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Dienstag, 11.03.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Fußball ist ein Spiel, das von seinen ironischen Wendungen lebt

Warum der FCA in Alkmaar sein schlechtestes Spiel in in der Europa-League ablieferte und in dieser Verfassung heute gegen Dortmund keine Chance hat

Von Siegfried Zagler

Erstes Heimspiel gegen Dortmund

Heute gegen Dortmund ohne Chance?


Alkmaar ist ein ausgeschlafenes Städtchen mit einer wundervollen Altstadt, deren Bewohner zu seltsamen Fußball-Fans nicht nur beschämend freundlich sind, sondern auch jedes Jahr 300.000 Touristen aushalten müssen, die den traditionell abgehaltenen „Kaasmarkt“ aufsuchen. „Es handelt sich bei dieser Stadt um das Venedig des Nordens“, so ein FCA-Fan, der im Scherz einen Vortrag hielt, um eine kleine Schar FCA-Fans zu belustigen. Die Fans des FCA, die in Alkmaar waren, sollten sich als feinsinnige Botschafter der Stadt Augsburg erweisen. Und sie unterstützten ihren Verein im Stadion mit zirka 1.200 Kehlen wirkungsvoll. Wenn man von zwei, drei Kindern absehen könnte, die auf den Rängen vor dem Spiel mit Bengalos zündelten, wäre der Auftritt der Augsburger Fans in Alkmaar mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ zu bewerten gewesen. „Im Gegensatz zur italienischen Lagunenstadt Venedig fließt in den Kanälen Alkmaars Süßwasser“, so führte der Fan-Fremdenführer mit Allgäuer Zungenschlag seinen „Vortrag“ fort, ohne dabei mit der Wimper zu zucken. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass eine Allgäuer Dialekt-Einfärbung außerhalb Augsburgs seine ländliche Schwerfälligkeit verliert und am frühen Nachmittag des 22. Oktober mit unerwarteter Leichtigkeit eine ironische Brechung in die richtige Tonlage zu setzen verstand.

Alkmaar, Altstadt. In der Mitte die Fahrradstraße, links und rechts die Fußgänger, Autos müssen draußen bleiben

Alkmaar, Altstadt: In der Mitte der Fahrradweg, links und rechts die Fußgänger, Autos müssen draußen bleiben.


Die Liste der Trainer des AZ Alkmaars ist erstaunlich. Der in Deutschland fast vergessene Georg Keßler hat Alkmaar 1981 zum niederländischen Double und in das Finale des UEFA-Pokals geführt. Eine großräumige VIP-Lounge im AZ-Stadion wurde nach Keßler benannt. Niederländische Legenden wie Louis van Gaal, Ronald Koeman, Dick Advocaat und zuletzt sogar Marco van Basten, der dem aktuellen AZ-Trainer John van den Brom Platz machen sollte, sollten nicht annähernd so erfolgreich sein wie der stille „Sir“ Keßler aus Saarbrücken. Nach dem Spiel dozierte van den Brom, ähnlich wie der aus dem Allgäu stammende FCA-Fan, das Offensichtliche dergestalt geheimnisvoll, dass unter den Zuhörern der Eindruck entstand, sie hätten ein ernsthaftes Fußballspiel ohne einen Funken Ironie erlebt. Dabei handelte es sich beim ersten internationalen Sieg des FCA um einen weltweit bekannten Ironie-Klassiker: Die bessere Mannschaft verliert das Spiel, da sie es nicht versteht, ihre zahlreich heraus gespielten Chancen in Tore umzumünzen, während die schlechtere Mannschaft gewinnt, ohne einen Angriff ordentlich zu Ende gespielt zu haben, aber einen Freistoß verwandelt, der keiner war.

Der FCA war gegen Alkmaar nicht besser als in den beiden Untergangspartien in der Liga vor dem „Holland-Match“, auch wenn die Sportpresse, die meist ergebnisorientiert analysiert, in Alkmaar eine „Steigerung im kämpferischen Bereich“ gesehen haben will. Im Rahmen der Gruppenphase der Europa-League hatte der FCA in den beiden vorausgegangenen Partien (gegen Bilbao wie gegen Belgrad) großartig gekämpft, und dabei noch guten Fußball gespielt, aber eben verloren, weil er (wie Alkmaar gegen Augsburg) seine zahlreichen Chancen nicht verwerten konnte. Vergleicht man die drei bisherigen Europa-League-Auftritte des FCA, war der in Alkmaar der schwächste. AZ Alkmaar agierte die meiste Zeit nach vorne ideenlos, weshalb das defensive FCA-Mittelfeld längere Spielphasen auf Augenhöhe dagegen halten konnte. Dennoch wurde zu oft mit einfachen Mitteln die Augsburger Abwehr düpiert. Beide Augsburger Außenverteidiger ließen über die Flügel zu viel zu. Die junge Mannschaft des AZ sorgte immer dann für große Gefahr, wenn sie Tempo aufnahm. Die gesamte Defensivabteilung der Augsburger schien  bei schnellem Spiel überfordert. Nach vorne ging beim FCA, wie zuletzt in der Liga, fast nichts. Hätte der FCA das Spiel 4:1 oder 5:1 verloren, hätte es sich um ein Ergebnis gehandelt, das dem Spielverlauf entsprochen hätte.

Fußball ist ein Spiel, das von seinen ironischen Wendungen lebt, deshalb sollte man den Konjunktiv nicht zu sehr strapazieren. Nur eins scheint sicher: In dieser Verfassung hat der FCA in Dortmund nicht den Hauch einer Chance. Das Spiel beginnt um 15.30 Uhr.