Furioser Walkürenritt in der Kongresshalle
Was für ein Osterabend! Der Augsburger Wagner-Sänger Gerhard Siegel lud renommierte Kollegen aus aller Welt zur Oster-Benefiz-Gala für die Theatersanierung ein
Von Halrun Reinholz
Wagner in Augsburg geht gerade nicht so – zu viele Provisorien, zu schlechte technische Bedingungen. Aber das heißt nicht, dass beim Publikum kein Interesse vorhanden wäre. Zumindest hatte man diesen Eindruck in der Kongresshalle am Abend des Ostersamstag – da traf die Crème de la crème der Wagner-Interpreten zusammen, um mit einer konzertanten „Walküre“ die Theatersanierung in Augsburg zu unterstützen.
Eingefädelt hatte das Event der in Augsburg lebende Sänger Gerhard Siegel, dem die Stadt und ihr Theater, wie er bekennt, „sehr am Herzen“ liegen. Er hat hier seine künstlerische Heimat, die ihn befähigt hat, einer der weltweit gefragtesten Darsteller für Wagner-Rollen wie Mime oder Siegmund zu werden. Bei der letzten Wagner-Inszenierung in Augsburg war er als Tristan zu erleben. Durch sein gut geknüpftes Netzwerk gelang es ihm, Kolleginnen und Kollegen für diesen Konzertabend zu gewinnen, die aufgrund voller Terminkalender und weltweiter Engagements nur schwer unter einen Hut zu bringen sind. Deshalb wohl auch der ungewöhnliche Termin am Karsamstagabend – dem viele potenzielle Zuschauer wohl aus Gründen der Urlaubsplanung fernbleiben mussten.
Dennoch war die Kongresshalle gut gefüllt und auch weniger eingefleischte „Wagnerianer“ konnten sich der Faszination der hervorragenden Interpretation dieser faszinierenden Musik nicht entziehen. Gerhard Siegel überzeugte als Siegmund. Als Sieglinde hatte er Jennifer Holloway gewinnen können, die diese Partie gerade an der Staatsoper Hamburg singt. Eine vergleichsweise kleine Rolle hatte Kammersänger Walter Fink, bis 2014 Mitglied der Wiener Staatsoper, als Hunding, doch sein kraftvolles Stimmvolumen elektrisierte das Publikum merklich. Den Wotan gab der international präsente Däne Johan Reuter. Als Fricka stand ihm die amerikanische Mezzosopranistin Katharine Goeldner (die zusammen mit Gerhard Siegel die Idee der Benefiz-Gala gesponnen hatte) zur Seite. Auffällige Bühnen- und Stimmpräsenz kam von der Dänin Irène Theorin, die weltweit die Brünnhilde gibt und auch an diesem Abend in dieser Rolle brillierte.
Domonkos Héja und die Augsburger Philharmoniker begleiteten den Wagner-Ausnahmezustand unaufgeregt und glanzvoll. Beim Walkürenritt am Anfang des dritten Aktes entwickelte sich ein fulminanter Dialog des Orchesters zu den acht singenden Walküren am Bühnenrand – eine beeindruckende Riege, in der mit Sally du Randt und Natalya Boeva auch zwei Kolleginnen aus dem Augsburger Ensemble standen. Die fünf Stunden Sitzfleisch waren eine lohnenswerte Herausforderung für den einmaligen Konzertabend zum Osterfest. Bleibt zu hoffen, dass sich auch der finanzielle Effekt für die Theatersanierung zeigt. Und dass solche Projekte Nachahmung finden – das Augsburger Publikum zeigt sich, wie man an den nicht enden wollenden frenetischen Ovationen gemerkt hat, dafür dankbar.