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Freitag, 19.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

MEINUNG

Kommentar: Vorhang auf für die Bruno-Marcon-Show

Warum die Bürgerliste “Augsburg in Bürgerhand” ein Paradoxon ist – und dennoch nicht abschmieren muss

Kommentar von Siegfried Zagler

Man hat befürchtet, dass es schlimm wird, aber dass es so schlimm kommt, war dann doch nicht zu erwarten. Seit Freitagabend können WWW ruhiger schlafen. Gemeint sind Eva Weber, Martina Wild und Dirk Wurm, die einen weiteren Konkurrenten bei der Oberbürgermeisterwahl wohl nicht fürchten müssen. 

Dafür ist die Liste hinter Bruno Marcon zu schwach besetzt: Keine Gesichter aus der Stadtgesellschaft, den Vereinen, keine Aktivisten vom Schlag eines Peter Bommas, kein Dietmar Egger, kein Harald Munding, kein Akteur aus der Künstlerszene, kein amtierender Stadtrat á la Otto Hutter, keine Sonderbegabung á la Volker Schafitel, kein spannender Akteur aus dem Universitätsbereich. Kann das eine Liste sein, die das Spektrum der aufgeklärten Augsburger Bürgerschaft widerspiegelt? Eine Liste, die einen OB-Kandidaten für das hohe Amt trägt und legitimiert? 

Die Fragestellung trägt die Antwort bereits in sich und diese lautet “Nein”. Diese Liste ist eine one-man-show-list, ist also eine Liste, die sich Bruno Marcon selbst geschnitzt zu haben scheint. Mit dieser Liste steht eine homogene Gruppe hinter ihm, die seinen Guru-Status untermauern und verfestigen wird. Diesen Status hat sich Marcon in der Hauptsache durch seine Auftritte und den damit verbundenen Erfolg beim “Bürgerentscheid Fusion” erworben. “Bruno and Friends” könnte man diese Liste nennen. Marcon hat die Baumallianz gegründet, Solawi gegründet und ist die große Integrationsfigur bei Attac Augsburg.

Marcon ist Mitte 60 und ist in Sachen Überzeugungskraft und politischer Aura begabter als die Kandidaten der drei großen Parteien. Ein Zoon politikon, wie er bei Aristoteles im Buche steht. Er wollte wohl kein Risiko gehen und andere Begabungen auf die Liste nehmen, die mit ihren Kompetenzen und ihren großen Egos das Gesamtprojekt gefährden könnten. 

Das ist einerseits bedauerlich, weil die Defizite des Augsburger Regierungsbündnisses eben Listen dieser Art hohen Wählerzuspruch bescheren, aber wohl eher nur, wenn sich darin fachliche wie soziale Kompetenzen abbilden. Andererseits sind one-man-shows, wenn sie gut sind, sogar erfolgreicher als die Strukturen demokratischer Parteien, weil es – heute mehr denn je – in der Politik auf den einen Mann, auf die eine Frau ankommt, der/die an der Spitze steht und Führung übernimmt.

Festzuhalten ist jedenfalls an dieser Stelle das Paradoxon, dass sich eine Bürgerliste gebildet hat, deren Akteure sich für mehr Demokratie stark machen, sich dabei aber um einen begabten Redner mit Guru-Status versammeln.