgehend überflüssig, er setzt auf die Lichtarchitektur von Yaron Abulafia, mit dem er schon seit sieben Jahren „eine Synchronität zwischen Licht und Bewegung“ herstellt. Als Zuschauer staunt man, wie das Licht Bühnenräume teilen und eigene Räume entstehen lassen kann, wie dynamisch das Zusammenspiel von Licht und Dunkel sich entfaltet. Ein Abend, der Qualität bringt und Vergnügen macht, wie das begeisterte Premierenpublikum lautstark zum Ausdruck brachte. Von einem Schattendasein des Tanztheaters kann unter diesen Umständen wohl keine Rede sein – es ist eher ein Geheimtipp für Gourmets.
P.S.: Zufällig begann am Tag nach der Premiere von „Schattenspiel“ der Vorverkauf für die Karten zur diesjährigen Ballettgala am 10. Mai. Sie war innerhalb von Minuten ausverkauft.