„Geistreich“ – Das 3. Sinfoniekonzert schlägt einen Bogen von Haydn über Brahms zu Schostakowitsch
„Esprit“, Geist also, war diesmal das Motto des Sinfoniekonzerts der Augsburger Philharmoniker. Dazu hatte Lancelot Fuhry am Dirigentenpult einen Bogen zu schlagen von „Papa Haydn“, dem Inbegriff der Wiener Klassik, über einen witzig-spielerischen Schostakowitsch der 1930er Jahre zurück in die Romantik von Johannes Brahms.
Von Halrun Reinholz
Keinesfalls klassisch-langweilig zeigte sich die temperamentvoll-theatralische Ouvertüre zur Oper „L`isola disabitata“, die Haydn selbstbewusst als besondere Arbeit einstufte, die „in Paris noch nicht gehört ist worden und vielleicht ebensowenig in Wien“. Danach wurde das Orchester auf die Streicher reduziert zur Aufführung des Konzerts für Klavier, Trompete und Streichorchester von Dimitri Schostakowitsch. Pianist Bernd Glemser, der schon in jungen Jahren viele Preise abgeräumt hat, zeigte sich weltgewandt und nicht zuletzt (als ehemaliger Schüler von Vitali Margulis) mit der russischen Klavierliteratur vertraut. Der in Würzburg lehrende Hochschulprofessor ist in dieser Saison „Artist in Residence“ der Augsburger Philharmonie und als solcher demnächst noch einige Male zu sehen, was das Publikum nach diesem Konzertabend sicherlich zu schätzen weiß. Neben Bernd Glemser brillierte Gábor Vanjó, Solotrompetist der Augsburger Philharmoniker, auf seinem Instrument. Der Esprit bei dem Konzert von Schostakowitsch liegt darin, dass spielerisch verarbeitete Musikzitate aller Richtungen und Epochen in einem rhythmisch und tonal modernen Gewand eigenartig witzige Assoziationen hervorrufen. Zur Zeit der Entstehung des Werkes (1933) wurde das dem Komponisten zum Verhängnis – er verstieß gegen die Richtlinien des Beschlusses der Kommunistischen Partei der Sowjetunion zur musikalischen Formensprache, die „die Entstehung von wertvollen, des Sowjetvolkes würdigen Werken“ zum Ziel hatte. Wegen seiner „formalistischen Entgleisungen“ stand Schostakowitsch fortan auf Listenplatz 1 der verbotenen Komponisten.
Die Zugabe von Bernd Glemser war ein bewusster Vorgriff auf die Fortsetzung des Programms nach der Pause: Ein Spätwerk von Brahms, das A-Dur Intermezzo, sah er als adäquaten Brückenschlag zwischen Brahms und Schostakowitsch. Routiniert dirigierte Lancelot Fuhry die Sinfonie Nr. 1 von Johannes Brahms, die sich dieser in über zwanzigjähriger Entstehungszeit qualvoll abgerungen hatte, weil er den Schatten des Sinfonie-Giganten Beethoven fürchtete. Unverkennbar zitiert er aus dessen Ode an die Freude, ohne sich freilich des Epigonentums schuldig zu machen. Mit „Esprit“ eben. Der 1. Kapellmeister und stellvertretende GMD entlockte dem Orchester die hohe Klangqualität, die das Augsburger Publikum mittlerweile als selbstverständlich hinnimmt. Kein Wunder, dass auch dieses Sinfoniekonzert wieder so gut wie ausverkauft war.