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Dienstag, 19.03.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Meinung

Kommentar zur Stellungnahme der Bürgerliche Mitte: Schlimmer geht es kaum

Dass sich der Bayerische Landtagsabgeordnete Dr. Fabian Mehring (FW) in den sozialen Medien beinahe täglich als Narzisst outet, sich toll und tüchtig findet, ist zwar peinlich – muss man ihm aber nicht übelnehmen. Dass sich Politiker auf Facebook und Instagram blamieren, ist in Augsburg nichts Besonderes.

Kommentar von Siegfried Zagler

Straßenblockade in Berlin © Jakob Schäfer

Dass Mehring dabei in AfD-Manier gegen die Grünen und „kriminelle“ Klimaaktivisten ledert, als wären sie eine Gefahr für Rechtsstaat und bürgerliche Weltordnung, hat dagegen schon mehr Gewicht. Doch so richtig erst nehmen sollte man seine Tiraden nun auch wieder nicht, da im nächsten Jahr Landtagswahlen sind und anschließend Mehrings kaum beachtete Sottisen als kurzatmige Wichtigtuerei auf den Müllberg der Geschichte landen werden. Davon sollte man ausgehen, darauf darf man hoffen.

Anders verhält es sich bei Peter Hummel, der 2020 für die Freien Wähler in den Augsburger Stadtrat einzog. Ihn muss man als Stadtrat sehr wahrscheinlich bis 2026 ertragen. Das ist zu befürchten, selbst wenn das Landgericht das Urteil des Augsburger Amtsgerichts bestätigen sollte und Hummel somit von jedermann ungestraft als „Verleumder“ bezeichnet werden dürfte. Doch bis dahin sollte Peter Hummel als Ehrenmann und unbescholtener Bürger der Stadt Augsburg gelten. Schuld ist etwas, das ein Gericht feststellen muss. Wird jemand außerhalb der Rechtspflege als „schuldig“ verurteilt, dann ist diese Form der Vorverurteilung schändlich und justiziabel.

Aus diesem Grund ist die Pressemitteilung der Bürgerlichen Mitte, die von Hummel angezettelt wurde, eine Schande für den Augsburger Stadtrat und eine schwere Belastung für die Augsburger Lokalpolitik. Es geht um eine Stellungnahme, die implizit Klimaaktivisten eine Mitschuld am Tod einer Fahrradfahrerin unterstellt, da ihre Straßenblockade die Fahrt des Rettungswagen verzögert haben soll. Sollte diese Lesart des Unglücks zutreffen, was selbstverständlich erst nach Abschluss und Veröffentlichung der polizeilichen Ermittlungen denkbar wäre, dann hätte das zuständige Gericht den komplexen Sachverhalt von Kausalität und Zurechenbarkeit zu untersuchen. Dass den Blockierern eine Teilschuld zurechenbar ist, ist zwar möglich, aber eher unwahrscheinlich.

Die Pressemitteilung der Bürgerlichen Mitte ist niederträchtig und unerträglich infam, weil sie einen Straftäter-Zusammenhang herstellt, den es möglicherweise gar nicht gibt – und die Fraktion dieses Konstrukt populistisch für sich zu nutzen trachtet, da die FW, die FDP und Pro Augsburg offenbar davon ausgehen, dass man durch Kriminalisierung der Klimaaktivisten politischen Profit „erwirtschaften“ kann. Dr. Ingo Blechschmidt, der Kopf des Augsburger Klimacamps, hat mit dem Berliner Unglück nachweislich nichts zu tun, wird aber von der Bürgerlichen Mitte in Sippenhaft genommen, weil er im Impressum der Homepage „Letzte Generation“ steht.

Diese Form der Politik ist unterste Schublade und beispiellos in der langen Geschichte der Augsburger Lokalpolitik.