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Sonntag, 10.11.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

FCA zu dumm für Europa?

Nach einem der schwächsten Spiele der laufenden Bundesligasaison trennten sich der FC Augsburg und Hertha BSC in der SGL Arena vor 30.059 Zuschauern mit einem leistungsgerechten 0:0.

Von Siegfried Zagler

Die 31. Runde hätte für den FCA  zu einem Paukenschlag im Finish um die begehrten Qualifikationsplätze für die Europa League werden können, doch dafür stellten sich die Augsburger gegen die keineswegs überzeugenden Berliner zu dumm an. Die Konkurrenz hätte mitgespielt: Gladbach verlor in Freiburg und Mainz hatte in Dortmund keine Chance, doch der FCA konnte daraus kein nennenswertes Kapital schlagen und musste am Ende mit dem Remis zufrieden sein. Aus Augsburger Sicht gestaltete sich die erste Halbzeit zu einem spielerischen Offenbarungseid des FCA.

Langsam, umständlich, ideenlos und fahrig

FCA-Trainer Markus Weinzierl ließ den in Hoffenheim überzeugenden Jeong-Ho Hong gegen Berlin in der Innenverteidigung zusammen mit Ragnar Klavan spielen. Jan-Ingwer Callsen-Bracker rückte dafür zusammen mit Daniel Baier auf die sechs. Ein nachvollziehbarer Gedanke, der aber nicht funktionieren sollte. Callsen -Bracker war zu oft indisponiert, Daniel Baier wurde von Herthas  Ciljan Skjelbred manngedeckt und in der Spielgestaltung nahezu neutralisiert. Hong ließ in der Spieleröffnung keine Idee erkennen und Matthias Ostrzolek schien im Spiel nach vorne vor der Mittellinie zurückzuschrecken. Dass auf der linken Seite gar nichts nach vorne entwickelt wurde, lag aber auch an Tobias Werner, der nach seiner Verletzung in Mainz wieder in der Startmannschaft stand, ohne einen Impuls geben zu können. Halil Altintop konnte weder Werner noch Sascha Mölders in Szene setzen. Lediglich auf der rechten Seite ging beim FCA ein Hauch von Gefahr aus: Alexander Esswein sorgte zwischendurch mit seinen Alleingängen zumindest ansatzweise für das Gefühl, dass die Augsburger wissen, wo beim Gegner das Tor steht. Das 4-2-3-1  System der Augsburger war in Halbzeit eins disfunktional. Dass der FCA die erste Halbzeit ohne Gegentor überstand, verdankte er in erster Linie der schwachen Angriffsleistung der Hertha und FCA-Keeper Marwin Hitz, der diesmal keine Schwächen zeigte. Mölders war wie gewohnt in der Spitze kaum anspielbar und ging nicht in die Schnittstellen. Langsam, umständlich, ideenlos und fahrig plätscherte auf beiden Seiten das Spiel vor sich hin, wobei die Berliner  weniger statisch und somit gefährlicher als die Augsburger waren.

FCA zeigte sich in Halbzeit zwei leicht verbessert

Der FCA zeigte sich systemisch in der zweiten Halbzeit ein wenig verbessert, hielt die Berliner halbwegs vom eigenen Strafraum fern und versuchte mit bescheidenen Mittel ein Druckspiel aufzubauen. Als in der 56. Minute Andre Hahn für Tobias Werner ins Spiel kam, war mehr Struktur und Wille seitens der Augsburger zu verspüren. Als Weinzierl schließlich Raul Bobadilla für Mölders brachte (72.), war sofort erkennbar, wie sehr Mölders das Angriffsspiel des FCA blockiert. Kaum war Bobadilla im Spiel, war die Augsburger Offensive variabler und gefährlicher, da Bobadilla (im Gegensatz zu Mölders) den Ball auch vor sich haben kann und somit die Innenverteidiger aus der Tiefe des Strafraumriegels zieht. Am Ende kam Dong-Won Ji für den enttäuschenden Altintop (78.). Der FCA suchte die Entscheidung, kam aber nicht mehr zu nennenswerten Chancen. FCA-Trainer Markus Weinzierl sieht zwar, dass seine Mannschaft in einem Tief steckt, sieht aber nicht, dass er dieses Tief mitzuverantworten hat, indem er zum Beispiel gegen eine traumhaft kombinationsstarke Sturmmitte der Hoffenheimer einen Youngster stellt (Kohr), diesen nach 25 Minuten vom Feld holt und einen nicht viel älteren Spieler mit dieser Aufgabe ebenfalls überfordert (Vogt).

Gegen Hoffenheim wie gegen Berlin vertraute Weinzierl auf Mölders in der Spitze. Mölders passt schon lange nicht mehr ins feine Gefüge des Augsburger Angriffsspiel. Gegen Hertha stellte Weinzierl Esswein auf rechts Außen, ließ Hahn auf der Bank und begann links mit Werner, der physisch nach seiner Verletzung noch nicht so weit war, um den FCA verstärken zu können. Als Weinzierl diesen Fehler in der 56. Minute korrigierte (Hahn spielte für Esswein rechts und Esswein wechselte nach links), gewann das Spiel des FCA zusehends an Qualität.



Fußball ist kein Wunschkonzert


Tabelle nach den Samstagsspielen

Tabelle nach den Samstagsspielen


Von den letzten sieben Partien konnte der FCA nur eine gewinnen. Dass dieser Sieg gegen eine unmotivierte C-Elf der Münchner gelang, macht diese Bilanz nicht besser. Dass der FCA aus 21 möglichen Punkten nur 5 Punkte erzielen konnte, hat mit den bekannten Defiziten in der Offensive zu tun (4 Tore in 7 Spielen), aber auch mit der allgemeinen Selbstzufriedenheit des Vereins, die sich auch auf den Rängen zeigt. Während die Mainzer Fans den Kampf um die Europa League mit ihren Gesängen kultivieren, organisieren die Augsburger Fans einen Stimmungsboykott und warnen vor der Doppelbelastung durch die Europa League.

Nach dem Grottenkick in Mainz zeigte der FCA heute gegen Hertha zum zweiten Mal ein richtig schlechtes Spiel. 29 Spiele waren die Augsburger großartig bis überragend. Fußball ist kein Wunschkonzert. Niemand weiß genau, warum die Augsburger bisher eine dergestalt starke Saison spielten. Warum sie schlecht spielen, lässt sich dagegen leicht erklären. Sollte man am kommenden Sonntag (15.30 Uhr) gegen das in Seenot geratene HSV-Schiff an die Leistungen vor dem Mainz-Spiel anknüpfen, wäre die Havarie der Hamburger unvermeidlich und die Gladbacher stünden (falls sie nicht in Schalke gewinnen sollten) schwer unter Druck.

FCA: Hitz – Verhaegh, Hong, Klavan, Ostrzolek – Callsen-Bracker, Baier – Esswein, Halil Altintop, To. Werner – Mölders.

Einwechslungen:

57. Hahn für To. Werner,

72. Bobadilla für Mölders,

78. Ji für Halil Altintop.