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Freitag, 14.02.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Frisch, wie man ihn (nicht) kennt

Demnächst in der Komödie: „Biedermann und die Brandstifter“

Von Frank Heindl

Frisch kennt jeder. Nicht zu Unrecht wies Schauspieldirektor Markus Trabusch bei der Veranstaltung „Schauspiel extra“ darauf hin, der Schweizer Autor sei zwar 13 Jahre jünger als Bertolt Brecht, aber lange vor diesem „zum Klassiker ernannt worden“ – lange Zeit kam kaum ein Gymnasiast an ihm vorbei. Am 20. März steht in der Komödie sein Stück „Biedermann und die Brandstifter“ auf der Bühne.

Der Titel hat viel Frisch-typisches – zum Beispiel, dass bei ihm Namen immer auch Programm sind. Im Gymnasium (und später im Germanistikstudium) hat man sich eine gewisse Skepsis gegenüber dieser Holzhammersymbolik angeeignet, doch sie erfüllt ihren Zweck – Herr Biedermann heißt Biedermann, weil er ein biederer Mann ist, und das wiederum bedeutet: einer von uns. Also einer mit dem so genannten „gesundem Menschenverstand“. Einer, der sich immer wieder suggerieren lässt (und sich selbst suggeriert): so schlimm sei das alles doch gar nicht. Der an das Gute auch dann noch glauben will, wenn die Brandstifter auf seinem Dachboden Benzinkanister horten – gefüllte, wohlgemerkt. Der nichts denkt, nichts sagt, nichts tut, und sei es nur, um bequem hinterm warmen Ofen sitzen bleiben zu können. Einer wie wir, möglicherweise.



Regisseur des Stücks ist Karsten Schiffler. Er hat 1994 am Schauspielhaus Bochum Furore gemacht und wurde mit seiner ersten Inszenierung gleich zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Schiffler will den Auftrag von Frischs direkter Metaphorik annehmen: Was hätte ich gemacht, soll sich der Zuschauer in seiner Inszenierung fragen – hätte ich denn wirklich anders gehandelt? Er soll sich in Biedermann wiedererkennen, seine eigenen Handlungsspielräume kritisch beleuchten. Er solle sich fragen müssen, meint Scheffler, ob mit dem Einschrauben von Energiesparlampen schon alle Bürgerpflichten erfüllt seien, oder ob man mit der Biedermann-Einstellung gegen die „150 Hackfressen“ der samstäglichen Nazi-Demo auf Dauer möglicherweise doch nichts ausrichten wird. Und auch nicht gegen die vielen anderen Probleme, die zusätzlich anstehen. Eine „Burleske“ soll das Stück werden, über Biedermanns Wille zur Gutgläubigkeit und seine Kapitulation vor den Entscheidungszwängen der Welt soll man lachen können. Und womöglich werden die Fragen des Publikums unbeantwortet bleiben: Frisch hat dem Stück den Untertitel „Ein Lehrstück ohne Lehre“ beigefügt.

Martin Herrmann, der den Biedermann spielen wird, findet den Text „bissig“ und „humorvoll“, Anton Koelbl freut sich darauf, neben einem Brandstifter auch noch den Teufel persönlich spielen zu dürfen – wenngleich Regisseur Schiffler die Frisch‘sche Hölle „extrem gekürzt“ hat. Und auch der Chor der antiken Tragödie, den Frisch sozusagen als Kommentator des Handlungsverlaufs wirken lässt, hat Schiffler gehörig eingedampft: er besteht in Augsburg aus nur einer Person. Man darf sich also wohl auf einen „anderen“ Frisch freuen, vielleicht auf einen entschlackten – auf einen, den man womöglich doch noch nicht kennt.

Über die am 17.3. bevorstehende Premiere von Gerhart Hauptmanns „Einsame Menschen“ hat die DAZ vor zwei Tagen berichtet.