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Dienstag, 03.12.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Heiße Rhythmen für laue Sommernächte

Die Blues Brothers auf der Freilichtbühne

Von Halrun Reinholz



Ein Film auf der Bühne? Regisseur Manfred Weiß und sein musikalischer Leiter Tim Allhoff mussten sich einiges einfallen lassen, um die dynamische und actionreiche Handlung eines solchen Leinwandklassikers einigermaßen adäquat auf die Freilichtbühne zu bringen.




Das Bluesmobil darf natürlich nicht fehlen, wenn die legendären Blues Brothers der Augsburger Freilichtbühne ihre Aufwartung machen. Der auffällige Straßenkreuzer mit aufgesetztem Lautsprecher, der in dem gleichnamigen Film von Dan Aykroyd und John Belushi mit einem aufgetunten 350 PS-Motor durch Chicago braust, immer auf der Flucht vor einem Schlamassel und auf dem sicheren Weg ins nächste Chaos. Der Film von 1980 ist Kult, ebenso wie die Blues Brothers Jake und Elwood mit ihren Anzügen, schwarzen Hüten und Sonnenbrillen.



Der Film lebt von den Action-Szenen, auch von so manchem kalauernden Dialog. Aber vor allem von der Musik. Auch wer den Film nicht kennt, hat die Songs von Aretha Franklin oder James Brown schon gehört und wird sich deshalb vom ersten Takt an im Shake-Modus befinden, mitgenommen auf die musikalische Reise der Freilichtbühne. Die Dynamik der Handlung kann diese jedoch nicht abbilden, das wissen die Macher, deshalb wurde aus Chicago und all den anderen Orten, wo die Blues Brothers im Film ihre Band zusammensuchen, ein Bühnenevent im „Red Gate Park“. Das Konzert der Blues Brothers Band, Höhe- und Endpunkt des Films, findet bereits am Anfang statt und wird durch die Abenteuer und Eskapaden der Brüder immer wieder unterbrochen oder behindert. Für echte Blues Brothers Fans ist das schade, es geht viel von dem Charme der chaotischen Handlung verloren, die im Film dennoch immer zielgerichtet ist. Die Bühne im „Red Gate Park“ bietet dagegen lediglich Raum für immer neue Slapsticks und Rahmenhandlungen ohne zwingende Motivation, daher erschließt sich dem ahnungslosen Zuschauer nur wenig vom eigentlichen Inhalt.



Aber ist die Handlung von Bedeutung? Es geht, so viel ist auch bei der Bühnenversion klar, um Geld für die Rettung des Waisenhauses, in dem James und Elwood von Nonnen aufgezogen worden sind. Das Geld muss beschafft werden, und zwar durch ein Benefizkonzert der Blues Brothers Band. Der Konzert-Trick ermöglicht es der Band (unter der „echten“ Leitung von Tim Allhoff), den ganzen Abend Musik zu machen – mit Gästen und gegen Störenfriede wie die fast schon übertrieben persiflierten Nazis unter der Führung von Heinrich Heinz (Arno Friedrich). Die Reihenfolge der Auftritte von Solisten, Tänzern, Querschießern (die beiden Cops gespielt von Sebastian Baumgart und Matthias Ubert) oder mahnenden Nonnen ist somit fast beliebig und nur der Dramaturgie des Konzerts geschuldet. Hauptsache, jeder Auftritt bietet Raum für Situationskomik.



Wie bei den meisten Freilichtbühne-Produktionen der letzten Jahre besticht auch diesmal wieder die Qualität der Ausführung. Durch die Zusammenwirkung aller drei Sparten und die Mitwirkung von Gästen ergeben sich für die Darsteller ungewohnte Möglichkeiten des Zusammenspiels – und der Präsentation ihrer sonst verborgenen Facetten. Lea Sophie Salfeld kann sich als Sängerin ebenso sehen lassen wie ihr Schauspiel-Kollege Florian Innerebner und Christopher Busietta kann wie Kerstin Descher mit komischem Spielpotenzial punkten. Rocksänger Andy Kuntz, bereits bekannter und gern gesehener Gast auf der Freilichtbühne, erhielt diesmal Verstärkung aus dem Blues-Bereich: Peti van der Velde, David Bruce Whitley und Stephen Shivers. Tim Allhoff hat schon bei „Hair“ vor zwei Jahren bewiesen, dass er die Szene kennt und in der Lage ist, die passenden Leute nach Augsburg zu locken. Bei der musikalisch hochkarätigen Band griff er jedoch eher auf die lokale Szene zu, mit bekannten Namen wie Uli Fiedler, Josef Holzhauser, oder Harry Alt – um nur einige herauszugreifen. Die Freilichtbühne lebt aber auch von der Masse, die die Bühne füllt: Das Ballettensemble zeigte sich wie immer vielseitig und von seiner besten Seite, aber auch die Statisterie war zahlreich vertreten. Statt des vielfach umstrittenen Feuerwerks bietet die Produktion eher Feuer-Effekte anderer Art – leiser, aber nicht weniger spektkulär, zumindest eine kleine Explosion muss bei Blues Brothers schon sein.

Doch nein, die Blues Brothers aus dem Film sind das nicht, was man in diesem Sommer auf der Freilichtbühne sehen kann. Aber Spaß macht es trotzdem, zumal wenn – wie bisher noch – das Wetter mitspielt und uns laue Sommerabende beschert. Dann hat man die Chance, ein hochwertiges Vergnügen zu erleben, Klamauk ohne Tiefgang, aber darstellerisch wie musikalisch erstklassig und mit dem skurrilen Charme der echten Blues Brothers. Die Vorstellungen sind für den ganzen Juli bereits gut gebucht, teils sogar ausverkauft. Ein eindeutiger Hinweis darauf, dass das Theater durchaus nicht nur elitäre Großbürger anspricht.

Fotos: Nik Schölzel