Gerüchte-Melder IV
Nach der Stadtratswahl ist vor der Referentenwahl. In der Zwischenzeit müssen sich die gewählten Stadträte mit „ihren“ Parteien und zusammen mit „ihrem“ Oberbürgermeister auf einen Kurs verständigen. Dabei geht es, sollte man meinen, um Themensetzungen für die kommende Ratsperiode. Am 2. Mai wird in Augsburg ein zweites Mal gewählt: Der Stadtrat wählt „seine“ Referenten. Mitte April sollten die Koalitionsbildungen abgeschlossen sein, damit die Stadträte bei der Referentenwahl wissen, wen sie zu wählen haben. In der Zeit zwischen der Kommunalwahl und der Refentenwahl ist alles im Fluss. Vieles scheint möglich, wenig unwahrscheinlich. In dieser Zeit entstehen in den Parteistuben täglich neue Pläne, die sich als Gerüchte verbreiten und von Auguren bewertet werden. Bis zur Referentenwahl gibt es deshalb das DAZ-Format „Gerüchte-Melder“. Ein Format, das über den sich im ständigen Wandel befindlichen Absichtsstatus der handelnden Akteure und Parteien berichtet und auf Plausibilität abklopft.
„Nur Habenichtse können Fraktionen bilden“
Nach einer DAZ-Recherche sind die Möglichkeiten bezüglich der Bildung von Fraktionen limitierter als sich das einige Akteure der politischen Stadt vorstellen. Die Bayerische Gemeindeordnung sieht die Bildung von Fraktionsgemeinschaften nämlich nicht vor. Das Gleiche gilt für die Geschäftsordnung der städtischen Gremien, die den Sachverhalt unmissverständlich definiert: „Politisch gleichgesinnte Mitglieder des Stadtrates können sich zu Fraktionen zusammenschließen, soweit sie nicht schon einer anderen Fraktion angehören“. Übersetzt bedeutet dies, dass weder die Stadträte der CSM noch die Stadträte Pro Augsburgs noch diejenigen der AfD noch die Grünen Stadträte eine Fraktion mit einer anderen Partei bilden könnten, da diese Stadträte über ihre Listen in Fraktionsstärke in den Stadtrat gewählt wurden. Fraktionen können somit nur gewählte „Habenichtse“ bilden, wie Rainer Schönberg sich gegenüber der DAZ ausdrückte.
Sitzverteilung in den Ausschüssen: CSU 5, SPD 3, Grüne 1, AfD 1, Pro Augsburg 1, CSM 1
Somit wäre eine Fraktion namens „FW/Linke/ÖDP/Polit-WG“ tatsächlich ein gängiges Modell, da keine der Parteien über Fraktionsstärke (3 Sitze) verfügt. Dieses sechsköpfige Nützlichkeitsgebilde käme in den Genuss einer ganzen Geschäftsführerstelle und könnte großräumige Büroräume im Rathaus beanspruchen. In kleineren Formaten gab es diese Form der Fraktionsbildung in der Ära des Regenbogens. Nach der Wahl 2002 bildeten Knipfer und Malik (FBU) mit Schönberg (FW) eine Fraktion namens „FBU/FW“, die ebenfalls dem Regierungsbündnis „Regenbogen“ angehörte. Nach Schönbergs Austritt bildete die FBU mit Gabriele Thoma (ÖDP) eine Zweckgemeinschaft, die sich ebenfalls „Fraktion“ nannte. Beiden dreiköpfigen Fraktionen standen damals eine halbe Geschäftsführerstelle auf Kosten der Stadt zu. Aktuell sieht im Stadtrat die Sitzverteilung in den 12-köpfigen Ausschüssen folgendermaßen aus: CSU 5 Sitze, SPD 3, Grüne 1, AfD 1, Pro Augsburg 1 und CSM 1. Würden sich tatsächlich die sechs Stadträte der FW/Linke/ÖDP/Polit-WG-Listen zu einer Fraktion verbinden, stünde dieser Verbindung ein Sitz in den Ausschüssen zu. Die CSM müsste ihren Sitz für diese bisher nur geträumte Fraktion räumen.
Verzichtet Ulrike Bahr (SPD) oder bleibt sie im Stadtrat?
Die Bundestagsabgeordnete und Parteivorsitzende der Augsburger SPD, Ulrike Bahr, hatte sich lange vor der Stadtratswahl laut AZ dergestalt geäußert, dass sie auf ihren Stadtratssitz verzichten würde, falls sie von Listenplatz 28 den Sprung in den Stadtrat schaffen sollte. Genau das ist geschehen, doch bisher wollte sich Bahr dazu nicht äußern. Sie werde das heute Abend zusammen mit der Fraktion auf der Fraktionssitzung besprechen, so Ulrike Bahr zur DAZ auf Anfrage.