Fusion: Gegner im Aufwind
In der vergangenen Woche gewannen die Gegner der Fusion viel Land. Kurt Gribl und die Bündnisparteien haben der Bürgerinitiative in die Karten gespielt. In der Stadtgesellschaft breitet sich das Unbehagen gegenüber den Fusionsplänen epidemisch aus. Augsburgs Oberbürgermeister und die von ihm geschmiedete Stadtregierung stehen vor einem Scherbenhaufen. Dafür gibt es Gründe.
Von Siegfried Zagler
I Die Ökonomie
Was wäre davon zu halten, wenn es den beiden Augsburger Energiefirmen, die fusionieren wollen, genauso geht wie damals den beiden Fußballklubs? Die Rede ist vom BCA und dem TSV Schwaben, die im Jahre 1969 fusionierten, weil sie gemessen an ihren Ansprüchen auf der Stelle traten und den Anschluss an den Profifußball verpasst hatten. Sind die beiden Firmen (Erdgas Schwaben GmbH und Stadtwerke Augsburg) in einer Situation der Schwäche und nicht der Stärke, wie von der Rathaus-Opposition behauptet? Eine nicht tief angelegte Lesart der Bilanzen der beiden Firmen lassen diese Behauptungen der Opposition als Mutmaßungen erscheinen, aber es gibt in der Stadt auch unpolitische Experten, deren Einschätzungen über „Gefühlsanalysen“ hinausgehen. Die Erdgas Schwaben GmbH handelt zu 91 Prozent mit Gas. Für die Leitungen, die man dafür braucht, laufen ab 2017 zahlreiche Konzessionen aus, was im Geschäftsbericht als Risiko ausgewiesen ist. Der andere Fusionspartner (Stadtwerke Energie) ist die potenteste GmbH der Augsburger Stadtwerke Holding, die einen Tunnel unter den Bahnhof baut, dessen Bauzeit sich bis 2022 verlängert und dessen geschätzte Kosten sich in den vergangenen Jahren fast verdreifacht haben. Genau diese reale Entwicklung ist im Geschäftsbericht der Stadtwerke als mögliches Risiko aufgelistet. Immer wieder (zuletzt auf dem „Sonderparteitag zur Fusion“ der Grünen) war zu hören, dass dieses Projekt dazu führe, dass es bei den Stadtwerken „finanziell eng“ werden könnte. Mit der Finanzierung des Tunnelprojektes, könnte die Kreditfähigkeit für die gesamte Holding in Frage gestellt sein. Gerüchte und Verschwörungstheorien sollten nicht die Matrix wirtschaftspolitischer Entscheidungen bilden, aber sie beeinflussen auf unsichtbare Weise das Denken und Handeln der politischen Entscheider, weshalb an dieser Stelle kurz davon die Rede sein soll, ob man die Gerüchte um die wirtschaftliche Schwäche der Unternehmen, ignorieren sollte oder nicht.
Beide Fusions-Firmen sind „Töchter“ der Stadt Augsburg. Erdgas Schwaben zu 35 Prozent und die Stadtwerke Energie-GmbH zu 100 Prozent. Beide wollen fusionieren, weil sie offenbar davon ausgehen, dass die Zukunft des Energiemarktes eine zu große Herausforderung für die beiden Einzelfirmen darstellt. Das ist die der Fusionsgrund, wenn man den Marketingstrategen glauben will, die die Fusion als eine für die Zukunft der Stadt notwendige Voraussicht verkaufen. Die Zielführung der Fusion kann aber nicht darin bestehen, dass sich zwei Energiehändler zusammen schließen, um mit ihrem zusammengeführten Wissen in ihren unterschiedlichen Wettbewerbsfeldern besser aufgestellt zu sein (die Stadtwerke handeln überwiegend mit Strom, Erdgas Schwaben überwiegend mit Gas), sondern darin, dass die 65-prozentige Anteilseignerin (Thüga) der Erdgas Schwaben GmbH bei den Stadtwerken beteiligt wird. Mit dem professionellen Beteiligungsmanagement der Thüga könnte man die schwerfällige Stadtwerke-Energie-Sparte für den liberalisierten Energiemarkt flottmachen und mögliche Risiken, die die zukünftige Härte des liberalisierten Marktes bringen, besser meistern. Bei der Thüga handelt es sich um ein kompliziertes Firmengeflecht, das aus Besitzanteilen von rund 100 Stadtwerken besteht. Die Philosophie der Thüga ist einfach darstellbar: Gemeinsam fällt es den Stadtwerken leichter, sich gegen Schwergewichte wie e.on und RWE zu behaupten. Sie können ihre Energieträger gemeinsam zu günstigeren Konditionen einkaufen, ihre Kräfte beim Ausbau der Windkraft bündeln und Innovationen vorantreiben. So ähnlich argumentiert zum Beispiel Reiner Erben, der als Umweltreferent für die Augsburger Grünen in der Stadtregierung sitzt. Dass eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen durch eine Thüga-Beteiligung für die Augsburger Stadtwerke entstehen könnte, lässt sich derzeit nicht belegen.
Von insgesamt zirka 800 Stadtwerken in Deutschland sind 700 Stadtwerke nicht mit der Thüga verbandelt und dennoch erfolgreich auf dem Energiemarkt tätig, ohne dass sich nachweisen ließe, dass deren Verbraucher mehr für Strom und Gas abführen müssten als Verbraucher von thügabeteiligten Stadtwerken. Weshalb in Augsburg auch nicht groß die Rede davon ist, wie man über die Märkte höhere Gewinne einfahren könne, sondern von internen „Synergieeffekten“, die über Rationalisierungsmaßnahmen entstehen sollen. Zirka 200 Stellen werden bis 2019 bei beiden Firmen abgebaut. Damit wäre ein Großteil der 11 bis 14 Millionen Euro der zusätzlich versprochenen Erträge erklärt. Betriebsbedingte Kündigungen, so das politische Versprechen, werde es nicht geben. Der Stellenabbau erfolgt über „natürliche Fluktuation“ und über Arbeitnehmeraustritte in die Rente. – Mit der gewinnträchtigen Thüga AG als Partner, der 2013 knapp 300 Millionen Euro Konzernüberschuss auswies, wäre darüber hinaus ein möglicher finanzieller Engpass der Stadtwerke auszuschließen, wenn man den Gesellschaftervertrag bezüglich dieses Risikos gestalten würde. Die Fusion sei notwendig, damit die Stadtwerke den Bahnhof fertig bauen können. So das Credo von Stadtrat Volker Schafitel, der mit dieser Art Verschwörungstheorie viel Zuspruch findet, auch wenn OB Gribl diese Lesart der Fusion vehement zurückweist. „Das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun“, so Kurt Gribl im Stadtrat. – Die Eile aber, mit der die Fusion vollzogen werden soll, sowie die erstaunliche zeitliche Parallelität zu den Erkenntnisphasen hinsichtlich der Kostensteigerung beim Bahnhofsprojekt und darüber hinaus das aufgeregte Kommunikationsverhalten von Oberbürgermeister Kurt Gribl lassen diese Mutmaßungen aus den verschiedensten Winkeln der Politik zumindest nicht als „sehr weit“ hergeholt erscheinen.
II Die Parteien
Die Rolle der CSU ist am einfachsten zu beschreiben: sie schweigt. Für die CSU hat Oberbürgermeister Kurt Gribl als Aufsichtsratsvorsitzender der beiden Firmen und als starkes Stadtoberhaupt die alleinige Handlungshoheit. Die CSU wird in Sachen Fusion von Oberbürgermeister Kurt Gribl repräsentiert. Die CSU will die Fusion und die Bedenkenträger innerhalb der CSU sind nicht nur leise, sondern auch schwach. Die CSU wird als Partei, wenn es zum Bürgerentscheid kommen sollte, in den Ring steigen und OB Gribl mit aller Macht politisch unterstützen.
Die SPD ist ebenfalls für die Fusion. Wenn man aber genauer hinsieht, gibt es außerhalb der dreizehnköpfigen Stadtratsfraktion in der Partei nicht nur Bedenkenträger, sondern lautstarke Kritiker wie zum Beispiel Frank Mardaus, der dem SPD-Ortsverein Ulrich vorsitzt. Für Mardaus befindet sich die ohnehin schwer beschädigte Augsburger SPD wegen der geplanten Fusion endgültig vor dem Sprung ins Nichts. Die anvisierte Fusion verstoße im geistigen Sinn gegen eine sozialdemokratische Ethik, die für Mardaus im Wahlprogramm der SPD zur vergangenen Kommunalwahl abgebildet ist. Mardaus geht sogar so weit, dass die Fusion eben doch den Verkauf von Tafelsilber bedeute. „Wir verändern damit nicht nur das gewohnte Portfolio der Stadtwerke, sondern verkaufen damit auch geistige Werte, die in der Stadt eine tiefe Bedeutung haben. Die Stadtwerke stellen in dieser Stadt mehr als eine gewinnorientierte Firma dar. Die Möglichkeit, dass sich mit der Thüga ein privater Investor im großen Stil beteiligen kann, bedeutet aber zugleich eine Privatisierung und einen realen Verkauf unserer grundlegenden Interessen“, so Mardaus, der seit Wochen mit Mitgliedern seines Ortsvereins Unterschriften für ein Bürgerbegehren sammelt, das sich gegen die Fusion richtet und als Begründung den „Verkauf von Augsburger Tafelsilber“ angibt. – Falls der Thüga nach der Fusion ein Zukauf gewährt würde, müsste man auch von einem realen Verkauf sprechen, so
Mardaus, der in einem Schreiben an die Parteivorstände einen großen Verlust prognostiziert: „In jedem Fall würden die Stadtwerke Augsburg in ihrer seit 77 Jahren bekannten Form umgewandelt und aufhören zu existieren.“ Inzwischen wirkt Mardaus mit seinen Thesen zwar nicht in den Vorstand und auch nicht in die Fraktion hinein, aber in einigen Ortsvereinen scheint es bezüglich der Fusion zu knirschen. Dies hat die SPD-Spitze offenbar dergestalt beunruhigt, dass sie einen Sonderparteitag zur Fusion beschlossen hat. Dieser findet aber erst am 2. Mai statt. Dafür hat ihnen der Koalitionspartner die Zeit eingeräumt. Die finale Debatte und Abstimmung im Stadtrat findet nun nicht, wie geplant am 23. April statt, sondern frühestens vier Wochen später. Der Sonderparteitag der SPD ist als diskursiver Unterstützerparteitag für die Fraktion gedacht, die gerne Rückendeckung von der Partei hätte. Dass es dazu kommt, ist nicht gesichert. In der SPD gibt es in allen Ecken Fusionsgegner und es ist gut vorstellbar, dass diese angesichts eines zweiten erfolgreichen Bürgerbegehrens Rückenwind bekommen und eine ähnliche Situation wie bei den Grünen herstellen.
Die Augsburger Grünen befinden sich in ihrer größten Krise seit es sie gibt. Wer am vergangenen Mittwoch bei der Grünen Stadtversammlung vor Ort war, konnte beobachten, dass sowohl durch die Partei als auch durch die Fraktion ein tiefer Riss geht und tödliches Gift verspritzt wird. Einige Redner geißelten das Vorgehen der Grünen Spitze, damit sind Verhandlungsdelegation und der Vorstand gemeint, die von einer Fusion bereits seit März 2014 wussten, aber die Basis davon nicht in Kenntnis setzten. Ein Kommunikationsverhalten, das für eine normale Partei, die sich in der Gestaltungsverantwortung befindet, eine Selbstverständlichkeit darstellt, nicht aber für die Grünen “Transparenz-Erfinder”, die sich von ihrer Basis das Plazet für eine „Regierungsbeteiligung“ mittels einer Mitgliederbefragung geben ließen, ohne dabei auf die geplante Fusion hinzuweisen. Der Grüne Umweltreferent wurde für seine Darstellung der Dinge auf der Stadtversammlung mit höhnischem Gelächter überschüttet, was damit zu tun hat, dass Erben so unklug war, sich an der Stadtwerke-Werbekampagne zu beteiligen, die inzwischen von vielen Grünen als eine Art Desinformationskampagne betrachtet wird. – Die Grüne Spitze kritisiert zwar unisono das marketingorientierte Vorgehen von OB Gribl, hat sich aber dennoch seiner Marketingstrategie angepasst: Fraktionschefin Martina Wild und auch Reiner Erben wiesen innerhalb der Grünen immer wieder darauf hin, wie gut eine Thüga-Beteiligung für die Stadt Freiburg sei, wo ein Grüner Oberbürgermeister ist, während sie verschwiegen, dass Städte wie Stuttgart, Darmstadt oder Tübingen (ebenfalls mit Grünen Oberbürgermeistern) Grüne Energiepolitik betreiben – ohne Beteiligung der Thüga. Die Augsburger Grünen hätten längst zwei bis drei Partei-Informationsveranstaltungen in Sachen Fusion veranstaltet, wären sie in dieser Frage nicht so zerstritten und gelähmt und wäre die Fraktion nicht so schwach geführt, wie das nach dem Ausscheiden von Eva Leipprand, Dieter Ferdinand und Reiner Erben der Fall ist. Die Konsequenz dieser Lähmung: Schweigen und Vermeidung einer klaren Position.
Die Grüne Fraktion hat zwar von Beginn an auf mehr Information gepocht, hat sich für Bürgerbeteiligung eingesetzt, aber eine inhaltliche Positionierung vermieden. Damit verletzte die Grüne-Spitze die politische Kultur der Grünen Partei sehenden Auges und führte die Partei in eine lebensgefährliche Zerreißprobe. Die Grüne Basis zog die Reißleine und verordnete Partei wie Fraktion ein bedingungsloses Nein zur Fusion. Wie die Fraktion mit diesem Donnerschlag umgeht, wird am morgigen Dienstag in der turnusmäßigen Fraktionssitzung besprochen. Wer Reiner Erben kennt, weiß, dass er keinen Millimeter zurück rudern wird. Wie die Grünen als Partei mit ihrem Umweltreferenten in Zukunft verfahren werden, ist und bleibt eine spannende Frage.
III Der Oberbürgermeister
Nicht weniger spannend ist die Frage, wie sich Kurt Gribl aus dem Dilemma seiner ureigenen Entscheidungshöhe befreit. Augsburgs Oberbürgermeister spielt in der Debatte um die Fusion bisher eine unglückliche Rolle. Auffällig ist, dass er nicht souverän agiert, sondern mit seiner Dreifachrolle überfordert zu sein scheint. Als Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke und Erdgas Schwaben, der die Interessen der beiden Firmen zu vertreten hat und als Stadtoberhaupt, das die Interessen der Stadt repräsentiert, wäre Zurückhaltung und Verständnis gegenüber einer Bürgerbewegung die bessere Strategie als angriffslustiges Attackieren. Mit der Aussage, dass ein Ratsbegehren nicht im Sinn der Sache sei, weil die Angelegenheit für einen Bürgerentscheid zu komplex sei, stellte Gribl die Bürgerinitiative „Augsburger Stadtwerke in Augsburger Bürgerhand“ als eine Gruppierung dar, die nicht weiß was sie tut und dabei mit ihrer Fragestellung die Bürger in die Irre führt.
Allein der Stadtrat habe die Möglichkeit mit den sensiblen Daten, die zur Meinungsbildung führen, angemessen (also differenziert und vertraulich) umzugehen. Anderseits vermeidet der OB im Stadtrat einen politischen Diskurs mit allen Abwägungsmustern, die mit dieser Fusion zwangsläufig im Raum stehen. Daraus lässt sich folgern, dass Augsburgs Oberbürgermeister der Auffassung ist, dass er im Prinzip allein die Entscheidungsverantwortung zu tragen habe. Denn schließlich ist er es, der in seiner Eigenschaft als doppelter Aufsichtsratsvorsitzender Einsicht in die Firmenbewertungen hat und wohl auch den zukünftigen Gesellschaftervertrag der Fusionspartner kennt. Auch die bereits abgeschlossene “vertiefte Machbarkeitsstudie” liegt Gribl bereits vor. Lange bevor sie ein Stadtrat zu Gesicht bekommt, kann sich Kurt Gribl mit deren Analysen und Ergebnisse auseinandersetzen. Nicht unbegründet sieht sich Gribl aufgrund seiner Wissenstiefe als einzigen rationalen und politischen Entscheider, der alle Abwägungstabellen kennt, weshalb es für „Stadt und Staat“ das beste wäre, könnte er als Stadtoberhaupt allein entscheiden. „Allein“ heißt in diesem Fall zusammen mit dem Stadtrat, der ohnehin Wachs in seinen Händen ist. Mit dieser Denkungsart bewegt sich Gribl auf eine Staatsbeschreibung aus dem 17. Jahrhundert zu. Die Rede ist von einem gewissen Thomas Hobbes, dessen berühmtes Werk „Leviathan“ darauf abzielt, der Politik eine wissenschaftliche Basis zu geben, die auf rationaler Einsicht in Prinzipien beruht. Nach dem Philosophen und Staatstheoretiker Hobbes verzichtet der Mensch mittels eines – gedanklichen – Gesellschaftsvertrags auf seine natürlich gegebene Freiheit. Er überträgt die Herrschaft dem Staatskörper, den man sich in seiner Absolutheit als das Seeungeheuer Leviathan vorstellen könne, weil an ihm jeder menschliche Widerstand scheitert. Damit wäre nach Hobbes ein übergeordnetes Rechtssystem garantiert, das das irrationale Hin und Her demokratischer Prozesse nicht nötig hat. Hobbes zielte mit seiner epochemachenden Schrift jedoch nicht auf die Demokratie, sondern auf die Willkür der Monarchie. Gribls Vorstellung, dass der Stadtrat entscheiden müsse, weil die Angelegenheit zu komplex sei, hätte eine individuelle Relativierung der Gemeindeordnung bedeutet, die man bezüglich der Bürgerbeteiligung nur noch dann beanspruchen dürfte, wenn ein Oberbürgermeister mit der Fragestellung eines Bürgerbegehrens einverstanden ist. Mit diesem vorgestellten „Königreich der Finsternis“ hat sich Gribl wohl aus Sorge, der Bürger könnte sich gegen eine Fusion aussprechen, nicht nur sehr weit von den Idealen einer Stadtgesellschaft entfernt, sondern den Gegnern der Fusion erst richtig auf die Beine geholfen. Inzwischen hat die Bürgerinitiative ihr Bürgerbegehren erfolgreich beendet und ein zweites mit einer sicher zulässigen Fragestellung gestartet. Die erste Unterschriftensammlung zählt 14.000 Unterschriften, die am 2. April Stadtdirektor Schwarz übergeben werden sollen. Daran, dass das zweite Begehren ebenfalls innerhalb kurzer Zeit die notwendigen Unterschriften für einen Bürgerentscheid zusammen bekommt, zweifelt niemand. Die Fusion, soviel steht seit vergangenen Mittwoch fest, wird mittels eines Bürgerentscheids entschieden. Es ist auch damit zu rechnen, dass sich der Stadtrat nach dem Zweitstart des Bürgerbegehrens – vermutlich zusammen mit OB Gribl – für ein Ratsbegehren ausspricht. Kurt Gribl hat nämlich vermelden lassen, dass er sich nie gegen ein Bürgerbegehren mit einer zulässigen Fragestellung gewandt habe. Wie sollte das auch möglich sein? Allein diese Verlautbarung zeigt, wie sehr sich Gribl in der Rolle des Leviathan wähnt.
Ob die Augsburger Stadtwerke zu 100 Prozent oder nur zu 70 Prozent eine städtische Tochter sind, ob nun zwei Aufsichtsräte der Thüga im Aufsichtsrat der Stadtwerke sitzen oder nicht, sind nicht unbedingt Fragen, die die Bürger einer Stadt bewegen oder gar in Rage bringen. Das Vorgehen der Stadtregierung und die Naivität der Fraktionsvorsitzenden der SPD und der Grünen, die immer noch denken, sie könnten die Definitionsschlacht zu ihren Gunsten entscheiden, ob diese Fusion einen Verkauf oder eine Privatisierung der Stadtwerke bedeuten oder nicht, hat einen wirtschaftlichen Prozess aus der Nische des ökonomischen Handelns auf eine öffentliche Plattform der Emotionen torpediert und somit zu einem Politikum erster Güte gemacht. Aus seiner urspünglichen Position der Stärke hat sich Kurt Gribl in eine Position laviert, die nicht nur seine Integrität als OB gefährdet, sondern auch das von ihm geschmiedete Dreierbündnis.
Viele Fragen, worüber die Bürger am Tag der Entscheidung abzustimmen haben, sind noch offen. Es wird höchste Zeit, dass sich das ändert.