Kulturkampf: Votteler beschimpft Werkausschuss
In der gestrigen Sitzung des Werkausschusses des Theaters erklärte Kulturreferent Peter Grab die Vorgehensweise der Verwaltung und stellte die Fakten zur Beschlussvorlage in Sachen Interimsspielstätte vor, über die der Stadtrat am kommenden Donnerstag abstimmen soll. Unrühmlicher Höhepunkt der vierstündigen Sitzung war eine „Wutrede“ der Theaterintendantin Juliane Votteler.
Nach Peter Grabs Einschätzung befindet man sich in Sachen Theater-Container nach gut einem Jahr Verwaltungsarbeit „ganz kurz vor der Ziellinie, da viele Damoklesschwerter abgearbeitet wurden“. Grab legte eine „Chronologie der Verwaltung” vor, um zu dokumentieren, dass „keine Zeit verplempert wurde“. Das Rechtfertigungsprotokoll beinhaltet 59 Punkte (!) und solle auch aufzeigen, so Grab, wie umfangreich und differenziert die Verwaltungsarbeit gewesen sei. Einem Neustart der Komödie erteilte Grab eine sachliche Absage. Die Komödie komme als Spielstätte nicht mehr in Frage, weil die Umbauung mit Wohnungen, der fehlende Platz für eine Probebühne und Lagerwerkstätten, die schmale Form des Zuschauerraums, die weit vom Stammhaus entfernte Lage mit nicht vorhandenen Parkplätzen und erschwerter Zugänglichkeiten für Kulissentransporte unabänderliche Fakten seien, die eine Renovierung nicht zuließen, wenn man diese Bedingungen mit den Möglichkeiten eines Neubaues abgleiche. Allein die Kosten für die Bühnentechnik in der Komödie betrügen 4,5 Millionen Euro, so Grab, der aus diesen Gründen aus städtischer Sicht für die „alte Dame in der Altstadt“ keine Chance sieht.
Würde der Container länger als 14 Jahre stehen, wäre er keine Interimslösung
Die Eckdaten, über die der Stadtrat voraussichtlich am kommenden Donnerstag zu befinden hat, sehen folgendermaßen aus: Der Container soll 20 Jahre stehen, um 80 Prozent der Fördermittel generieren zu können. Als Theater soll der Container allerdings nur 14 Jahre genutzt werden, die restlichen sechs Jahre Standzeit soll der Container Lagerhalle oder ähnliches sein. Hintergrund dieses Nutzungskonzeptes sind nach Informationen der DAZ juristische Überlegungen. Würde der Container länger als 14 Jahre stehen, wäre er keine Interimslösung mehr, womit die Klage des Architekturbüros Voit Aussicht auf Erfolg hätte. Das Büro hat eine Klage gegen die Stadt angekündigt, weil es den Realisierungswettbewerb zum „Neubau Schauspielhaus“ gewonnen hatte.
Bei 20jähriger Kreditlaufzeit betrüge die jährliche Finanzierungsrate 247.692 Euro. Die Gesamtkosten für den Container belaufen sich demnach auf 5,9 Millionen Euro, wovon 4,2 Millionen vom Stadttheater gestemmt werden sollen und 1,7 Millionen die Stadtsparkasse „dazuspendet“. Die Baunebenkosten sind nun nachträglich von der Verwaltung mit zirka 547.000 Euro beziffert worden. Peter Grab nennt diesen Posten „Zusatzkosten“, die über eine Umlegung der Rückbausumme, die für die Komödie vorgesehen war, generiert werden sollen. Dies sind die Rahmenbedingen der Beschlussvorlage, über die nach mehr als 14 Monaten Kampf und Krampf um die neue Interimsspielstätte der Stadtrat am 27. Januar abstimmen soll.
Die Stadtratsmehrheit für den Container schwindet
Vor Grabs Präsentation der Eckdaten zur Beschlussvorlage hielt Theaterintendantin Votteler eine Rede, die ihr noch lange nachhängen wird. Eine Rede, die nicht nur „an der Sache vorbei zielte“, sondern auch „unfair war“, wie die Grüne Stadträtin Verena von Mutius den Vorgang kommentierte. „Städtische Bedienstete bestellen sich ihren Arbeitsplatz“, so bewertete SPD-Fraktionschef Stefan Kiefer sarkastisch die Wutrede der Theaterchefin, die „weit über das Ziel hinausschoss“. Für Kiefer stimmen die Relationen in der Containerfrage schon längst nicht mehr. Die SPD denkt nach dem gestrigen Auftritt von Votteler nun ernsthaft darüber nach, ob sie den Container am Donnerstag in Bausch und Bogen ablehnen soll. Ähnlich könnten sich die Grünen verhalten. Sie sehen – wie die SPD – die Grundvoraussetzung des Containers schwinden. Das Gleiche gilt für die Mehrheit im Stadtrat, da es inzwischen in der Containerfrage nicht nur bei der Opposition knirscht. Wie am vergangenen Donnerstag auf in der Bauausschusssitzung zu erfahren war, mehren sich die Bedenken auch innerhalb der CSU. Der Container sei nach dem Gutachten des Hamburger Architekturbüros pfp von Prof. Jörg Friedrich notwendig, um die Gesamtsanierung des Theaters zu gewährleisten. Dafür seien im Investitionshaushalt für 2011 keine Mittel vorgesehen. Ohne Finanzierungsplan für die Sanierung des Großen Hauses bestehe, so die Grünen, die Gefahr, dass der Container zur Dauerlösung und die Sanierung auf die lange Bank geschoben werde. „Dies wäre katastrophal für das Augsburger Theater“.
„Sie haben sich geirrt!“
Zu einer völlig anderen Einschätzung kam Frau Votteler. Für sie steht das Schauspiel und das Ballett vor dem Aus, wenn der Container – wie von Grab vorgezeichnet – nicht im November 2011 kommen sollte. Der Werkausschuss handle fahrlässig. „Was sich hier in den letzten 14 Monaten abgespielt hat, war eine Farce“, so Votteler erhitzt zu den verdutzen Stadträten. „Ich schäme mich vor meinen Mitarbeitern“. Insgesamt schädige das Hin Her um den Container den Ruf der Theaterleitung und wenn man in der Zukunft auf die Jetztzeit zurückblicken werde, dann wird „man diese Zeit als Periode der Stagnation bewerten, in der es der Stadt nicht gelungen ist, das Theater zu erhalten, sondern es kaputt gemacht wurde”. Augsburg sei eine Stadt mit einer großen Vergangenheit, von der große Veränderungen ausgingen. Nie wäre das geschehen, wenn man damals so agiert hätte wie heute. „Der Stadtrat ging davon aus, dass unsere Geduld unerschöpflich ist. Sie ist es nicht. Sie haben sich geirrt!“, so Votteler, die für ihren Vortrag von zirka 50 anwesenden Schauspielern, Tänzern und Sängern des Stadttheaters mit langem Applaus bedacht wurde.