Ist das Theater noch zu retten?
Sanierungskosten von zirka 200 Millionen Euro: Der Schockzustand ist mit Händen zu greifen. Die Frage, ob und wie man das Theater retten kann, ist seit gestern zur Jahrhundertfrage der Augsburger Kommunalpolitik avanciert.
Von Siegfried Zagler
„Die Nachricht von meinem Tod ist leicht übertrieben“, so eine Depesche von Mark Twain aus dem fernen Europa an eine amerikanische Zeitung, die einer Falschmeldung aufsaß und berichtete, dass Twain verstorben sei. Will man die ersten Reaktionen bezüglich der explodierten Sanierungskosten des Stadttheaters bewerten, sieht es genau umgekehrt aus: Das Theater ist gestern gestorben, aber niemand will es verkünden. – Wie berichtet, ist davon auszugehen, dass die Sanierungskosten für das Augsburger Stadttheater wohl die 200 Millionengrenze überschreiten werden. „Für die Kommune ist das nicht zu stemmen“, so OB Kurt Gribl, der dennoch ein Bekenntnis zum Augsburger Stadttheater abgab: Man dürfe trotz dieser betrüblichen Erkenntnis den Theaterstandort Augsburg nicht aufgeben, so Gribl.
Eine Blitzrecherche der DAZ ergab: Niemand innerhalb der politischen Kaste will den Theaterstandort Augsburg in Frage stellen. Niemand ist aber zugleich in der Lage, laut darüber nachzudenken, wie man mit der Hiobsbotschaft verfahren soll. Fast niemand, denn für den Grünen Stadtrat Christian Moravcik handelt es sich nicht um eine Hiobsbotschaft, sondern um eine einmalige Chance, das „Prinzip Stadttheater“ neu zu definieren. „Wir haben jetzt zum ersten Mal seit 70 Jahren eine echte Chance, gründlich darüber nachzudenken, wie unser Theater in der Zukunft aussehen soll“, so Moravcik, der bereits vor Jahren den Sanierungsstau der Stadt Augsburg auf über eine Milliarde Euro schätzte.
Oberbürgermeister Kurt Gribl zeigte sich gegenüber der DAZ sehr offen und sprach davon, dass es von nun an keine Denkverbote mehr geben dürfe. Die Stadt Augsburg könne diese Kosten nicht allein stemmen, weshalb „wir jetzt nicht einfach in diese Maßnahme gehen können“, so Gribl, der die Situation sehr ernst, aber nicht hoffnungslos einschätzt: „Der Theaterstandort Augsburg darf nicht aufgegeben werden.“ Die Frage, ob er damit den Kennedy-Platz oder die Theaterstadt Augsburg meine, beantwortete Gribl mit einem Wort: „beides.“ Natürlich dürfe auch über eine Verstaatlichung nachgedacht werden – oder an eine eine Greenfield-Lösung (Neubau auf der grünen Wiese), „alle möglichen Vorgehensweisen müssen gedacht werden dürfen“, so Gribl, der noch keine Lösungsansätze entwickelt hat. Nur eins ist aktuell sicher: „Einfach anfangen, das geht nicht mehr.“
Am kommenden Dienstag, 10. Februar, wird das Architekturbüro Achatz den Stadträten des Kultur- und Bauausschusses seinen Planungsstand vorstellen. Theaterchefin Juliane Votteler verfolgt offenbar die Absicht, diese Sitzung emotional aufzuladen. In einem Schreiben an alle Abonnenten bittet die Augsburger Theaterleiterin die „treuen Theaterbesucher“, diese Sitzung zu besuchen: „Mit Ihrer Teilnahme helfen Sie uns dabei, die Wichtigkeit des Theaters und seiner Sanierung zum Ausdruck zu bringen.“