Kaffee-Kränzle im Land des Lächelns – Kommentar zum Wahlkampf der CSU
Eine CSU-Kampagne zur Kommunalwahl ganz ohne CSU ist eine Erfindung der Agentur der OB-Kandidatin Eva Weber. Eine Kampagne, die verliert verliert und verliert
Kommentar von Siegfried Zagler
Lange war es so: Die CSU suchte sich eine Kandidatin, einen Kandidaten legte ihr/ihm einen weiß-blauen Kranz aufs Haupt und lieferte einen Spruch dazu, fertig war die Laube: „Unser Oberbürgermeister für Augsburg“. Mit Kurt Gribl sollte sich das ändern. Der noch amtierende CSU-OB wurde von einer Agentur gemacht. Diese Agentur konnte anschließend den Satz sagen: „Wir sind Oberbürgermeister“, zumal eine Texterin dieser Agentur die spätere Frau Gribl werden sollte. Kurt Gribl setzte sich, das ging dabei ein wenig unter, gegen einen amtierenden SPD-OB durch, der als kleiner Sonnengott durch die Stadt schwebte, und sich dabei unwählbar machte. Dennoch galt die Agentur als Königsmacherin. Die CSU verlor dabei einen Sitz im Stadtrat. Sechs Jahre später: Die gleiche Agentur gewinnt mit dem gleichen OB, der über 50 Prozent erhält, erneut die Wahl. Die CSU verliert zwei Sitze im Stadtrat.
2020 verfertigte wiederum die gleiche Agentur ein kommunales Wahlkampfkonzept, in dem die CSU quasi nur noch als Wortspiel vorkommt. Der Fokus gilt allein der OB-Kandidatin Eva Weber, die von bonbonfarbenen Plakaten herab den Eindruck vermittelte, ein Operetten-Star aus dem Land des Lächelns zu sein und mit Sternchen und Rakete ein inhaltliches Strohfeuer nach dem anderen abfackelt. Inhalte, die von der Kandidatin kommen, nicht von der CSU.
Unter anderem ein „Mobilitätsreferent“, ein Eingeständnis, ja beinahe ein Geständnis des Versagens. Schließlich war in den vergangenen zwölf Gribl-Jahren Eva Weber mindestens sechs Jahre politisch für Mobilität zuständig. (Der Königsplatz-Umbau ist nicht gelungen, der Bahnhof ist nicht fertig, die Tarifreform der VGA brachte die Bürgerschaft auf die Palme, zwischen Rathaus und Dom brettern jeden Tag 26.000 Autos durch, das Ziel Fahrradstadt wurde weit verfehlt, ein Radbegehren greift vor allen anderen die Verkehrspolitik der CSU an, die in den vergangenen 30 Jahren 24 Jahre an Macht war.).
„Wie viel Gribl steckt in Eva Weber?“, titelte kürzlich die Augsburger Allgemeine, die bedeutsamere Frage ist aber noch nicht gestellt: „Wie viel CSU steckt in Eva Weber?“ Die Recherche dazu wäre nicht einfach, da sich vor der Wahl die CSU dergestalt artig hinter Eva Weber stellt, dass man glauben könnte, sie existiert nicht mehr. Dabei steht Weber nicht für die CSU. Das ist die Botschaft ihres Wahlkampf, der ohne CSU-Markenkern über die Bühne zu gehen scheint: Ein Granatenfehler, der an die SPD-Kampagne von Bulach/Eisele 1990 erinnert. Ein Wahlkampf am Markenkern der SPD vorbei ließ den damaligen Kandidaten und die SPD in den Keller purzeln, noch vor dem allgemeinen (bundesweiten) Niedergang der SPD.
Martina Wild repräsentiert den Grünen Markenkern wesentlich stärker als Eva Weber denjenigen der CSU. Die Grünen fahren einen Wahlkampf, der konservativer ist als derjenige der CSU. Das Gleiche gilt für Dirk Wurm. Beide haben offensichtlich erkannt, dass es am klügsten ist, Eva Weber unbehelligt ins Verderben laufen zu lassen – mit einer Haferflocken-Kampagne ohne Botschaft und Adressat. Während Eva Weber ein neoliberales Branding der Weltläufigkeit verschafft wird, verliert die CSU erdrutschartig in geheimgehaltenen Umfragen, weshalb nachgebessert werden soll.
CSU-Plakate sollen nachgeschoben werden. Man mag es kaum glauben! Und am kommenden Samstag ist sogar ein Mann ins „Camp Eva“ eingeladen, der wie kein anderer die CSU-Geschichte der Stadt geprägt hat, nämlich Bernd Kränzle. Nicht um harten Wahlkampf zu machen, oder um eine knifflige Angelegenheit aufzulösen (beides kann er meisterhaft), sondern als Erzählonkel: Ab 15 Uhr soll er in der Maximilianstraße 37 beim „Kaffeekränzle“ aus 40 Jahren Kommunalwahlkampf in Augsburg erzählen. „Eine sicher launige Stunde mit spannenden Anekdoten aus vielen Jahren aktiver Politik“, wie es vom „Team Eva“ heißt.
Dass laut Einladung diese launige Stunde erst am 22. März stattfinden soll, darf man als freudschen Versprecher ignorieren: Die CSU hat im Wahlkampf zu schweigen. Wäre es anders, würde womöglich auffallen, wie wenig Eva Weber zu sagen hat.