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Freitag, 22.03.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Brechtfestival ohne Brecht: Anmerkungen zum „Thementag Feminismus“

Die Person Brecht und sein Werk aus feministischer Sicht zu beleuchten, ist zweifellos eine reizvolle und ergiebige Aufgabe. Insofern hat ein Thementag Feminismus auf dem Brechtfestival auf jeden Fall seine Berechtigung. Geboten wurde jedoch an diesem Sonntag auf der Brechtbühne nichts anderes als eine feministische Selbstdarstellung aus dem Elfenbeinturm.

Kommentar von Halrun Reinholz

Wer nicht gut auf die Veranstaltung vorbereitet war oder die Bücher der beiden britischen Podiumsgäste nicht gelesen hatte, tat sich schwer, der ausschließlich und ohne Vorwarnung auf englisch geführten Diskussion über den aktuellen Feminismus auf der Brechtbühne zu folgen. Moderatorin Meredith Haaf vermittelte auch nicht den Eindruck, als wollte sie einem nur wenig wissenden Publikum die (wie angekündigt) „aktuellen Debatten zum Chauvinismus und Feminismus“ mit Hilfe ihrer zweifellos in der Szene bekannten Gesprächspartner(innen)  vermitteln. Mit einem Halbsatz erwähnte sie die „schrecklichen“ Dinge, die Brecht an Frauen geschrieben hatte, damit war der Brecht-Bezug auch schon abgetan. Es war aber offenbar auch kein Brecht-Publikum im Saal, sondern Kenner der Debatte und auch der beiden Protagonist(inn)en Laurie Penny und Jack Urwin, die nun ausgiebig und unmoderiert Raum erhielten, die (zunächst durchaus spannenden) Inhalte ihrer Bücher in ihrer Muttersprache zu präsentieren.

Erst nach geraumer Zeit wurden langatmige Passagen aus den Büchern auf deutsch von zwei Schauspielern vorgelesen, bevor die Publikumsfragen wiederum lange englische Statements (aber keine neuen Aspekte mehr) zur Folge hatten. Eine Seminar-Veranstaltung für einen universitären Rahmen – aber wieso beim Brechtfestival? Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Festivalleiter hier zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und sein erklärtes Steckenpferd Feminismus im Brechtfestival mit „verwursten“ wollte.

Vielleicht fällt Wengenroth im nächsten Jahr jemand ein, der sich diesbezüglich mit Brecht beschäftigt hat. Dieser Thementag brachte keine Erkenntnisse über Brecht, sondern über das Missy Magazin. Das kennt auch nicht jeder. Bei allem Interesse am Feminismus: Hier war das Thema leider verfehlt.