Lange Brechtnacht: Tango im Hoffmannkeller und überall lange Schlangen
Was hat Brecht mit Tango zu tun? Na ja, auch Tango entstand in den Rotlichtbezirken, in einem Ambiente, das auch Brecht gern zur Folie nahm. Mackie Messer in Buenos Aires? Warum nicht?
Der Schauspieler Sebastian Arranz, seit letztem Jahr schon Ensemblemitglied des Theaters, ist zufällig Argentiner. Deshalb kam er wohl auf die Idee, den Gästen des Brechtfestivals „Más que Tango“ mehr als Tango, näher zu bringen. Zum Glück weihte er das Publikum zunächst ein und übersetzte den Text, den er danach auf spanisch sang. Jorge L. Borges besingt den Zuhälter Nicanor Paredes und da ist Mackie Messer nicht weit. Und übrigens kann Sebastian Arranz, der Latin-Lover Typ und Frauenschwarm des Ensembles den auch. Begleitet wurde er natürlich stilvoll auf dem Bandoneon von seinem Landsmann Ezekiel Lezama Camilli, aber auch von Iris Lichtinger am Klavier und Martin Franke auf der Geige. Ein sehr reizvolles musikalisches Programm, weit ab vom Tango-Klischee.
Impressionen von der Brechtnacht: Viel Angebot, aber auch Engpässe
Wer es nicht rechtzeitig zum Hoffmannkeller geschafft hatte, für den gab es noch die Chance einer zweiten Vorstellung um 22 Uhr. Auch in Brechts Bistro mussten viele enttäuscht wieder abziehen, bereits mehr als eine Stunde vor dem Auftritt von Christel Peschke mit Geoffrey Abbott war alles dicht. Die beiden Vorstellungen im Großen Haus, zunächst Christian Friedel, danach Sophie Hunger, waren ebenfalls voll. Vor dem Theater musste man durch die „Bertolt-Brecht-Straße“ mit Hiphop-Vorführungen, im Theaterviertel stieß man auf die Künstler von Rapucation und Pan.Opticum. Das frühe Programm der Brechtbühne (Hikmet/Brecht), in die sich viele mangels Alternative verirrten, konnte wohl nur bedingt überzeugen, zumindest gab es eine große Besucherfluktuation. Das ist der Reiz, aber auch der Fluch des Überangebots, dass man als Besucher ständig dem Angebot hinterher hechelt, um dann doch vor verschlossenen Türen zu stehen. Ob im Jazz-Club oder den verschiedenen Kneipen im Theaterviertel – überall viel Volk unterwegs, bis tief in die Nacht. Diese war recht mild, vielleicht hat es sich tatsächlich gelohnt, das Brechtfestival nach hinten zu verschieben. Ein ruhender Pol war die „Zentrale“ im Alten Stadtarchiv, wo es zumindest zuverlässig Ess- und Trinkbares gab (hervorragende Pizzakreationen, leider ohne Perspektive in Augsburg).