Geschenkte Perlen
Kritik am Klimacamp: Ideologische Scharmützel statt Klimaschutz
Das Klimakamp ist gefordert
Stadtrat Peter Hummel (FW) kritisiert das Augsburger Klimacamp wohltuend inhaltlich und erreicht damit Zweierlei. Zum einen hilft er OB Eva Weber ein wenig in die Schuhe, indem er für ihre “Leberwurst-Kanonade” Richtung Klimacamp auf ironische Weise Verständnis zeigt, und zum anderen erwähnt er mit keiner Silbe das äußere Erscheinungsbild des Camps, womit er in der Debatte um das Klimacamp all jenen in die Parade fährt, die sich hauptsächlich über den “Verhau in der Innenstadt” mokieren. Das Klimacamp setzt sich mit ungewöhnlichen Mitteln für den Klimaschutz ein. Damit wird es aber nicht sakrosankt. Peter Hummel, der jeden Tag am Klimacamp vorbeikommt, kritisiert dessen “Zurückhaltung in Sachen Klima bei gleichzeitiger Konzentration auf Themen, die mit dem ursprünglichen Demonstrationsgrund nun mal gar nichts zu tun haben.” — Durch diverse Albernheiten würden die Klimaaktivisten ihr Kernanliegen verwässern, so Hummel.
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Von Peter Hummel
Es mag wie ein Klecks beleidigter Leberwurst auf einer Allgäuer Seele klingen, wenn Oberbürgermeisterin Eva Weber nach der Niederlage der Stadt Augsburg vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in Sachen Klimacamp auf Konfrontation mit den jungen Leuten auf dem Moritzplatz geht. Wobei sie natürlich nicht ganz Unrecht hat, wenn sie von den Aktivisten fordert, nicht nur Ansprüche zu stellen, sondern sich aktiv in die Gestaltung unserer Stadt einzubringen. Denn tatsächlich hat man seit einigen Monaten das Gefühl, dass es den Campern nur noch nebenbei ums Klima geht. An manchen Tagen sind bei den Demonstranten Themen wie jenes, ob Frauen und Männer oben ohne durch die Stadt laufen dürfen, wichtiger als die Erderwärmung. Die Impflicht maßgebender als die Energiewende. Trommelkurse fundamentaler als erneuerbarer Strom.
Das verwundert, denn keine zwanzig Meter neben dem Camp fährt die Straßenbahn noch immer im reduzierten Corona-Takt vorbei – ein in Sachen Klimaschutz für Augsburg viel wichtigeres Thema als die Frage, wie zeitgemäß der Abtreibungsparagraph noch ist. Mit dem 218er haben sich die Aktivisten in gleich mehren Workshops auseinandergesetzt, obwohl dieser für den Klimaschutz keine erkennbare Bedeutung hat. Die Ampel-Grünphase an der Ecke Schätzlerstraße/Bahnhofstraße dagegen schon, denn die dauert für Fußgänger und Radfahrer nur etwa zwanzig Sekunden, während die Autos die fünffache Zeit zugesprochen bekommen. Wer mit dem Fahrrad vom Jakobertor nach Lechhausen fährt, braucht an der Kreuzung auf der Fahrradspur mindestens doppelt so lang als Autofahrer. In der Altstadt, nur einen Steinwurf vom Camp entfernt, streifen die Außenspiegel der Autos beim Italiener über die Penne mit Tomatensauce.