Konstantin Wecker in der Langen Brechtnacht: „Es geht ums Tun und nicht ums Siegen“
Wecker trifft (auch) Brecht. Zum Brechtfestival zeigt sich ein gut gelaunter altersmilder Konstantin Wecker als geistiger Bruder von Bertolt Brecht
Von Halrun Reinholz
Wenn eine Institution wie Konstantin Wecker nach Augsburg kommt, ist der Saal schnell ausverkauft. Auch wenn es gar kein Saal ist, sondern eher sowas wie ein Zelt. Der Scheibengasbehälter des ehemaligen Gaswerks ist eine der romantischen, weil kaum geheizten Spielstätten dieses Brechtfestivals und Konstantin Wecker eines der Top-Highlights. 1998 hat er, zum 100. Geburtstag des Dichters, ein Album mit Vertonungen von Brecht-Gedichten herausgebracht, das ist der Aufhänger für diese Einladung. Wecker trifft Brecht. Aber vor allem trifft Wecker sich selbst an diesem Abend. In diesem Jahr wird er 70. Anlass genug, sein Leben Revue passieren zu lassen und seinen Überzeugungen nochmal Ausdruck zu verleihen. Konstantin Wecker, überzeugter Pazifist und Linker der alten Schule, hat aus seinem Herzen noch nie eine Mördergrube gemacht. Auch in Augsburg muss er sich nicht extra inszenieren. Seine Fans kennen ihn und er überzeugt wie immer schon mit Charme, poetischen Texten und seiner einmaligen Stimme. Die ist freilich nicht mehr so geschmeidig und melodiös wie vor zwei oder drei Jahrzehnten. Doch stattdessen plaudert er aus seinem Leben, liest aus einen Büchern und setzt sich immer mal wieder ans Klavier, um seine Virtuosität zu demonstrieren. Auch hat er sich für die musikalische Qualität mit guten Leuten umgeben: Am Klavier, wenn er es nicht selbst tut, begleitet ihn Jo Barnikel, im Hintergrund thront die virtuose Cellistin Fany Kammerlander.
Brecht ist auch präsent. Nicht nur mit den drei oder vier Liedern aus Weckers Brecht-Repertoire, sondern auch, weil Wecker tatsächlich ein Seelenverwandter des Dichters ist. „Wir brauchen wieder Dichter, die Stellung beziehen gegen das drohende Unheil. Poesie und Musik können vielleicht die Welt nicht verändern, aber sie können denen Mut machen, die sie verändern wollen.“ Dieses Credo lebt Wecker seit Jahrzehnten und viele seiner Lieder sind aus dieser Überzeugung heraus geschrieben. Wie das auf die Geschwister Scholl, eine der großzügigen Zugaben dieses Abends für das Augsburger Publikum. „Es geht ums Tun und nicht ums Siegen“, ist die Überzeugung, die Wecker damit verbreitet.
Weckers poetische Kapitalismuskritik, die nicht militant, sondern mit leisen Tönen daherkommt, hat sich nicht überlebt in all den Jahrzehnten. Sie ist aktueller denn je und deshalb wird auch Konstantin Wecker den Leuten auch weiterhin ins Gewissen reden und ihnen Mut machen. „Ich bin als Gutmensch beschimpft worden, darum möchte ich jetzt auch ein Gutmensch sein.“ Lächelnd sagt er das, altersmild, aber in der Überzeugung, richtig zu handeln. Das Publikum dankt es ihm mit endlosen Ovationen.