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Mittwoch, 23.04.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Kommentar zu Katar: Groteskes DFB-Ausscheiden bei der Schmiergeld-WM

„Von den Blue Samurai die Wüste geschickt“ könnte man titeln, wäre Japan nicht gestern gewesen, wie Bundestrainer Hansi Flick vor dem Costa-Rica-Spiel anmerkte. 

Von Siegfried Zagler

Foto: DAZ

Dabei darf man sich als Wüste nicht den arabische Sand vorstellen, auf dem der bizarre Reichtum bizarrer Monarchien gebaut ist, sondern das graue nasskalte Deutschland, wo sich gerade die vorweihnachtliche Einzelhandelsromantik ausbreitet. Also jenes kulturell gewachsene Konstrukt, das spirituelle Tradition mit familiären Zwängen dynamisiert und so mit einem irrwitzigen Umsatzsprung jedes Jahr den amazon-gebeutelten Einzelhandel rettet.

Womit an dieser Stelle gesagt sein soll, dass man sich im „Land der Dichter und Denker“ nicht weit aus dem Fenster lehnen sollte, wenn es darum geht, die kulturelle Differenz zwischen dem „aufgeklärten Abendland“ und dem „hinterwäldlerischen Morgenland“ herauszustellen. Im Königreich Katar herrschen menschenverachtende Zustände, die FIFA ist unheilbar korrupt und das ehemalige Aushängeschild für deutsche Qualitätsarbeit ist nach zwei WM-Gruppenblamagen in Folge zu einer Lachnummer des Weltfußballs geworden.

Das sind drei „Fußball-Weisheiten“, die so allgemeingültig wie banal sind, sodass sie sich von niemanden umdribbeln lassen. Außer von Stan Libuda vielleicht – oder mit dem Krisensprech von Oliver Bierhoff, dessen Performance bereits als Kicker schwer zu verstehen war. Zum Sportlichen: Wenn am letzten Gruppenspieltag Japan gegen Spanien gewinnt, scheidet Deutschland aus. Das war die Konstellation vor dem Match gegen Costa Rica. Japan hat gewonnen. Deutschland ist ausgeschieden und Ende: Japan ist heute – Deutschland war gestern!

Noch eins vielleicht: Sebastian Schweinsteiger! Er ist tatsächlich nach Günter Netzer der zweite öffentlich-rechtliche Fußballexperte, der das auf dem Rasen Geschehene in seine eigene Sprache übersetzen kann und das Offensichtliche nicht den Reportern und Moderatoren nachplappert. Seinen einfachen wie zutreffenden Analysen ist kaum etwas hinzuzufügen. („Costa Rica war plötzlich das bessere Team.“). Die DFB-Truppe ist zweimal als Tiger gestartet und zweimal als Bettvorleger gelandet – in den kargen Schlafzimmern der zweitklassigen Teams von Japan und Costa Rica. Wer sich so bei einer WM präsentiert, geht schwer beschädigt aus ihr heraus.

Andererseits funkelt im Ausscheiden aus der Katar-WM der ironische Gedanke, dass die hochveranlagte DFB-Truppe, hätte Dani Olmo in der Nachspielzeit für Spanien auf 2:2 gestellt, sich gegen Marokko ins Viertelfinale gegurkt hätte, um schließlich mit einer perfekten Vorstellung Brasilien zu besiegen und im Halbfinale zu landen, wofür der DFB ein halbes Jahrhundert eine Art Dauerabonnement gebucht hatte.

Irreparabel beschädigt kehren Bundestrainer Hansi Flick und das Trainerteam von der Schmiergeld-WM nach Deutschland zurück. Jogi Löw und Co. durften nach zahlreichen Grottenkicks viel zu lange bleiben, was mit dem in Führungskrisen verstrickten DFB zu tun hatte. Hätte der DFB Analyse- und Handlungsstärke, wäre Bierhoff längst als Fehlbesetzung enttarnt und die Tage von Flick gezählt. Es sind nicht nur die beiden schlecht gecoachten Gruppenspiele, die Flick zu verantworten hat, dies nur nebenbei.

Die Katar-WM geht nun ohne die deutsche Vertretung weiter. Irgendwie fühlt sich das auch richtig an. Mit den Deutschen ist eine zu einfältige wie zu smarte Truppe ausgeschieden. Ein Widerspruch? Ein Widerspruch, den Karl Valentin möglicherweise mit der Wortschöpfung des „Gucci-Beamten“ aufgelöst hätte: sauber gezwirnt, aber ohne Feuer.

Um einen Schlusssatz frei nach Valentin kommt man ohnehin nicht herum, da in der gestrigen DFB-Startelf (nimmt man Niklas Süle hinzu) acht Spieler von Bayern München standen: Die WM in Katar bleibt auch ohne weiteren DFB-Kick von sportlicher wie kultureller Bedeutungslosigkeit gezeichnet. Es handelt sich also um ein Ereignis, das man noch nichtmal boykottieren muss.