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Dienstag, 04.03.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Kein Platz für Architektur

Kommentar von Bruno Stubenrauch

Gleich in zweierlei Hinsicht ist auf dem Parkplatz an der Kasernstraße neben dem Theater kein Platz für Architektur:

Zum einen steht der Container, den der Stadtrat hinter verschlossenen Türen als Ersatzspielstätte für die Komödie beschlossen hat, physisch der künftigen Theaterarchitektur im Weg. Befindet er sich doch exakt an der Stelle, wo im ersten Schritt der Generalsanierung des Theaterstandortes der Neubau für die Werkstätten, Probebühnen, Verwaltung und die mittlere Spielstätte entstehen soll.

Zum anderen soll die – 250 Zuschauer fassende – Ersatzspielstätte als ein Stück Nicht-Architektur ohne ästhetischen Anspruch entstehen. So sieht jedenfalls die Vision des Theaterarchitekten Professor Jörg Friedrich aus Hamburg aus, der laut Kulturreferent Peter Grab die Planung des Containers übernehmen wird.

Dort wird der Container stehen: Parkplatz an der Kasernstraße

Aus Sicht des Theaterarchitekten, der die Grundlagen zur Generalsanierung ermittelt und das große Ganze für den Theaterstandort im Auge hat, ist die Errichtung einer anspruchslosen Blechkiste, die quasi als „Stachel“ den Augsburgern und ihren Politikern täglich signalisiert „Ich bin ein Provisorium, holt mich hier raus“, logisch. Ein Intermezzo eben. Ganz anders die Sichtweise der Augsburger Lokalpolitik: Dort wird das Intermezzo zum eigentlichen Bauvorhaben, zum Bauwerk, das die Komödie ersetzt. Nur das zählt.

Man richtet sich bereits auf den Zeitraum zweier Legislaturperioden ein, eine für Lokalpolitiker fast unvorstellbar lange Zeit. Es verwundert deshalb nicht, dass die Friedrich’sche Interpretation der Aufgabe zumindest beim Kulturreferenten erstes Unbehagen ausgelöst hat. Am liebsten sähe Peter Grab den negativ besetzten Begriff „Container“ wieder eingefangen und durch einen duftigen „Leichtbau“ ersetzt.

Lageplan: Container beim Stadttheater

Etwas Ästhetik täte dem „Leichtbau“ wirklich gut: Schließlich steht er nicht im Industriegebiet oder versteckt in einem Hinterhof. Vielmehr wird er Teil des öffentlichen Raums, des Ensembles, das künftig den neuen Kennedy-Platz und das nördliche Ende des Augsburg Boulevards definieren wird – und er wird dies während seiner Standzeit erleben. Auch die von einer gut gemachten Lösung zusätzlich generierte Anziehungskraft Augsburgs als Theaterstandort darf man nicht unterschätzen.

Es ist deshalb schade für Augsburg, dass den Stadträten am 17. Dezember, wenn sie – erneut hinter verschlossenen Türen – den Projektbeschluss für die Ersatzspielstätte fassen werden, mit der Friedrich’schen Containerlösung nur eine einzige Variante zur Auswahl steht. Mit 4,7 Millionen nicht einmal eine besonders kostengünstige, wie der Blick über die Landesgrenzen hinaus zeigt:

Auf dem Schlossplatz in Berlin steht für 950.000 Euro die fassadenbespielte Temporäre Kunsthalle, zwar ohne Bühnentechnik, aber mit 55*20*11 Metern doppelt so groß wie der Augsburger Container. Die Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorf gastierte 2006 in der Ersatzspielstätte „Rhein-Oper-Mobil“ im Globe-Theatre-Stil mit 800 Zuschauerplätzen bei Baukosten von 1,3 Millionen. Und die Bayerische Staatsoper wird ab kommendem Sommer über das vom Wiener Architekturbüro Coop Himmelb(l)au geplante, 300 Zuschauer fassende transportable Mini-Opernhaus „Pavillon 21“ verfügen, für 2,1 Millionen netto.

Dass bisher nicht über die Höhe der Baukosten, sondern nur über die Art der Finanzierung diskutiert wurde, ist wohl dem Umstand geschuldet, dass man im Windschatten einer gigantischen Zahl segelt: 100 Millionen soll nämlich die Sanierung des gesamten Theaterkomplexes kosten. Da kommt es auf die eine oder andere Million nicht mehr an.

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