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Freitag, 22.03.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Japan bewegt Augsburg

Montagabend: gut besuchte Demonstration gegen Atomkraft

In einigen Pressemeldungen war der Versammlungsort falsch angegeben – auch die DAZ hatte gestern berichtet, die Mahnwache gegen Atomkraft werde am Königsplatz stattfinden. Stattdessen trafen sich Atomkraftgegner und von den Vorfällen im japanischen Atomkraftwerk Fukushima aufgebrachte Menschen am Montagabend auf dem Rathausplatz.

„Solidarität und Mitgefühl“ demonstrierte die Augsburger SPD …

„Solidarität und Mitgefühl“ demonstrierte die Augsburger SPD …


Viele Transparente, Kerzen, ein schweigender Kreis, gewidmet der japanischen Bevölkerung, den Opfern und potentiellen Opfern der derzeitigen atomaren Krise im erdbebengeschüttelten Japan: Als die Mahnwache gegen 18 Uhr begann, waren noch nicht allzu viele Menschen dabei, die Stimmung war eher schweigsam und gedrückt. Doch als sich um 18.30 ein Demonstrationszug in Richtung Königsplatz in Bewegung setzte, zeigte sich, dass mittlerweile mehr gekommen waren, als es zunächst den Anschein gehabt hatte. Schätzungen gingen bis zu etwa tausend Teilnehmern – nicht großartig, aber doch beachtlich für eine erst am Sonntag per Pressemitteilungen und viel „social networking“ bekanntgemachte Veranstaltung.

… Meike kam extra aus Kissing um ihr selbstgemaltes Protestplakat in die Höhe zu halten …

… Meike kam extra aus Kissing um ihr selbstgemaltes Protestplakat in die Höhe zu halten …


Am Königsplatz war dann Schluss mit der Schweigeveranstaltung – ans Mikro durfte jeder, der etwas sagen wollte, und der Andrang war beträchtlich. Viel war da von Betroffenheit die Rede, von Mitgefühl für die japanische Bevölkerung, viel auch von Wut auf bundesdeutsche Politik und Wirtschaft, die es geschafft hätten, nach den Atomunfällen von Harrisburg (1979) und Tschernobyl (1986) ihre Interessen immer wieder durchzudrücken und sogar den ohnehin schon verwässerten, von der rotgrünen Koalition geplanten Ausstieg aus der Atomkraft mit der derzeit amtierenden konservativ-liberalen Koalition erneut auszuhebeln. „Wir haben schon in unserer Jugend gegen die Atomkraft gekämpft“, rief eine Frau ins Publikum – „und nichts hat sich geändert.“ Trotzdem gab sie Wunsch und Hoffnung Ausdruck, den jetzt Anwesenden werde eine nachhaltigere Lösung und ein echter Ausstieg aus der Atomkraft glücken. Dazu sei langer Atem nötig, gab ein weiterer Teilnehmer zu bedenken: „Vielleicht müssen wir uns jeden Montag hier treffen, vielleicht zusätzlich Dienstags, und vielleicht auch Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag.“ Es gehe darum, laut und deutlich zu zeigen, „dass wir das nicht mehr wollen.“

… und Greenpeace forderte ganz gelassen: „Endlich mal abschalten.“

… und Greenpeace forderte ganz gelassen: „Endlich mal abschalten.“


Auch der individuelle Beitrag der Bürger zur Akzeptanz der Atomkraft wurde thematisiert. „Mindestens die Hälfte der hier Anwesenden“, vermutete ein Redner, kaufe Atomstrom, anstatt sich an die Anbieter von nachhaltig und ökologisch erzeugter Energie zu halten. Andere Redner verwiesen darauf, dass man in Deutschland – wie bis vorgestern noch auch in Japan – immer glaube, den besten und sichersten Stand der Technik zu verwenden. In Wahrheit aber sei keines der derzeit laufenden deutschen Atomkraftwerke nach dem neuesten Stand der Technik genehmigungsfähig.

Schon am Anfang hatte ein jüngerer Teilnehmer zusammengefasst, was die Demonstranten einigte: „Ich will, dass hier in Deutschland kein einziger Atommeiler mehr läuft. Das geht!“ Viel Applaus für den guten Willen gab es immer – aber noch wenige Vorschläge, wie sich dieser Wille politisch umsetzen lässt.