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Dienstag, 26.11.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Fusion: In der politischen Debatte wird mit scharfer Munition geschossen

Der Streit um die beabsichtigte Fusion der Stadtwerke Energie GmbH und der Erdgas Schwaben GmbH nähert sich der höchsten Eskalationsstufe. Inzwischen wird mit scharfer Munition geschossen.

Von Siegfried Zagler

Am morgigen Montag gibt die sechsköpfige Ausschussgemeinschaft in ihren Räumen im Rathaus eine Pressekonferenz, auf der sie nach Informationen der DAZ ausführen will, dass es sich bei der geplanten Fusion sehr wohl um einen Verkauf von Anteilen der städtischen Tochter Stadtwerke Energie an die Thüga handeln könnte. Würde sich in der Öffentlichkeit die Sprachregelung „Verkauf“, der nach Ansicht der Ausschussgemeinschaft wohl in Teilen folgt, durchsetzen, so die Grundannahme der Fusionsgegner, wären die „Regierungsparteien“ SPD und Grüne schwer beschädigt, da sie in ihren Wahlprogrammen vor der Kommunalwahl erklärten, dass man in der Zukunft keinen Teilverkauf der Stadtwerke dulden werde.

Matthias Strobel (links außen) stehend daneben Stefanie Schuhknecht, Reiner Erben (sitzend rechts außen) und Martina Wild (stehend, zweite von rechts): Haben sie mit ihrem "Geheim-Ja" zur Fusion einen Grünen Umweltreferenten ausgehandelt? Hier bei der Unterzeichnung des Kooperationsvertrags für die Stadtratsperiode 2014-2020


Für die Grünen gilt das ohnehin bereits jetzt, da der Grüne Umweltreferent trotz eines laufenden innerparteilichen Entscheidungs­prozesses sich als Werbepartner hergab – und sich somit öffentlich pro Fusion positionierte und auf die Diskurs-Vereinbarung der Partei pfiff. Inzwischen wird auch von der Bürgerinitiative „Augsburger Stadtwerke in Augsburger Bürgerhand“ gegen die Grünen mit scharfer Munition geschossen. In einer heute verfassten Pressemitteilung heißt es: „Wie wir in unserer gestrigen Presseerklärung berichteten, wurde die Fusion zwischen der Thüga-Tochter Erdgas Schwaben und den Stadtwerken Augsburg schon bei den Koalitions­gesprächen im März 2014 eingeleitet. Das Augsburger Online-Portal DAZ hatte ein Protokoll vom 20.3.14 der Koalitions­sondierungs­gespräche zwischen den Verhandlungs­partnern Grüne und CSU recherchiert. Dort ist unter dem Diskussionspunkt “Stadtwerke” als Position der Grünen vermerkt: “Fusion Ergas-Schwaben sinnvoll”. Aus dem Protokoll ist weiter ersichtlich, dass die CSU die Einstellung des damaligen Geschäftsführers von Erdgas Schwaben Dietmayer auch als Geschäftsführer der Stadtwerke schon unter der eindeutigen Absicht der Fusion betrieben hat. An den Gesprächen hatte auf Seiten der CSU OB Gribl, Kränzle und Hintersberger teilgenommen – auf Seiten der Grünen waren es die Parteivorsitzenden Schuhknecht und Strobel, die Fraktions­vorsitzende Wild und Herr Erben. Wie wir wissen ist Reiner Erben heute Umweltreferent in der damals geschmiedeten Koalition. Diese Zustimmung seitens der Grünen wurde ohne jegliches Mandat durch die Basis beziehungsweise durch Parteibeschlüsse abgegeben.“

Bürgerinitiative vermeldet 7.000 Unterschriften

Ohne es direkt zu sagen, unterstellt die Bürgerinitiative der damaligen Grünen Parteispitze implizit, dass sie sich mit einem „Geheim-Ja“ zur Fusion ein „Referenten-Ticket“ erworben hat. Das Zitat der aktuellen Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Martina Wild, dass die CSU damals nur vage Vorstellungen zur Fusion geäußert habe, konterte Bruno Marcon auf Anfrage elegant: „So vage kann das nicht gewesen sein, wenn die zusätzliche Gewinnmarge und der dafür notwendige Geschäftsführer bereits angeführt wurden.“ Mit zirka 7.000 gesammelten Unterschriften liege man, so Marcon, knapp innerhalb des gesetzten Ziels, die notwendigen Unterschriften für einen Bürgerentscheid bis Mitte April gesammelt zu haben.

Auch Oberbürgerbürgermeister Kurt Gribl wird von der Bürgerinitiative attackiert: „Gribl betone zwar, dass er bezüglich der Fusion “ergebnisoffen” und nicht festgelegt sei. Durch unsere Recherche wurde in der vergangenen Woche die verschwiegene Tatsache aufgedeckt, dass Gribl schon seit Dezember 2014 bei der Thüga Tochter Erdgas den Posten als Aufsichtsratsvorsitzenden innehat, der ihn schon von Gesetz wegen zur Treue dem Unternehmen gegenüber und damit einer von der Thüga gewollten Fusion verpflichtet. Die jetzt aufgedeckten Fusionsabsprachen schon im März 2014 machen das Gerede von “Ergebnisoffenheit” von Gribl und den Fusionsbetreibern endgültig vollkommen unglaubwürdig.“

Dr. Kurt Gribl: "Solange nicht alle Zahlen auf dem Tisch sind, bleibe ich ergebnisoffen."

Kurt Gribl: "Solange nicht alle Zahlen auf dem Tisch sind, bleibe ich ergebnisoffen."


Für Kurt Gribl besteht allerdings nicht der geringste Zweifel daran, dass er, solange das zweite Gutachten zur Fusion in Arbeit ist, er sich in seiner Entscheidungsabsicht als „ergebnisoffen“ bezeichnen kann. Er werde sich nicht für eine Fusion aussprechen, solange nicht alle Zahlen und Bewertungen aus der Machbarkeitsstudie auf dem Tisch lägen und Entscheidungsreife gegeben sei. „Solange dies nicht der Fall ist, bleibe ich in dieser Frage ergebnisoffen“, so Gribl in einer städtischen Pressemitteilung. Auf die von Fusionsgegnern erhobene Forderung, Augsburgs OB solle als Aufsichtsratsvorsitzender der Erdgas Schwaben GmbH zurücktreten, um seinen Befangenheitsstatus in Sachen Fusion aufzulösen, ging Kurt Gribl bisher zurückhaltend ein: „Als Oberbürgermeister Vorsitzender in beiden Aufsichtsratsgremien zu sein, macht im Übrigen auch deutlich, dass es uns die Mitgesellschafterin Thüga schon zutraut, das Unternehmen in die richtige Richtung zu führen. Klares Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und dadurch langfristig eine sichere und preisgünstige Energieversorgung zu gewährleisten. Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass wir auch weiterhin einen günstigen öffentlichen Nahverkehr anbieten können, was nur durch die Querfinanzierung aus den Energieerträgen möglich ist. Deshalb muss die Energiesparte stark aufgestellt sein. Das sind unsere Interessen. Eine Konfliktsituation sieht anders aus“, so Oberbürgermeister Kurt Gribl.