Kommentar zur Maximilianstraße: Ballermann und Gewalt gegen Polizei hat die Stadt Augsburg mit zu verantworten
Nach den nächtlichen Ausschreitungen von Samstag auf Sonntag muss für den Partymob in Augsburg ein gewaltiges No-Go seitens der Stadt Augsburg erfolgen. Die Zeiten, als die Stadt an die Erzählung vom friedlichen Feiern glaubte, gehört nun der Vergangenheit an.
Kommentar von Siegfried Zagler
Die sinnfreien Sauf-Sausen auf der Augsburger Maximilianstraße, die zu Beginn der Gribl-Ära ihren Lauf nahmen und damals “Maxfeste” hießen, haben die Augsburger Prachtstraße zur Partymeile definiert und den Trading-Down-Effekt einer Straße eingeleitet, die die Stadt bisher im Innersten zusammenhielt. Die aktuelle Situation in der nächtlichen Maxstraße mit Angriffen des Partymobs auf Polizisten, mit Sauf- und Gewaltexzessen, mit einer hemmungslosen Vermüllung muss als Höhepunkt des Niedergangs eines Ortes bewertet werden, der früher der Stolz der gesamten Bürgerschaft dieser Stadt war.
Öffentlicher Rausch wurde lange von der Stadt kulturell verklärt
Die gesellschaftliche Verrohung, die öffentliche Zelebration eines juvenilen Hedonismus, dessen Akteure sich selbst in ihrer Reduziertheit öffentlich feiern, hat viele Gründe, einer war das Maxfest, der zweite die sogenannten Augsburger “Sommernächte”, die auch mal von den Augsburger Philharmonikern eröffnet wurden. Die Lust auf öffentlichen Rausch, die Lust auf temporäre Selbstauslöschung, auf provokative Exzesse wurde viele Jahre von der Stadt kulturell verklärt und mit Steuermitteln gefördert – und merkwürdigerweise als Medienpartner von der Augsburger Allgemeinen journalistisch begleitet.
Damit muss nun Schluss sein. Auch wegen Corona, da es durchaus möglich ist, dass bei den Sauforgien auf der Maxstraße Superspreader-Ereignisse stattfinden, die mit monatelanger Verzögerung für Krankheit, Tod und Lockdown sorgen. Knapp 30 Prozent der Augsburger sind erst vollumfänglich geimpft – darunter sind die wenigsten Partygänger.
Dass die Augsburger Politik nicht in der Lage war, das exzessive Treiben auf der Maxstraße mit verlängerten Sperrfristen, To-Go-Abgaberegulierungen, Ordnungsmaßnahmen und naiven Appellen in den Griff zu bekommen, überrascht niemanden. Dass es keine rigorosen Alkoholverbote gibt, hat wohl auch mit dem politischen Aufstieg eines Maxstraßen-Königs zu tun: Leo Dietz, der in der Augsburger Prachtstraße Party-Kneipen betreibt und somit als Interessenvertreter in eigener Sache die aktuelle Situation mitbefeuert hat.
Leo Dietz sollte sein Stadtratsmandat zurückgeben
Dietz hätte, wäre er ein seriöser Politiker, seine Kneipen verpachten oder verkaufen müssen, als er in den Stadtrat einzog. Dafür ist es längst zu spät, also sollte man ihm nahelegen, sein Stadtratsmandat aufzugeben, denn Dietz hat es geschafft, dem Stadtrat weiszumachen, dass die alkoholbedingten Partyexzesse gut für das Allgemeinwohl seien, da dadurch Frustbewältigung kanalisiert und anonyme häusliche Gewalt verringert werden könne.
Die Sauf-Gastronomie als Problemlöser? Auf diesem Niveau befindet sich der Augsburger Stadtrat, der es immer wieder zuließ, dass die politische Spitze wie zum Beispiel Oberbürgermeisterin Eva Weber in regelmäßigen Abständen die Erzählung vom “friedlichen Feiern auf der Maxstraße” bemühte. Weder Ordnungsreferent Volker Ullrich (CSU), noch Ordnungsreferent Dirk Wurm (SPD), noch Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU) waren bisher in der Lage, die nächtliche Maxstraße zu befrieden, also dafür zu sorgen, dass man als normaler Bürger auch zu bestimmten nächtlichen Zeiten dort ausgehen möchte.
Die Party ist vorbei
Wer glaubt, dass man mit den Unmengen Alkohol, die dort verkauft werden, ein “friedliches Feiern” ermöglichen kann (mit Hygieneauflagen), lebt ein Leben außerhalb der Realität.
Die Mehrheit der Augsburger Bürgerschaft erlebt die sommerlichen Max-Nächte von Donnerstagabend bis Sonntagmorgen als Barbarei. Auch dann, wenn im Polizeibericht von einer “ruhigen Lage” die Rede ist. Die Stadt Augsburg müsste endlich ein Einsehen haben und sich die eigenen Versäumnisse vor Augen halten. Doch danach sieht es noch nicht aus. Wenn man die aktuelle Stellungnahme der Stadt und der Polizei liest, hat man den Eindruck, die politisch Verantwortlichen wollen Schaden von sich selbst abhalten, indem sie einen diffusen Sündenbock erkannt haben wollen.
Das Problem besteht nicht aus gewaltbereiten “Krawalltouristen”, die den heimischen wie friedfertigen Partygängern den öffentlichen Rausch vermiesen. Das Problem ist hausgemacht. Die Party in der Augsburger Innenstadt sollte nun zu Ende gehen. Ein rigoroses Alkoholverbot würde dies ermöglichen.