Kommunalwahl: Ein Verlierer steht bereits fest
Am 16. März finden in Bayern Kommunalwahlen statt. Es spricht vieles dafür, dass die CSU in vielen Gemeinden triumphieren wird. In den großen Städten hat die CSU weniger zu melden. Dass dies nach der Wahl auch für Augsburg zutrifft, gilt als ausgemacht.
Von Siegfried Zagler
OB Kurt Gribl (3. v.l.) mit seinen Referenten Andreas Bubmann, Rainer Schaal, Max Weinkamm, Walter Böhm, Peter Grab, Gerd Merkle und Hermann Köhler (v.l.) im Jahr 2009. Es fehlt Finanzreferent Hermann Weber.
München und Nürnberg sind SPD-Hochburgen. In Augsburg verlor die SPD ihre Vormachtstellung in den neunziger Jahren. Seit 2008 regiert in der drittgrößten Stadt Bayerns eine Rathauskoalition (CSU/Pro Augsburg), deren Gestaltungshoheit zwar schon längst hinüber ist, aber formal erst mit dem Wahltag am Sonntag zu Ende geht. Das letzte Wort hat der Wähler, doch bereits neun Tage vor der Wahl ist festzuhalten, dass in der kommenden Stadtratsperiode weder die CSU noch die Wählervereinigung Pro Augsburg eine dominante Rolle spielen wird. Dieser Sachverhalt gilt als gesetzt, und zwar unabhängig davon, ob Kurt Gribl oder Stefan Kiefer zum Oberbürgermeister gewählt wird.
Grabs Reputation ist nicht vorhanden
Die Prognose speist sich nicht aus einer Wahlumfrage, sondern aus den politischen Vorab-Festlegungen der Parteien und Gruppierungen, die sich um den Einzug ins Rathaus bewerben. Die CSU ist durch ihr selbstzerstörerisches Beschäftigen mit sich selbst dergestalt isoliert und unberechenbar geworden, dass sie kaum noch jemand an den Altar der Macht führen möchte. So der aktuelle Recherchestand der DAZ. Mit einer Ausnahme (Pro Augsburg) wurden alle Parteien, die für eine Koalition mit der CSU in Frage kämen, intensiv befragt. Alle winkten sehr überzeugend ab. Die Wählervereinigung Pro Augsburg spielt in allen möglichen Szenarien nach der Wahl keine Rolle. Sie hat ihre Chance auf eine zweite Partnerschaft jeglicher Art weit vor dem Wahltermin verspielt. Pro Augsburg wurde als „Regierungspartei“ nur über ihren Frontmann Peter Grab wahrgenommen. Grabs Anerkennungsgrad befindet sich in einem homöopathischen Bereich.
Die Augsburger CSU gilt als chaotischer Haufen
Die Augsburger CSU zeigte sich in den vergangenen Jahren als zerstrittene und kaum berechenbare Partei, die sich in ihrem Innersten nicht nur selbst geschwächt hat, sondern in ihrer Gesamtheit von der politischen Kaste der Stadt als „chaotischer Haufen von vielen Inseln“ wahrgenommen wird.
Würde Kurt Gribl vom Wähler als Oberbürgermeister bestätigt werden, würde er sich in einer völlig anderen Rolle im Amt wiederfinden. Er müsste nicht nur mit dem üblichen Gegenwind aus der eigenen Fraktion und dem restlichen Stadtrat rechnen, sondern hätte es auch möglicherweise mit einer Referentenriege zu tun, die ihm eine informelle Mehrheitsallianz aus SPD, Grüne, CSM, Linke, Freie Wähler, AfD und möglicherweise ÖDP sowie Polit-WG vor die Nase setzen wird. Die CSU und ihr Oberbürgermeister haben sich in den vergangenen Jahren bekämpft und sich dabei in einen todbringenden Kokon gesponnen, der auch von einer erstklassigen Werbeagentur nicht aufzulösen wäre. Um diesen schwierigen Spagat zu vermeiden, dies nur nebenbei, vermarktet die „CSU-Agentur“ fast ausschließlich Kurt Gribl, kaum jedoch die Partei und deren Stadtratskandidaten.
Die Bilanzen der CSU-Referenten fallen sehr bescheiden aus
Das Postulat der informellen Anti-CSU-Allianz, sich nach dem 16. März in Sachen Referenten mit der CSU und ihrem möglichen Oberbürgermeister im allerbesten Fall nur partiell zu verständigen, hat aber nicht nur mit der speziellen Streit-Konfiguration der CSU zu tun, sondern auch fachliche Gründe. Die Leistungsbilanzen der von der CSU bestellten Referenten sind überwiegend katastrophal, was nichts daran änderte, dass die CSU wiederum nach einem Machtkampf mit „ihrem“ OB, ihre aktuellen Referenten auf der CSU-Liste wieder in Position bringen musste. Ein Sachverhalt, der durch Gribls Not vor der CSU-Listenaufstellung erkennbar wurde. Eine schwer verständliche Maßnahme. Begutachtet man das Gesamtbild der vergangenen sechs Jahre, fallen nämlich die Bewertungen bezüglich der von der CSU bestellten „Stadtminister“ sehr bescheiden aus.
Weinkamm: Ein Referent ohne Kompetenzen
Sehr auffällig befindet sich Sozialreferent Max Weinkamm (CSU) im negativen Bereich. Wo immer die Rede von Weinkamm ist, werden in Augsburg die Augen verdreht. Weinkamm gilt als Choleriker ohne Kompetenzen in Personalführung und ohne Kompetenzen in fachlicher Sicht. Er ist politisch dafür verantwortlich, dass das Amt für Kinder, Jugend und Familie zwei Jahre nicht besetzt war, da fehlerhaft ausgeschrieben. Mit dem neuen städtischen Altenheim in Lechhausen hat Weinkamm ein Debakel erlebt. Die gesamte städtische Altenhilfe ist unter der Ägide Weinkamm ins Stottern geraten. Weinkamms politische Zielsetzungen sind nicht bekannt. Allein die Frage danach würde für Gelächter sorgen. Das von Vorgänger Hummel entwickelte Konzept des Bürgerschaftlichen Engagements rührte Weinkamm nicht an und führte es fort. „Nichts hinzunehmen, nichts streichen“, so das politische Credo des aktuellen Sozialreferenten der Stadt Augsburg, der nicht selten seine Redebeiträge von beschriebenen Zetteln ablas. Bei jeder freien Wortmeldung Weinkamms musste man mit dem Schlimmsten rechnen. Max Weinkamms Wiederwahl ist so wahrscheinlich wie die Rückkehr der Dinosaurier.
Ordnungsreferat: Ullrich ersetzte Böhm
Schlechter als der Ruf des cholerischen Herrn Weinkamm war nur der von Walter Böhm (CSU), der wie der Wirtschaftsreferent nach drei Jahren wegen Krankheit das Amt des Ordnungsreferenten aufgeben musste. Böhm war nicht in der Lage, drei Sätze geradeaus frei vorzutragen. Das Ordnungsreferat schien der Verwahrlosung preisgegeben. Böhms „Ansehen“ ist mit dem gescheiterten „Dönerverbot“ und mit dem Scheitern der kulturellen Sanierung der Maximilianstraße verbunden. Böhm wurde von einem einflussreichen Teil der CSU-Fraktion stark unter Beschuss genommen und schied nach einer langen und rätselhaften Hängepartie aufgrund eines Bandscheibenvorfalls aus dem Amt aus. Volker Ullrich (CSU), Böhms Nachfolger, zeigte dagegen mit Erfolg, dass Ordnungspolitik im hohen Maße Gestaltungscharakter besitzt. Mit der Augsburger Spielhallenverordnung ging Ullrich neue Wege. Die Augsburger Tankstellenverordnung bezüglich der Ausgabe von Alkoholika gilt als vorbildlich. Ullrich bekämpfte den Straßenstrich und somit die Wohnungsprostitution mit guten Resultaten und setzte mit seinem Maßnahmenpaket zur Befriedung der Maxstraße ebenfalls Akzente. Ullrich zog im Herbst 2013 für die CSU in den Bundestag ein und steht somit als Ordnungsreferent nicht mehr zu Verfügung. Das Amt ist zum zweiten Mal seit mehr als einem halben Jahr nicht besetzt.
Rainer Schaal: eine Enttäuschung
Rainer Schaal (CSU) agierte als Umweltreferent ebenfalls enttäuschend. Schaal startete mit viel Vorschusslorbeeren, da man als neutraler Beobachter sehr wohl davon überzeugt sein konnte, dass der Hobby-Jäger und Jurist aufgrund seiner gelebten Naturverbundenheit und seiner rhetorischen Begabung einen guten Umweltreferenten abgeben sollte. Das Gegenteil war der Fall. Mangelnde Kompetenz in der Kommunikation nach innen wie nach außen wurde zum signifikanten Merkmal des CSU-Umweltreferenten. Mit seiner kleinteiligen Denkungsart hat sich Schaal in der Verwaltung keine Freunde gemacht. Drei von vier Amtsleitern, die dem Umweltreferat unterstellt waren, haben vorzeitig die Segel gestrichen. Die Abgänge verdienter Verwaltungsfachkräfte habe Schaal zu verantworten, wie es in der politischen Stadt heißt. Keiner der führenden regionalen Umweltverbände sei auf Rainer Schaal gut zu sprechen. Kurzum: Das Umweltreferat ist vakant. Schaals Chancen, vom kommenden Stadtrat wiedergewählt zu werden, sind nicht vorhanden.
Merkle: erfolgreicher Baureferent mit Image-Schaden
Anders verhält es sich bei Gerd Merkle (CSU), der als Baureferent mit der Herkulesaufgabe betraut war, den Ideenwettbewerb zum Innenstadtumbau umzusetzen. Trotz erheblicher Widerstände aus der eigenen Fraktion. Trotz eines Bürgerbegehrens „Pro Tunnel“, trotz diverser Pannen wie zum Beispiel bei der Wahl bestimmter Pflastersteine oder der Barriere-Problematik bei den Straßenbahnen ist festzuhalten, dass Gerd Merkle als Baureferent in die Geschichte der Stadt eingehen wird. Er hat den größten und teuersten Innenstadtumbau aller Zeiten gestemmt. Merkle hat bei diesem epochalen Projekt einen sehr guten Job gemacht. Dennoch ist Baureferent Merkle am Ende seiner ersten Amtszeit nicht unbeschädigt. Dass er tiefe Image-Dellen zu verkraften hat, ist seiner Eitelkeit geschuldet. Zunächst ließ er Kulturreferent Peter Grab aus einer persönlichen Abneigung heraus bei der Ausschreibung des Theatercontainers sehenden Auges gegen die Wand laufen. Das CFS-Debakel wird auch mit seinem Namen verbunden. Sein Kommunikationsverhalten zu Beginn des Debakels könnte als abschreckendes Lehrbeispiel in jedem Handbuch für Kommunalpolitiker stehen. Als Merkle zu spät bei beiden Krisen-Projekten die Federführung übernahm, brachte er sie mit kühlem Kopf in trockene Tücher. Baureferent Merkle ist politisch umstritten. Von der Verwaltung wird er als sehr effizienter und kompetenter Fachreferent geschätzt. Von der SPD wird Gerd Merkle gerne als Trickser bezeichnet, weil er aus ihrer Sicht dem Stadtrat öfteres Informationen aus politischen Gründen vorenthielt oder unzureichend darstellte. Dennoch besitzt Gerd Merkle gute Chancen, dass ihm der neu gewählte Stadtrat eine zweite Runde genehmigt.
Eva Weber machte einen ordentlichen Job
Eva Weber (CSU) übernahm für den glücklosen und später schwer erkrankten Andreas Bubmann Mitte 2011 den Stab des Wirtschaftsreferenten. Es besser als Bubmann zu machen, sei leicht, so die lapidare Vorgabe zum Start Eva Webers, weshalb sich niemand darüber wunderte, dass es Eva Weber besser als Bubmann machte. Sie sei sehr fleißig, heißt es in der Verwaltung und sie besitze sehr gute Qualitäten in Personalführung. Ihre Mitarbeiter seien stets sehr motiviert. Weber machte einen ordentlichen Job, ist aber nicht der Überflieger wie sie zum Beispiel von Kurt Gribl gerne dargestellt wird. Im Gegensatz zu Bubmann besitzt Eva Weber Sendungsbewusstsein. Ihr Facebook-Auftritt ist zwar künstlerisch interessanter als der von Peter Grab, aber nicht weniger narzisstisch. Sie nimmt Einladungen zum literarischen Salon an, spricht gerne und klug über Literatur und gab zuletzt in Sachen Ansiedlung des Französischen Sportartikel-Händlers Decathlon als Wirtschaftsreferentin keine gute Figur ab. Eva Webers Wiederwahl ist nicht besonders wahrscheinlich.
Wer neuer Kulturreferent wird, ist völlig offen. Nur einer kommt dafür nicht in Frage: Peter Grab
Bezüglich Augsburgs Kultur-und Sportreferent hat die DAZ längst den Daumen gesenkt. In allen Ecken der politischen Stadt hat sich nach und nach die Erkenntnis durchgesetzt, dass Peter Grab (Pro Augsburg) als Kulturreferent ein großes Missverständnis darstellt. Ein Missverständnis, das nicht weiter kommentiert werden muss und sich nicht mehr wiederholen wird, so der Schwur bei allen politisch Verantwortlichen dieser Stadt. Wer Referent wird, entscheidet der Stadtrat. Wer neuer Kulturreferent wird ist derzeit völlig offen, nur einer kommt dafür nicht mehr in Frage: Peter Grab, der sich weder bei den Kulturschaffenden noch bei der Verwaltung noch innerhalb der politischen Kaste ein Jota Respekt erarbeitet hat. Peter Grab ist der einzige Referent ohne CSU-Parteibuch. „Seine“ Wählervereinigung „Pro Augsburg“ ist, wie der Referent selbst, politisch in Augsburg nie angekommen. Seine Wiederwahl als Kulturreferent ist auszuschließen.
Finanzreferent Weber: „Hermann im Glück“
Hermann Weber (CSM) ist ein Lokalpolitiker mit hoher Reputation und als Finanzreferent über alle Parteien hinweg als geradliniger Sparer bekannt. Er war 38 Jahre CSU-Mitglied und ist als CSU-Referent gestartet, hat aber mit seiner stoischen Entschlossenheit im Jahre 2010 die politische Struktur der Stadt erheblich verändert, indem er zusammen mit fünf anderen CSU-Stadträten die CSU-Fraktion verließ und mit der CSM eine neue politische Gruppierung gründete, die im Lauf der Zeit ein Profil entwickelte, das die Lagermentalität im Augsburger Stadtrat aufbrach. Hermann Webers Ära als Finanzreferent war von schwierigen Haushaltsentwürfen geprägt, die aber stets aufgingen, weil „Hermann im Glück“ zweimal mit nicht vorhersehbaren Einnahmen überrascht wurde. Nach einer Netto-Neuverschuldungs-Aufnahme von 50 Millionen Euro (eine historischer Rekord), die von der Regierung von Schwaben nur genehmigt wurde, weil sich die Stadt verpflichtete, pro Jahr 6 Millionen zur Schuldentilgung in den Haushalt einzustellen, musste Weber damit rechnen, dass er als Groß-Schuldenmacher und kleinkarierter Sparkommissar zugleich in die Stadtgeschichte eingeht. Die Schuldentilgungsverpflichtung der Stadt sorgte bereits im Folgejahr für politische Turbulenzen, die aber abebbten, als eine unvorhersehbare Steuernachzahlung über 30 Millionen Euro und eine um zirka 22 Millionen Euro erhöhte Schlüsselzuweisung in die Stadtkasse flossen. Die Frage, ob Hermann Weber eine zweite Stadtratsperiode als CSM-Finanzreferent mitgestalten kann, hängt natürlich im hohen Maß vom Wahlergebnis ab. Webers CSM ist in Sachen Wählerzuspruch schwer einzuschätzen. Dass Weber als Finanzreferent vom Stadtrat wieder gewählt wird, gilt im Falle seiner Kandidatur als wahrscheinlich.
Hermann Köhler: Ein Referent ohne Fehl und Tadel
Hermann Köhler (CSU) ist der einzige Referent, dessen Wiederwahl in Stein gemeißelt ist. Im Jahre 2008 wurde Köhler bei der Referentenwahl von der SPD als Alternative zu Gribls weiblichen Doppelspitze zur Wahl des Bildungsreferenten vorgeschlagen. Köhler setzte sich überraschend durch. Und er machte ohne Startschwierigkeiten einen guten Job, da er als Leiter des Schulamtes der Stadt Augsburg vom Fach war und nur den Schreibtisch wechseln musste. In der Schulsanierung ist zwar mehr investiert worden als je zuvor, aber selbst Köhler gibt zu, dass es in dieser Angelegenheit nach oben noch sehr viel Luft gibt. Der Sanierungsstau bei den Augsburger Schulen geht zurück bis in die siebziger Jahre. Es ist davon auszugehen, dass es noch zwei bis drei Stadtratsperioden braucht, bis dieses Defizit abgearbeitet ist. In Sachen Ganztagsschulen hat Köhler viel erreicht. Die Lage müsse zwar noch stabilisiert werden, aber immerhin ist heute in Augsburg jedes Kind bei Bedarf in der Lage, eine Haupt- oder Mittelschule im Ganztagesmodus zu besuchen. Das Bauprogramm bezüglicher neuer Schulen wurde unter der Ägide von Köhler erfolgreich fortgeführt. Das dringlichere Schulraum-Programm ist dem gestiegenen Bedarf angepasst worden. Köhlers Bilanz und sein politisches Wirken sind ohne Fehl und Tadel. Fast alle Entscheidungen in Köhlers Bildungsausschuss wurden einstimmig getroffen. Man mag nachfragen, wo man will, über Hermann Köhler wird in der Verwaltung kein schlechtes Wort verloren.
Zum Schluss ist festzuhalten, dass an diesem möglichen „Nach der Wahl Szenario“ kaum noch etwas stimmig wäre, falls es der CSU wider Erwarten gelingen sollte, zusammen mit einer anderen Partei eine Mehrheitskoalition zu schmieden. Vor der Wahl ist vor der Wahl und nach der Wahl ist nach der Wahl. Falls es mit einer Umfaller-Partei für eine Mehrheitsbildung reichen sollte, wäre die CSU wieder im Spiel.