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Sonntag, 12.03.2023 - Jahrgang 15 - www.daz-augsburg.de

FCA: zu Hause eine Macht

Von Siegfried Zagler

Der FC Augsburg besiegte am 26. Spieltag der Fußballbundesliga vor 30.025 Zuschauern in der SGL Arena den FSV Mainz 05 mit 2:1 und konnte mit diesem in jeder Hinsicht verdienten Sieg den 15. Tabellenplatz verteidigen.

Dies zu betrachten und zu hören wird sich für viele lohnen, die wie Franz Biberkopf in einer Menschenhaut wohnen und denen es passiert wie diesem Franz Biberkopf, nämlich vom Leben mehr zu verlangen als das Butterbrot. (Alfred Döblin, „Berlin Alexanderplatz“)

Mit dem „Mainzer Dreier“ hat der FCA das Unentschieden gegen Dortmund „vergoldet“, wie es Axel „Bello“ Bellinghausen formulierte. Dabei vertraute FCA-Trainer Jos Luhukay der gleichen Mannschaft, die gegen Dortmund einen Punkt erkämpfte. Nach einem temporeichen Auftakt neutralisierten sich beide Mannschaften im Mittelfeld, weshalb nur wenig Gefährliches in beiden Strafräumen geschah. Dennoch zeigten die Augsburger erneut, dass sie im Laufe der Saison nicht nur im kämpferischen, sondern auch im spielerischen Bereich enorm zugelegt haben. Zwischendurch kombinierten sich die Augsburger über beide Flügel vor Wetklos Kasten, während die  Mainzer ihr Glück meist zu statisch über die Mitte erzwingen wollten.

In der 15. Minute brachte Axel Bellinghausen einen Freistoß von links gefährlich in den Mainzer Strafraum, wo Sebastian Langkamp geschickt verlängerte und den Mainzer Keeper Christian Wetklo zu einer starken Parade zwang. Zuvor hatte auf der Gegenseite Eric-Maxim Choupo-Moting Paul Verhaegh genarrt und quer zu Nicolai Müller gepasst. Zu ungenau, Müller konnte den Ball nicht mehr verwerten.

Koos Tor zum richtigen Zeitpunkt

In der 36. Minute spielten Choupo-Moting und Mohamed Zidan die Augsburger Abwehr mit einem schnellen Doppelpass aus. Choupo-Moting scheiterte zunächst an Simon Jentzsch, doch Sami Allagui staubte schließlich aus kurzer Entfernung zur Führung für die Mainzer ab. Der FCA ließ sich davon nicht beeindrucken. Kurz vor der Halbzeitpause kombinierte sich der FCA schnell an die Strafraumgrenze, wo Torsten Oehrl raffiniert für Ja-Cheol Koo auflegte. Koo knallte den Ball sehr kontrolliert aus 19 Metern unhaltbar ins linke Eck (43.). Ein großartiges Tor zu einem wichtigen Zeitpunkt.

Kurz nach der Pause nutzte Stephan Hain eine Unaufmerksamkeit der Mainzer Abwehr, eilte allein auf Wetklo zu und schoss den Ball kläglich am kurzen Eck vorbei. Zwei Teamkollegen standen dabei anspielbar in der Mitte. Zwei Minuten später zog Bellinghausen einen Freistoß aus halblinker Position hoch in den Gäste-Strafraum, wo Sebastian Langkamp per Kopf zum 2:1 für Augsburg einnetzen konnte (51.). Im Anschluss dominierte der FCA über weite Strecken das Spiel. Thomas Tuchel wollte in dieser Phase die schlechteste Saisonleistung seiner Mannschaft gesehen haben, was damit zu haben könnte, dass Tuchel zu sehr auf seine Mannschaft schaut und bei seiner Analyse nicht berücksichtigt, dass man nur so gut spielen kann, wie es der Gegner zulässt. Torsten Oehrl hatte für den FCA in der 58. und in der 60. Minute gute Torchancen, während die Mainzer erst in der 70. Minute eine Torchance kreieren konnten: Kirchhoff lenkte einen Ivanschitz-Freistoß nur um Zentimeter am Tor von Jentzsch vorbei. Die Schlussoffensive der Mainzer brachte den FCA nur einmal in Bedrängnis: Ivanschitz kam in der 82. Minute an der Strafraumgrenze frei zum Schuss, fand aber in Simon Jentzsch seinen Meister.

Der FCA hat sich zu einer Größe in der Bundesliga entwickelt

"Ein verdienter Sieg der Augsburger": Thomas Tuchel (Foto: sport-in-augsburg.de)

"Ein verdienter Sieg der Augsburger": Thomas Tuchel (Foto: sport-in-augsburg.de)


Augsburg ist zu Hause eine Macht geworden, und zwar deshalb, weil Luhukay nach einer gefühlten Ewigkeit die richtige Defensivstrategie entwickelt hat und mit Sankoh und Langkamp eines der besten Innenverteidiger-Pärchen der Liga zum Einsatz bringt. Mit Verhaegh und Neuzugang Ostrzolek verteidigen außerdem noch zwei außergewöhnliche Spitzenkräfte die Außenbahn. Bei dem jungen Matthias Ostrzolek, der dynamische Tempogegenstöße von der eigenen Strafraumgrenze anzetteln kann und somit etwas leistet, was in Augsburg bisher verboten schien, muss man im Abwehrverhalten aufgrund einiger Stellungfehler Abstriche machen, doch insgesamt ist die FCA-Defensive eine nahezu uneinnehmbare Festung geworden, was natürlich auch damit zu tun hat, dass Hosogai, Koo, Baier und Bellinghausen die Räume eng machen, viel Druck auf die ballführenden Angriffspieler ausüben und sich in Sachen Ballsicherheit und Passgenauigkeit von Spiel zu Spiel steigern. – Der FCA hat sich zu einer Größe in der Bundesliga entwickelt und scheint nun in der Lage zu sein – zusammen mit den erstarkten Freiburgern – vier weitere Klubs in den Abstiegskampf zu verwickeln. Mainz dürfte dazu gehören.

Mehr als ein Butterbrot

Luhukays Idee, Mölders durch einen dribbelstarken Strafraumspieler als Spitze zu ersetzen, ist eine nachvollziehbare Konsequenz aus den ersten Spielen der Rückrunde. Allerdings ist Hain derzeit nicht in der Lage, den FCA im Angriff zu verstärken. Gegen die solide Mainzer Innenverteidigung bekam er keinen Stich und fiel insgesamt in einer insgesamt sehr starken Augsburger Mannschaft als einziger etwas ab. Der FC Augsburg hat in den letzten 7 Heimspielen nicht verloren und aus den letzten 11 Spielen 15 Punkte geholt, was einem Punktdurchschnitt von 1,36 pro Spiel entspricht. Könnte der FCA diesen Schnitt in den kommenden 8 Spieltagen halten, käme er auf 37 Punkte, was für den Klassenerhalt wohl reichen würde. Doch abgesehen davon ist es wichtig festzuhalten, dass ein Stadionbesuch in Augsburg zu einem Vergnügen geworden ist. Der FC Augsburg wirkt in seinen spielerischen Fähigkeiten längst nicht mehr limitiert und jeder Spieler geht in jeden Zweikampf als wäre es sein letzter. Selten wird ein Ball zu lange gehalten oder zu überhastet gespielt. In vielen Situationen stimmt das Timing und manchmal scheint es wie ein Wunder: Jentzschs Abschläge kommen an, Standardsituationen führen zu Torchancen (und Toren!) und selbst Tiefstapler Luhukay scheint es langsam zu dämmern, dass er mit dieser Mannschaft in diesem Stadion und mit den Augsburgern Fans im Rücken mehr als ein Butterbrot erhoffen darf.

FCA:  S. Jentzsch; – P. Verhaegh; G. Sankoh; S. Langkamp; M. Ostrzolek; – H. Hosogai; A. Bellinghausen; D. Baier; J. Koo; – T. Oehrl; S. Hain.



Eingewechselt
: J. De Roeck (82.); M. Ndjeng (61.); S. Mölders (88.).

Ausgewechselt: D. Baier (88.); J. Koo (82.); S. Hain (61.).

Auswechselbank: M. Amsif (TW); D. Reinhardt; T. Werner; L. Davids.