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Donnerstag, 21.03.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

„Jedes Buch kann die Welt verändern“

Augsburgs Wirtschaftreferentin im Gespräch mit der DAZ

Eva Weber (Foto: Siegfried Zagler)

Eva Weber (Foto: Siegfried Zagler)


Seit 1. Juli 2011 ist Eva Weber Wirtschaftsreferentin der Stadt Augsburg und sie gibt dabei – wie von vielen Seiten zu hören ist – eine gute Figur ab. Das Gleiche lässt sich über ihren Facebook-Auftritt sagen, der sich auf angenehme Weise von denjenigen ihrer Referenten-Kollegen abhebt. Das erste DAZ-Gespräch mit der Wirtschaftsreferentin der Stadt Augsburg hat nichts mit „Nebensächlichkeiten“ wie ihrer Amtsführung oder dem Innovationspark zu tun. Diesmal geht es um des Pudels Kern, also ums Ganze: „Wie sehe ich mich selbst?“ Anlass dieses Interviews ist Eva Webers Auftritt im „Literarischen Salon“, wo sie heute Abend im Foyer des Stadttheaters in illustrer Runde womöglich etwas macht, was in der literarischen Welt für ein Privileg gehalten wird: vor Publikum über Literatur sprechen.

DAZ: Frau Weber, Sie sind Wirtschaftsreferentin der Stadt Augsburg und legen einen ziemlich legeren Auftritt auf Ihrer Facebook-Seite hin.

Weber: Vielen Dank für das Kompliment.

DAZ: Das ist ein zweischneidiges Kompliment. Auf Facebook ist alles ist schön, positiv und so wunderbar glatt. Das kann ganz schön nerven, weil wir alle wissen, dass das eine Illusion ist. Trotzdem: Ich finde Ihre Welt auf Facebook gut sortiert, und immer ganz nah am Klischee, aber dann doch mit einer feinen Differenz, die mich irgendwie regelmäßig auf Ihre Facebook-Seite zieht. Dort wird nichts Persönliches verraten, sondern das Persönliche in Farbe inszeniert. Nun die Frage: Wen inszenieren Sie auf Facebook? Wie sehen Sie sich selbst auf Ihrer Seite?

Weber: Sie hatten ein Gespräch über den Literarischen Salon angekündigt – dass Sie nun meine Facebook-Seite rezensieren, bringt mich zum Schmunzeln. – Ich finde es interessant, was Sie aus meinen Postings herauslesen. Sie scheinen davon auszugehen, dass ich mich auf Facebook ganz strategisch bewege mit dem Ziel, ein bestimmtes Bild von mir zu zeichnen.

DAZ: Selbstverständlich gehe ich davon aus.

Weber: Ich sehe es eher so: Ein soziales Netzwerk gibt mir die Möglichkeit, meine Meinungen und meine Ansichten eins zu eins darzustellen. Meine Kontakte und somit auch Sie nehmen Einiges von dem wahr, was ich poste. Sie interpretieren es und ziehen daraus Ihre Schlüsse. Was Sie oder andere mit meinen ‚Botschaften‘ machen, wie Sie sie interpretieren oder was sie da herauslesen: darauf habe ich keinen Einfluss mehr. – Nun zur Frage, wie ich mich selbst sehe. Als Juristin muss ich da ja schon vorsichtig sein, Stichwort Befangenheit. Ich kann Ihnen nur aus meiner Sicht sagen, dass ich meine Aktivitäten auf Facebook vor allem als Einblick in meine Arbeit und damit natürlich auch in meine Person ansehe. Die Arbeit steht für mich eindeutig im Vordergrund, aber ich mache auch mal was anderes als Wirtschaftsreferentin sein. Meine Facebook-Seite zeigt, dass der Gegensatz Arbeit und Leben so nicht stimmt. Die Grenzen sind fließend und müssen von jedem immer wieder selbst gezogen werden.

DAZ: Im Vergleich zu den Facebook-Seiten anderer Referenten der Stadt sind Sie geradezu eine große Künstlerin in der Darstellung dessen, was man als honorige Persönlichkeit gerade noch an Vermengung zwischen Privatem und Beruflichem zulassen kann. Dazu braucht es ein Gespür dafür, wo die Grenze zwischen einer „Charme-Offensive“ und Peinlichkeit verläuft. Manchmal bringen Sie mich sogar zum Schmunzeln, weil sogar ein Schuss Ironie dabei ist. Richtig spannend ist aber die Möglichkeit des Absturzes. Sie kreiseln in Absturznähe um die Narzissmusfalle. Sie führen quasi ein öffentliches Tagebuch. Fürchten Sie nicht, die Balance zu verlieren, indem Sie zu sehr ins Private abgleiten?

Weber: Um mal wieder zum Literarischen Salon zurückzuführen – das wäre doch ein toller Buchtitel: „Charme-Offensive stürzt in Narzissmusfalle“. Nun zu Ihrer Frage: Nein.

DAZ: Das nehme ich Ihnen aus purer Höflichkeit ab. Und nun wagen Sie sich am heutigen Dienstag auf ein nicht weniger schwieriges Parkett mit gefährlicher Fallhöhe. Sie diskutieren im Literarischen Salon unter anderen mit Michael Schreiner (Augsburger Allgemeine) und Kurt Idrizovic. Sie fürchten sich offensichtlich vor gar nichts, denn immerhin stellen Sie auch noch ein Buch vor, das in der Welt des Feuilletons spielt. „Meine 500 besten Freunde“ von Johanna Adorjan. Wie kommen Sie zu diesem halb intellektuellen „Sex in the City“ Verschnitt? Werden Sie es verreißen?

Weber: Wieso gefährlich? Ich wurde gefragt, ob ich Lust hätte und ich habe Lust dazu. Der Literarische Salon ist auch eine schöne Verknüpfung von Arbeit und Leben. Er läuft so ab, dass Kurt Idrizovic einige Bücher vorschlägt, von denen man dann eines auswählt und vorstellt. Das Buch „Meine 500 besten Freunde“ hatte ich schon gelesen, weshalb mir die Wahl leicht fiel. Der erste Blick auf das Cover hat mich im übrigen an Facebook erinnert – da wären wir mal wieder beim Thema.

DAZ: Gibt es nun einen Verriss?

Weber: Einen Komplettverriss kann ich nicht versprechen, ich habe zu dem Werk aber durchaus differenzierte Ansichten.

DAZ: Sind Sie eine große Leserin? Eine Leserättin sozusagen?

Weber: Wenn Sie das eine „t“ wegstreichen, nehme ich den Titel gerne an. Ob groß, weiß ich nicht, aber seitdem ich lesen kann, liegt immer ein Buch auf meinem Nachttisch.

DAZ: Stimmen Sie mir zu, wenn ich sage, dass Bücher die Welt verändern können?

Weber: Ich stimme Ihnen zu. Jedes Buch.

DAZ: Wenn Bücher, die Welt verändern können, dann verändern sie zuerst die Menschen. Gibt es ein Buch oder eine Reihe von Büchern in Ihrem Leben, das (die) vieles oder gar alles verändert hat (haben)?

Weber: Das Buch, das meine Welt verändert hat, heißt „Lies mit Habakuk“.

DAZ: Weil es Ihnen den Zugang zur Welt des Lesens eröffnete, wie ich annehme. „Sage mir, welche Bücher du liest, und ich sage dir, wer du bist.“ Dorothy L. Sayers, Amy Waldman, Herbert Rosendorfer und Erich Kästner: Das sind die Autoren Ihrer Lesetipps. Das bekomme ich nicht auf eine Linie. Mit kommt es beinahe so vor, als würden Sie auch hier sehr darauf bedacht sein, die Balance zu halten. Ich bin beinahe versucht zu sagen, Sie treiben ein Versteckspiel.

Weber: Ich weiß nicht, ob es stimmt, dass man den Menschen an seiner Lektüre erkennt. Auch die Zusammenstellung meiner Büchertipps ist kein Versteckspiel; vor wem sollte ich mich verstecken? Vielleicht haben aber Sie ja jetzt eine Aufgabe für den Sommer: Meine Lesepräferenzen zusammen zu bekommen.

DAZ: Frau Weber, vielen Dank für das Gespräch.

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Fragen: Siegfried Zagler